„Kinder mischen mit“- Kinderbeteiligungsprojekte aus vier Gemeinden

Foto-Ausstellung im Landhaus von 19. bis 30 Juni 2009

Kinder sagen, wo Spielplätze fehlen, reden über Streit auf dem Schulhof und philosophieren: Kinderbeteiligungsprojekte gibt es in Vorarlberg mittlerweile in Bregenz, Dornbirn, Rankweil und Lustenau. Mit großem Erfolg. Einblick in die Vielfalt der Lebenswelten von Kindern gibt eine Fotoausstellung, die von 19. bis 30. Juni im Landhaus in Bregenz zu sehen ist. Unter dem Titel „Kinder mischen mit" haben Kinder aus Rankweil und Lustenau gemeinsam mit der Fotografin Marlena König ihre Erfahrungen und Eindrücke in Fotoarbeiten festgehalten.

Im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung und der Gemeinden begleitet Welt der Kinder in Bregenz, Dornbirn, Lustenau und Rankweil Projekte zur Kinderbeteiligung. Rund 800 Drittklässler haben bisher in Befragungen ihre Wünsche und ihre Situation in der Gemeinde geschildert und die Ergebnisse an Welt der Kinder weiter geleitet. Entstanden sind aus den Befragungen unterschiedlichste Aktionen.

In Bregenz etwa entwickelten Kinder das Projekt Kindercafé. Seit mehreren Jahren führen sie es einmal im Monat im Kesselhaus durch. Ein mobiler Kindertreff - ebenfalls von den Kindern entwickelt - steht seit 2008 für Kinderrechts-Aktionen zur Verfügung. In einer Kinderzeitung berichten die Kinder einmal im Jahr über ihre Aktivitäten.

Kindercafé, Philosophieren, Fotoprojekte
In Rankweil berät Kinderbeteiligung das Projekt „Kind sein in Rankweil". Hier wurde unter anderem zur Frage geforscht, wie Kinder selbst Konflikte am besten lösen können und schließlich Philosophieren mit Kindern an der Volksschule Markt eingeführt. Im Ortsteil Paspels entstanden Aktivitäten für Kinder, wie Capoeira, Lernhilfe, ein Jugendtreff oder ein Treffpunkt für Mütter und Kinder. Eine umfassende Befragung der Kinder steht bevor, diese wurde in Bregenz, Dornbirn und Lustenau bereits durchgeführt.

In der jüngsten Kinderbeteiligungsgemeinde, Lustenau, fand vor wenigen Wochen das erste Kindercafé in Anlehnung an das Bregenzer Modell statt. Und um der Umgebung zu verdeutlichen, was Kinder erleben, haben Rankweiler und Lustenauer Kinder gemeinsam mit der Fotografin Marlena König ihre Familien und ihre Umgebung in Fotoarbeiten festgehalten. Diese bilden den Kern der Ausstellung, die vom 19. bis 30. Juni im Landhaus in Bregenz zu sehen ist.

Kinder sind Experten
Diese Formen von Kinderbeteiligung sind in Österreich einzigartig, die Vorarlberger Landesregierung setzt hier neue Maßstäbe: „Kinder sollen bei uns aktiv mitgestalten können. Sie sollen als Bürgerinnen und Bürger ernst genommen werden, in der Öffentlichkeit soll das Bewusstsein und Wissen um die Bedürfnisse der Kinder gestärkt werden", betont die zuständige Landesrätin Dr. Greti Schmid. Deshalb wurde Welt der Kinder bereits im Jahr 2004 mit der Entwicklung von Modellprojekten und der Realisierung von Filmen (Kinder-t-räume, Produktion Gerhard König) beauftragt. Mittlerweile sind zahlreiche Module entstanden (Kinderrechtsseminare, Befragungsformen, Kinderkonferenzen etc.), die von Gemeinden übernommen werden können.

„Kinder sind Experten in eigener Sache. Ihre Einschätzungen tragen dazu bei, die Qualität der Angebote von Gemeinden zu verbessern," davon ist Mag. Carmen Feuchtner von Welt der Kinder nach diesen Jahren der Aufbauarbeit überzeugt. Kinder gestalten ihre Spielräume anders, sie wissen, wo es ein besseres Miteinander braucht, in ihren Regeln sind sie konsequenter als Erwachsene, wenn es um Veränderungen geht: „Statt Strafe geht es in der Konfliktlösung in erster Linie um die wirkliche Veränderung des Verhaltens", berichtet Feuchtner.

Verkehr ist belastend
Die Themen sind in den einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich. Deutlich wird allerdings, dass der Verkehr im Leben von Kindern ein zentraler Belastungsfaktor ist. Während sich die Kinder in Bregenz bessere Spiel- und Begegnungsräume wünschen, werden diese in Rankweil bestens zensuriert. Hier ist das wichtigste Anliegen ein freundlicheres Miteinander auf dem Pausenhof und am Schulweg. Kinder im Dornbirner Oberdorf beklagen vor allem die Autoraser, in manchen Siedlungen auch ein feindseliges Verhalten von Nachbarn gegenüber spielenden Kindern. Dornbirner Kinder wünschen sich weniger Streit unter den Erwachsenen. Lustenauer Kinder wünschen sich mehr Verständnis im Miteinander der Kulturen, sind aber mit den Gemeindeangeboten durchwegs zufrieden.

„Kinder ernst zu nehmen und sie zu beteiligen, ist eine Notwendigkeit, um kindgerecht planen zu können. Die Vorarlberger Landesregierung zeigt hier aber nicht nur guten Willen, sondern sie setzt konsequent Kinderrechte um", betont Gerhard König, hauptverantwortlich für den Aufbau von Welt der Kinder.

Konkrete Bauprojekte
In den Kinderbeteiligungsgemeinden ist die Sichtweise der Kinder auch schon in konkrete Bauprojekte eingeflossen. So entstand in Bregenz der Brunnen in der Kaiserstraße nach einem Plan der Kinder. Tschutterplätze wurden beim Casino-Stadion in Bregenz neu gebaut und in Dornbirn Oberdorf neu gestaltet. Kinderideen flossen auch in die Umgestaltung des Bregenzer Ortsteils Mariahilf ein. Im Dornbirner Oberdorf sind ein neuer Dorfplatz mit Tschutterwiese und ein neuer Schulhof geplant.

Neues Computerprogramm
Um die Raumnutzung durch Kinder besser einschätzen zu können, wurde in Kooperation mit der Fachhochschule Vorarlberg und Kinder in die Mitte ein einfach handhabbares Computerprogramm entwickelt: Auf einer Landkarte tragen die Kinder ihren Wohnort, ihre Spielräume, ihren „besten Ort" ein, aber auch gefährliche Straßensituationen. „Aus den Ergebnissen lässt sich deutlich erkennen, wo Handlungsbedarf besteht. Aber auch, wo sich etwas verändert hat", erklärt Projektleiterin Mag. Carmen Feuchtner. In einer ersten Phase wird das Computerprogramm in den Stadtteilen Bregenz-Rieden und Schendlingen zur Anwendung kommen.

In Bregenz, Dornbirn, Rankweil und Lustenau hat Welt der Kinder bereits Kinderbeteiligungsprojekte initiiert und begleitet. In Kooperation mit Kinder in die Mitte ist eine Ausdehnung auf weitere Gemeinden geplant.

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