Ein Käfig voller Elend

Von wegen ein Ei gleiche dem anderen: Beim genaueren Hinsehen offenbaren sich die Unterschiede, nicht unbedingt hinsichtlich des Erscheinungsbildes, wohl aber der (moralischen) Qualität. Denn wer sich einmal vor Augen geführt hat, wie qualvoll sich das Leben einer Henne in Käfighaltung gestaltet, verzichtet sicher gerne auf die günstigeren Eier und greift zu Produkten mit Ökoherkunft, aus Freiland- oder zumindest Bodenhaltung.

Die Schalen der Eier sind mit einem Code versehen, der genaue Auskunft gibt über Herkunft und Haltungssystem, etwa 1 DE-34567. Die erste Zahl zeigt an, ob das Ei aus ökologischer Erzeugung (0), Freilandhaltung (1), Bodenhaltung (2) oder Käfighaltung (3) stammt. Dann folgt die Länderkennzeichnung. DE steht für Deutschland. Zuletzt lässt sich über die restlichen Zahlen der Betrieb ausfindig machen.

LEBEN AUF EINEM DIN A4-BLATT

Schätzungsweise 41 Millionen Hennen gibt es in Deutschland, und zwei Drittel von ihnen werden in Käfigen gehalten. Bis Anfang des Jahres hatten diese Hühner gerade einmal 550 Quadratzentimeter Platz, das ist weniger als eine DIN A4-Seite. 2001 hatten Bundesrat und Bundestag zwar beschlossen, dass ab 2007 die Käfighaltung von Legehennen verboten sei, und eine entsprechende Verordnung trat 2002 in Kraft. Doch die Eierindustrie umging das Verbot. Am 7. April 2006 setzte der Bundesrat das Verbot der Käfighaltung von Legehennen, das ab dem 1. Januar 2007 Gültigkeit haben sollte, wieder außer Kraft. Nun sind seit 2009 die bisher verwendeten Käfige grundsätzlich verboten, doch wurden sie nur ersetzt durch einen neuen Käfigtyp, der die beschönigende Bezeichnung „aus Kleingruppenhaltung“ möglich macht.

Eine deutliche Verbesserung der Lebensumstände der gehaltenen Hennen bedeutet das aber nicht. Nun sind es 890 Quadratzentimeter, also ein bisschen mehr als eineinhalb DIN A4-Seiten, aber noch lange zu wenig, um von artgerechter Haltung zu sprechen. Nicht allein, dass die Hennen ihren natürlichen Grundbedürfnissen wie Scharren, Picken und Sandbaden nicht nachkommen können. Zwar sind bei den neuen Käfigen in geringfügigem Maße entsprechende Vorrichtungen vorhanden, die aber allein wegen des Platzmangels nicht ausreichend genutzt werden können. Ihren Bewegungsdrang müssen die Tiere unterdrücken. Ihre Triebe richten sich dann gegen die mitgefangenen Artgenossen.

Vor allem die Gesundheit der Tiere nimmt daran Schaden. Die Knochen werden schwach, Fettleber und Geschwülste an den Fußballen sind nur einige Folgen. Dazu kommen psychosomatische Erscheinungen, bis hin zum Kannibalismus, ganz abzusehen von Stress und Schmerzen, die die Tiere ohnehin schon erfahren. Eine besondere Qual entsteht den Hennen aus der so genannten Legenot. Das bedeutet, dass sie in Ermangelung eines Nestes instinktiv versuchen, ihre Eier zurückzuhalten.

Verbraucherstudien haben erwiesen, dass die große Mehrheit der Konsumenten den Kauf von Käfigeiern ablehnt. Und mit der eindeutigen Kennzeichnung ist es durchaus möglich, sich bewusst für ein anderes Haltungssystem zu entscheiden. Anders sieht es allerdings aus bei schon verarbeiteten Eiern in verschiedenen Produkten. Hier haben die Hersteller keine Kennzeichnungspflicht, aus welcher Haltung die verwendeten Eier stammen. Der Deutsche Tierschutzbund informiert, dass in den Produkten der Keksfirma Bahlsen, des Eierlikör-Erzeuger Verpoorten, des Kuchenunternehmens Coppenrath & Wiese, des Nudelherstellers Birkel, des Mohrenkopf-Produzenten Dickmann, des Zwieback-Konzerns Brandt oder des Gebäck-Fabrikanten Lambertz und der Kraft Foods Deutschland GmbH Eier aus Käfighaltung verarbeitet sind, ohne dass die Verbraucher davon wissen.

Marleen Loebuch


Über DSZ-Verlag

Benutzerbild von DSZ-Verlag

Nachname
DSZ-Verlag

Adresse

www.national-zeitung.de

Postfach 60 04 64
81204 München

Telefon +49 89 89 60 850
Telefax +49 89 83 41 534
E-Mail info@dsz-verlag.de

Homepage
http://www.national-zeitung.de

Branche
Zeitung