Die Abfindungs-Könige

Wie Manager ihre Unternehmen an den Abgrund führen und sich den Abgang vergolden lassen.

Mit einer Abfindung von 50 Millionen Euro hat sich der vergangene Woche zurückgetretene Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking seinen Abschied von Deutschlands bedeutendstem Sportwagen-Hersteller versüßen lassen. Damit wurde an Wiedeking die bislang höchste Abfindung in der deutschen Wirtschaftsgeschichte gezahlt. Die Familie Porsche soll Wiedeking, der mit einem Jahreseinkommen von rund 80 Millionen Euro als einer der bestbezahlten Manager der Welt galt, nach einer Meldung der Nachrichtenagentur AFP zunächst sogar die schier unvorstellbare Summe von 140 Millionen Euro geboten haben. Bei der entscheidenden Aufsichtsratssitzung, die den Rücktritt des Porsche-Chefs besiegelte, fand sich dafür allerdings keine Mehrheit, was nicht zuletzt in der öffentlichen Debatte, die um die anstehende Zahlung entbrannt war, begründet sein dürfte.

HOHE ABFINDUNGEN, SCHLECHTE LEISTUNGEN

Wiedeking war bis zu seinem Ausscheiden dank einer Gewinnbeteiligungs-Klausel in seinem Vertrag der absolute Top-Verdiener unter Deutschlands Managern. Ob dies jedoch in dieser Form gerechtfertigt war, ist höchst zweifelhaft. Im Mai 2008 erteilte der Porsche-Aufsichtsrat Wiedeking den Auftrag, die Mehrheit an VW zu übernehmen. Aufgrund der Finanzkrise ging der Umsatz beim Stuttgarter Sportwagenhersteller jedoch drastisch zurück. Da die VW-Übernahme mit Krediten finanziert wurde, häuften sich Schulden in Höhe von 10 Milliarden Euro an. Wiedeking zog daraufhin einen arabischen Finanzinvestor aus Katar an Land, was jedoch letztlich wenig half. Anders als geplant, schluckte nicht etwa Porsche den Volkswagen-Konzern, sondern VW den Stuttgarter Autobauer. Eine schwere Niederlage für Wiedeking – und ein katastrophales Scheitern seiner Übernahmestrategie.

Der Fall Wiedeking markiert den Höhepunkt einer Reihe von umstrittenen Millionenzahlungen an Manager, die für schlechte Leistungen und teilweise ruinöses Wirken hohe Abfindungen kassieren. „Deutsche Manager“, so der Berliner „Tagesspiegel“, „fallen weich“. Denn während Manager bei jedem Scheitern mit hohen Abfindungsvergütungen rechnen können, „bangen Millionen Arbeitnehmer in Deutschland um ihre Jobs“. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Die Unternehmen können ihre hohen Abfindungszahlungen schon jeweils im Folgejahr von der Steuer absetzen. Das ist nicht nur im Falle Wiedekings so, sondern auch bei anderen ebenso spektakulären wie empörenden Fällen der Vergangenheit.

ESSER, MIDDELHOFF, ZUMWINKEL …

Mit 30 Millionen war Ex-Mannesmann-Konzernchef Klaus Esser bislang unangefochtener Spitzenreiter, was Abfindungszahlungen betrifft. Während seiner Zeit betrieb der gebürtige Jurist vor allem die Umstrukturierung der Mannesmann AG von einem Industriebetrieb in einen Dienstleistungs- und Telekommunikationsanbieter, die letztlich mit der feindlichen Übernahme durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone endete. In diesem Zusammenhang geriet Esser im Jahr 2000 in den Fokus des öffentlichen Interesses, da sich der Verdacht erhärtete, dass Vodafone sich die Zustimmung Essers zur Übernahme mit der zweistelligen Millionensumme erkauft hätte. Drei Jahre später kam es deswegen zu dem weithin bekannten „Mannesmann-Prozess“ vor dem Landgericht Düsseldorf, in dem sich Esser sowie die Aufsichtsratsmitglieder Josef Ackermann und Klaus Zwickel einer Anklage wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue in besonders schwerem Fall stellen mussten. Der Prozess endete 2004 mit Freisprüchen für alle Angeklagten, die Revisionsverhandlung zwei Jahre später mit der höchst umstrittenen Einstellung des Verfahrens gegen Leistung einer Geldauflage.

Auch Thomas Middelhoff lebt auf großem Fuß, was Abfindungszahlungen betrifft. Bei seiner Trennung von Bertelsmann strich der Top-Manager rund 25 Millionen Euro ein, bekam jedoch den Hals auch danach nicht voll genug. Nach seinem Ausscheiden aus dem mittlerweile international agierenden Medienkonzern heuerte Middelhoff auf Empfehlung der Milliardärin Madeleine Schickedanz, die nach Eigenaussage trotz ihres Reichtums von 600 Euro im Monat leben muss, bei Karstadt-Quelle (später Arcandor) an und trug maßgeblich dazu bei, das Unternehmen in die Insolvenz zu treiben. Unter Middelhoffs Ägide ging es mit dem Konzern rapide bergab. Gleichzeitig bereicherte sich der Schickedanz-Vertraute am Niedergang von Arcandor. Seit einigen Wochen ermittelt die Staatsanwaltschaft Essen gegen Middelhoff wegen seiner persönlichen Beteiligung am Oppenheim-Esch-Fonds, der mit seinen krummen Immobiliengeschäften maßgeblich am Ruin des traditionsreichen Warenhauskonzerns beteiligt war.

Als gänzlich unbescheiden erwies sich auch Ex-Post-Vorstand Klaus Zumwinkel, der sich seine Pensionsansprüche von rund 20 Millionen Euro von der Deutschen Post AG auszahlen ließ. Außerdem erhielt er für zwei Monate seiner Tätigkeit als Vorstandschef im Jahre 2008 Gesamtbezüge in Höhe von insgesamt 714.045 Euro. In diesem Betrag enthalten war eine Bonuszahlung von rund 480.000 Euro. Zudem erhielt er Aktienoptionen im Wert von mehr als einer Million Euro. Allerdings sicherte sich Zumwinkel trotz der Milliardenverluste des früheren Staatsunternehmens nicht nur Bonus- und Abfindungszahlungen in unvertretbarer Höhe, sondern prellte auch den Fiskus in nicht unerheblichem Maße. Daher wurde er im Januar dieses Jahres vom Landgericht Bochum wegen Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Zumwinkel hatte zuvor gestanden, über eine Stiftung in Liechtenstein Steuern in Höhe von knapp 970.000 Euro hinterzogen zu haben. Laut Anklage soll Zumwinkel in den Jahren 2001 bis 2007 sogar Abgaben in Höhe von 1,2 Millionen Euro hinterzogen haben. Das relativ milde Urteil wurde von verschiedener Seite scharf kritisiert. Selbst Richter des Bundesgerichtshofs sollen eine Freiheitsstrafe von drei Jahren ohne Bewährung für Zumwinkel für „gut vertretbar“ gehalten haben.

LOHN FÜR SCHLECHTE LEISTUNGEN UND TEILWEISE RUINÖSES WIRKEN

Die Liste der großen Abfindungs-Absahner, die die von ihnen geleiteten Unternehmen erst an den Abgrund führen, um sich ihren Abgang dann noch einmal gehörig vergolden lassen, lässt sich beliebig fortführen. Bei großen Konzernen wie dem Autobauer Daimler, dem Handelskonzern Metro oder der Deutschen Bahn werden Managern großzügige Altersversorgungsansprüche zugestanden, die bis zu 80 Prozent des zuletzt gezahlten Festgehaltes betragen. Davon durfte auch Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn profitieren, der rund 4,8 Millionen Euro einstrich, als er vorzeitig seinen Hut nahm. Rund 6 Millionen Euro zahlte Siemens seinem Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld, nachdem dieser wegen der berüchtigten Schmiergeldaffären das Unternehmen verließ. Stefan Jentzsch kam bei der Dresdner Kleinwort, der Investmentsparte der Dresdner Bank AG, noch besser weg. Rund 8 Millionen Euro strich er an Abfindung ein. Generell zahlen Banken ihren Top-Managern auch dann gerne noch hohe Abfindungen oder Boni, wenn sie nur noch verbrannte Erde hinterlassen. Unlängst führte dies im Fall der Bonuszahlung von rund 2,9 Millionen Euro an den Vorstandsvorsitzenden der am Boden liegenden HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher, sogar zum Bruch der schwarz-roten Koalition in Schleswig- Holstein und somit zu vorgezogenen Neuwahlen im Herbst.

Allerdings sollte man sich von diesem politischen Streit nicht blenden lassen. Sämtliche Parteien des etablierten Kartells tragen eine erhebliche Mitverantwortung für die in Deutschland grassierende Absahnermentalität in den Vorstandsetagen der Konzerne. Sie haben dem globalisierten Raubtierkapitalismus US-amerikanischer Prägung hierzulande Tür und Tor geöffnet und verweigern sich nun konsequent einer Eindämmung der zerstörerischen Konsequenzen, zu denen auch die zuvor beschriebenen Abfindungsexzesse zählen. Wenn Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mit Blick auf die Nonnenmacher-Bonuszahlung nun sagt, „Ich finde es unglaublich, dass sich manche Manager ihre Taschen mit dem Geld der Steuerzahler füllen. Ohne staatliche Hilfen in Milliardenhöhe gäbe es seine Bank heute nicht mehr“, ist das mehr als scheinheilig. Schließlich trägt gerade Steinbrück für solche Auswüchse mehr als viele andere eine gehörige Mitverantwortung.

Thorsten Thomsen


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