Europa – Türkei. Eine Hassliebe?

Europa – Türkei. Eine Hassliebe?
Istanbul/Ankara/Brüssel
VD-N Redaktionsbeitrag 17.05.2009
(www.visiondeutschland-nachrichten.de.tl)

Die Frage der Türkei ist seit dem Verfall des Ostblockes und der Auflösung der Blockteilung der Welt in zwei Einlußsphären, eine andere geworden. Ihre eigene Stellung hat eine völlig neue Bedeutung bekommen und es sind seit dem Überlegungen aufgelegt worden, die selbst in der Türkei kaum begriffen wurden.

Der Türkei ist eine besondere Rolle zugefallen, die sie heute anfängt, zu erkennen und mit der Regierungsübernahme durch die AKP, Herrn Erdogan und seines neuen Außenministers, der schon lange im Hintergrund die Beratung der Regierung beeinflusst hat, angepasst und neu ausgerichtet.

Hintergrund ist die Tatsache, das die Türkei als Restbestand des „Osmanischen Reiches“, daß sich über große Gebiete im arabischem Raume bis hin zum Kaukasus erstreckte und noch heute einen Fuß in Europa stehen hat, sich seiner alten Rolle im Anklang an das osmanische Reich besinnt und im vorderen Orient, eine Mittlerrolle und Eigenständigkeit entwickelt, die sich in eine mittlere Zentralmacht ethnischer, militärischer, wie wirtschaftlicher Größe, darstellt. Und hier ist die Nähe zu Europa und der NATO ein entscheidender Faktor.

Man fängt aber auch in der Türkei an zu begreifen, daß es gar nicht so Vorteilhaft für das eigene Land und seiner previligierten Stellung in Nah-Ost ist, sich wirklich der EU als Vollmitglied an zu schließen. Auch die ablehnende und zwiegespaltene Diskussion in der EU, speziell der Ablehnung von Frankreich und Deutschland diesem Wunsche gegenüber, hat den Weg in eine Neubestimmung und einer neuen Selbstfindung eines anderen Selbstbewusstseins, gefördert. Diese heute zu erkennende Neuausrichtung kann an alte Machtstellungen sehr wohl anknüpfen.

Die Türkei war niemals ein rein muslimisches Land und nie so doktrinär im Glaubensansatz, wie es die anderen arabischen Zentren und einige große Länder waren und in Teilen noch heute sind. Das osmanische Reich hat großes vollbracht und viel Kultur befördert. Ist jedoch in seiner Autarkie der Muftis und Fürstenstellungen, irgendwann stehen geblieben, was ja auch zum Verfall im Zuge des zweiten Weltkrieges, beigetragen hat. Dennoch hat die Türkei für Europa, wie nachfolgend in Zitierung und Auszügen von Beiträgen erkennbar, immer eine überaus wichtige Rolle für Europa gespielt. Und das seit den Griechen.

Am 11.05.2009 traten Frau Merkel und Herr Sarkozy in Berlin gemeinsam auf einer Wahlkampfveranstaltung der Jungen Union zur Europawahl am 07. Juni auf.

Hier erinnerten Sie an die „Deutsch-französische Freundschaft“ und bekundeten Ihre Gemeinsamkeiten für die Europäische VB, der beide angehören. Frau Merkel machte sich noch einmal für den Lissabonvertrag als Umschreibung der gescheiterten EU-Verfassung stark und zog Schlüsse, die noch gar nicht anstehen und die Sie selbst wohl kaum mehr mitentscheiden wird, da Sie zu dem Zeitpunkt, wo die Frage letztendlich entschieden wird, bereits der politischen Vergangenheit angehört. Herrn Sarkozy`s Hinweis hingegen zu den Grenzfragen Europas ist da schon etwas tiefgründiger angelegt.

Das Aufwerfen der Grenzfrage seitens von Herrn Sarkozy läßt uns einmal die Grenzfrage im Blicke der Historie anschauen und hinterfragen, inwieweit die Globalisierung und Neuaufteilung der Welt nicht auch historische Bereinigungen zulassen könnte und welche strategischen Gewichtungen sich daraus ergeben.

Denn die Grenzfrage mit der Türkei ist sehr wohl ein defizieles Thema, daß neue Bedeutung erlangen könnte und sich für Europa anders darstellt, als es allgemein diskutiert wird. Denn nicht Europa und die NATO sollten die Türkei reinholen, um eben einen Brückenkopf in den vorderen Orient, die muslimische Welt und die Turkvölker bis an den Aralsee und den Ural zu bekommen, sondern die Frage stellt sich lange umgedreht. Sollen wir die Türkei drin lassen und Ihre die previligierte Stellung in Europa belassen, um mit Europa sich als Brücke für den geografischen Raum Vorort, auch in Zukunft positionieren zu können.

Nun, da gibt es ja innerhalb der Globalisierung und der damit verbundenen Bereinigung und der Europaentwicklung noch einen Aspekt, der zwischen der Türkei und Europa zur Klärung ansteht. Wem gehört den Byzanz? Oder Konstantinopel bzw. Istanbul? Also, die Turkvölker versuchten schon immer in Europa Fuß zu fassen. Erst haben die Griechen die Vereinnahme Ihrer europäischen Heimat verhindert. Wir Gedenken dieser Tatsache noch heute im Marathonlauf. Die griechische Ausdehnung jedoch war vor den Turkvölkern und hat Großes bis Alexandria geschaffen. Die folgende römische Ausdehnung ebenfalls. Sie war also nicht vergleichbar. Dann war da noch die Sache mit Wien. Hat auch nicht so recht geklappt. Und dann haben Sie den zweiten Romteil übernommen, der der Grundpfeiler der "Orthodoxie" mit einem gewaltigen Gotteshaus wurde als Konkurrenz zu Rom und die Christenheit bis Moskau vorgetragen hat. Nur, Konstantinopel wurde durch Suleiman etc. aufgesogen und bis heute als vorderasiatischer Vorposten in Europa gehalten. Was also tun. Es als muslimischen Brückenkopf weiterpflegen und betrachten oder als europäisch-internationales, multikulturelles Gebilde europäisieren als Brückenfunktion für die Türkei, sich westlich entwickeln zu dürfen und Atatürk und seinen Erben, die Türe offen zu halten. Eine interessante Frage, die noch ungeklärt erscheint.

Byzanz, Konstantinopel und/oder Istanbul, wie diese prächtige Stadt über die Jahrhunderte benannt wurde, ist eine ureuropäische Stadt, wenn auch schon immer multikultureller Prägung am Schnittpunkt der Reiche angesiedelt. Das zeigt sich bis heute. Nicht umsonst zählt sie 10 Millionen Einwohner und dort leben und wirken die europäischsten Türken, die die Türkei je hervorgebracht haben. Und hier wohnt halb Europa. Und hier konzentriert sich der türkische Reichtum, Inspiration und Kreativität. Und hier lebt die türkische Demokratie.

Auszugszitat der Veröffentlichung von Herfried Münkler, der sich ausgiebig mit diesem Thema aus europäischer Sicht der Kulturdifferenzen, auseinander setzt.

„Der türkische Traum von Herfried Münkler
07.10.2005 - Cicero Online Exklusiv: Über den türkischen Beitrittswunsch und die politische Zukunft Europas.“(…)

Was aber heißt das für die anstehenden Beitrittsverhandlungen mit der Türkei? Die einen haben aus der letzten Beitrittsrunde die Konsequenz gezogen, eine Wiederholung dessen müsse verhindert werden, wenn die Gemeinschaft nicht einen dauerhaften Schaden davontragen solle. Es wurde das politische und wirtschaftliche Scheitern der EU an die Wand gemalt. Die anderen verweisen darauf, dass die Gründe, die im Falle der Süd- und Osterweiterung der EU den Ausschlag gegeben haben, auch im Falle der Türkei gelten würden: Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Sicherung von Menschenrechten, Aufbau einer Zivilgesellschaft und Entwicklung einer Marktwirtschaft zur Forcierung des wirtschaftlichen Fortschritts, wie dies auch in den Kopenhagener Kriterien formuliert ist. Und schließlich ist da noch das auch bei der Süd- wie Osterweiterung an die Nettozahler adressierte Argument, der türkische EU-Beitritt werde zur Vergrößerung des wirtschaftlichen Binnenraums führen, was vor allem den Mitgliedsländern mit einer exportorientierten Industrie zu Gute käme.

Aber gerade weil man, so wenden die moderaten Gegner eines türkischen EU-Beitritts ein, die Integration der mitteleuropäischen Länder erst noch verkraften müsse und mit Rumänien und Bulgarien bereits Beitrittsverhandlungen aufgenommen habe, sei an einen Beitritt der Türkei vorläufig nicht zu denken. Und dann werden die Daten über den sozio-ökonomischen Abstand der Türkei zum EU-Durchschnitt aufgezählt, um deutlich zu machen, dass ein so großes Land die Integrationsfähigkeit der EU überfordern würde. Worauf die Beitrittsbefürworter wiederum replizieren, dass dieser Beitritt ja auch nicht jetzt, sondern erst in zehn bis fünfzehn Jahren erfolgen und dann angesichts des gegenwärtigen türkischen Entwicklungstempos das Integrationsproblem sehr viel kleiner sein werde. In dieser Kontroverse ist der EU-Beitritt der Türkei also eher eine Frage der Zeit als des Prinzips – jedenfalls wenn ernst gemeint ist, was gesagt wird.

Aus Prinzip gegen einen türkischen EU-Beitritt sind dagegen jene, die mit einer europäischen Identität gegen die Aufnahme der türkischen Bevölkerung in die EU argumentieren. Aber worin besteht diese Identität Europas, die niemals die der Türken werden kann? Jedenfalls kann sie nicht in Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft liegen, denn beides haben auch die derzeitigen EU-Mitglieder erst erlernen müssen. Es muss sich bei dieser europäischen Identität also um etwas handeln, was die Türken unbeschadet aller Entwicklungs- und Veränderungspotentiale ausschließt – und das ist die Religion. Die christliche Identität Europas wird als Exklusionsidentität in Stellung gebracht. Aber haben die europäischen Juden, die mit dieser Identitätsdefinition ebenfalls aus Europa herausdefiniert werden, keinen Beitrag zur kulturellen Identität Europas geleistet? Man muss die Vertreter des „christlichen Abendlandes“ in der Türkei-Debatte nicht gleich mit den Nazis in eine Ecke stellen, um die Gefährlichkeit einer solchen Argumentation sichtbar zu machen: Die EU ist ein säkulares und kein religiöses Projekt, und jeder Versuch, sie nachträglich dazu zu machen, würde zu ihrem Scheitern führen. Heißt: Würde das Argument einer christlichen Identität Europas politisch ernst genommen, so würde dies im Innern der Gemeinschaft eine größere Sprengkraft entfalten, als dies mit dem Beitritt eines islamischen Landes der Fall wäre, und das keineswegs nur wegen der Millionen Muslime, die in der EU leben und arbeiten und nicht selten Bürger in deren Staaten sind. Schließlich war bei den Verhandlungen über den Verfassungsvertrag der EU nicht einmal ein allgemeiner Gottesbezug in der Präambel konsensfähig. Und was soll christliche Identität politisch überhaupt bedeuten? Dass nur der ein europäischer Bürger sein kann, der einer christlichen Kirche angehört? – Man muss nicht weiter darüber nachdenken, um sich von der Absurdität einer solchen Identitätsdefinition zu überzeugen.

So sei das natürlich gar nicht gemeint, wiegeln die Identitätsanhänger ab: Es gehe gar nicht um religiöse Mitgliedschaftsvoraussetzungen, sondern um die Tiefenstruktur einer Kultur, die nun einmal christlich geprägt sei, von den Domen und Kathedralen im Zentrum der Städte über die Ikonographie der Kunst bis zu dem Hintergrundwissen, das ein Leser europäischer Literatur haben müsse. Was aber hat das mit dem EU-Beitritt der Türkei zu tun? Wer um die europäische Kultur besorgt ist – und dazu mag tatsächlich Anlass bestehen –, der sollte sich im ist, sondern in die Zuständigkeit der Länder fällt. Und daran wird sich im Falle eines türkischen EU-Beitritts nicht das Geringste ändern.

Bleibt die gelegentlich zu hörende Behauptung, Europa habe in der Abwehr des türkischen Ansturms zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert seine Identität gefunden. Sieht man einmal davon ab, dass es mit Blick auf die europäische Geschichte kaum ratsam ist, kriegerische Auseinandersetzungen als identitätskonstitutiv zu bemühen (schließlich ist die Überwindung der deutsch-französischen „Erbfeindschaft“ die Voraussetzung der europäischen Integration gewesen), ist diese Behauptung auch der Sache nach falsch: Zwar haben einige Päpste unter dem Eindruck der Eroberung Konstantinopels zum Kreuzzug gegen die Türken aufgerufen, doch gefolgt ist diesen Aufrufen kaum einer. Tatsächlich war das Osmanische Reich seit dem 16. Jahrhundert ein Bestandteil der europäischen Machtkämpfe und Machtbalancen; vor allem Frankreich hat in der Konfrontation mit dem Hause Habsburg auf Entlastung durch eine von den Türken gestellte „zweite Front“ gesetzt, während die Habsburger wiederum im Zusammenspiel mit den Persern eine „zweite Front“ im Rücken der Osmanen zu errichten versuchen. Aus der einstigen Frontstellung zwischen Habsburgern und Osmanen lässt sich kein europapolitisches Kapital schlagen. Im Übrigen ist das Russland der Zaren seit dem 17. Jahrhundert ein genauso entschiedener Gegner der Türken gewesen. Ist das ein Argument für den EU-Beitritt Russlands?

Der Blick in die Geschichte lässt freilich die geopolitische Bedeutung des Gebiets der heutigen Türkei für Europa deutlich werden. Während der Ost-West-Konfrontation war die Türkei neben der Bundesrepublik Deutschland der wichtigste Bündnispartner innerhalb der Nato. Sie umfasste nicht nur die europäische Südflanke der Sowjetunion, sondern war durch die Kontrolle der Verbindung zwischen Schwarzem und Mittelmeer auch das Bollwerk, das im Konfliktfall die sowjetische Flotte blockieren sollte. Ob dieser geostrategischen Position hatten Mitte des 19. Jahrhundert Frankreich und England das zu dieser Zeit bereits im Niedergang befindliche Osmanische Reich gegen das expandierende Russland unterstützt, indem sie den Krimkrieg führten, und während des Ersten Weltkriegs waren für das Deutsche Reich und die Donaumonarchie das Bündnis mit den Türken von elementarer Bedeutung. Keiner hat dies besser gewusst als der damalige britische Marineminister Churchill, der 1915 mit den Landungsunternehmen von Gallipoli an den Meerengen die Entscheidung des Krieges herbeiführen wollte. Womit er bekanntlich gescheitert ist. Rahmen der nationalen Kultur- und Bildungspolitik engagieren, wobei die Bildungspolitik in Deutschland nicht einmal ein nationales Projekt....

All dieses belegt die Entwicklung, die sich jetzt auch in der Türkei selbst erkennbar, durchsetzt. Die Türkei ist im Sinne der arabischen Welt ein aufgeklärter Staat. Im Sinne der Wertevorstellung der EU eher noch reformierbar und genügt den Ansprüchen der EU eben nicht. Das ganze Für und Wider ist eigentlich in der Weise auf den Punkt zu bringen, Europa ist selbst historisch in zwei Blöcke aufgeteilt, die sich aus der Aufspaltung des römischen Reiches und der damit verbundenen Vakuumausbildung christlicher Vormachstellung der Kirchen ergab. Auf der einen Seite die westliche Ausrichtung als Ersatzkaiserfunktion des römischen Reiches in der Inthronisierung und Übernahme von Strukturen der Machtausfüllung durch den Vatikan, der ja nicht aus Zufall dort angesiedelt ist, wo einst der Mittelpunkt römischer Macht bestand, also der westlichen, katholisch-politischen Entwicklung des katholisch-kaiserlichen Einlußbereiches mit wechselnder Führungsrolle und auf der anderen Seite, die byzantinische Einflusssphäre, die sich als zweites christliches Zentrum in der Auflösung des römischen Imperiums herausbildete und Konstantin, der eben auch ein zweites christliches Machtzentrum entfaltete, aus der die griechische Orthodoxie, wie die russische Orthodoxie, hervorgegangen ist. Die Orthodoxien haben bis heute Bestand. Konstantinopel wurde jedoch vom osmanischen Reich geschluckt von Turkvölkern, die sich bis zum Kaukasus erstrecken und immer nach Europa wollten. So als hätten sie keine wirkliche Heimat und unendliche Sehnsucht nach Europa. Denn im arabischen Raume waren sie zwar über Jahrhunderte auch eine in sich gefühlte „Herrenrasse“, was sich bis heute auswirkt, jedoch nie richtig als arabisches Urvolk erkannt. Nicht in sich selbst. Die Ausdehnung und Wurzeln der Turkvölker erstrecken sich so denn auch eher in den eurasischen Grenzraum Richtung Russland. Und eben in den ständigen Versuch, in Europa Wurzeln zu schlagen.

Das alles prägt die türkische Rolle bis heute. Und konnte sich ganz massiv positiv für die Türkei, während der Blockbildung, wo eben die Türkei ein Vorposten für die Nato darstellte, materiell wie politisch vorteilhaft auswirken. Diese Umstände sind jedoch in starker Wandlung begriffen. Die arabische Welt ist den Türken suspekt. Die russische Welt ist politische Sprengkraft und würde nur zu neuen, meist kriegerischen Auseinandersetzungen führen. Und wer legt sich gerne mit dem russischen Bären an, der den Türken so manche blutige Nase verpasst hat. In Europa sind die Türken jedoch auch nie wirklich angekommen. Trotz ihrer Jahrhunderte währenden Präsenz. Vielmehr ist es so, das die Welt derart im Umbruche steht, daß sogar der letzte Vorposten in Europa, der Bosporus mit Istanbul als ureuropäische Kulturmetropole, erkennbar der näheren Zukunft, zur Disposition stehen könnte.

Und genau hier erinnert man sich an seine eigene Sonderstellung zwischen den Geografien und Kultur- wie ethnischen Trennungsgebieten, die die Türkei aufgrund der islamischen Anbindungen, eben als Mittler und mittlere Macht mit westlicher Anbindung, also auch eine Art Aufgeklärtheit als Vorbild, ohne jedoch ein abhängiger Teil davon sein zu müssen, für den vorderen Orient, einzunehmen vermag.

Und in diesem Zusammenhang entwickelt die Türkei gerade ein neues Selbstverständnis auch für sich selbst. Denn sie fühlen längst Ihre gewünschte Zugehörigkeit zu Europa, ohne Europäer im eigentlichen Sinne geworden zu sein. Jedoch in freundschaftlicher Verbundenheit und als Brücke zu Ihren Wurzeln. Und genau hier liegen die Vorteile für beide Seiten, ohne sich aus tief verwurzelten, mentalen Psychogründen, für die es hundertfache andere Begründungen geben kann, sich als Vollmitglied abzulehnen und traditionelle Ängste, zu konservieren. Diese Trennung der Neubestimmung, wird letztendlich sogar mehr zur Zusammenführung beitragen können, als alle bisherigen Versuche eines Vollbeitrittes zur EU, da die Kompromisse und Selbstaufgaben gewachsener Geschichte bis hin zur teilweisen Selbstverleugnung, nun keine Nahrung mehr bekommen.

Bei genauer Betrachtung der Umstände ist eigentlich leicht zu erkennen, daß es für die Türkei, wie für Europa sinnvoll erscheint, eine Trennung der Wünsche, Neuausrichtung der Positionen, Entkrampfung unter Anerkennung der Wirklichkeiten und einer aufgeklärten Partnerschaft vorzunehmen, die beiden Seiten zum Vorteil gereicht und nicht die Aufmischung und möglichen Verwerfungen des Nah-Ost, automatisch auch zu europäischen Gegebenheiten werden läßt und auf der anderen Seite, die Türkei in dem Raume nicht zum Außenseiter und Vorposten für die NATO, Europa und den USA degradiert.


Über Rainer Kaltenböck-Karow