Die Erzählungen des Nordlandkreises

Unheimliche Geschichten aus nordischen Wäldern

Zeitfallen tun sich verhängnisvoll in Tundra-Landschaften auf.
Eine Blockhütte wird zur einsamen Todesfalle.
Und eine Fahrt in den Norden forderte Opfer, die jedoch ihre mysteriöse Geschichte hinterließen...
------------------------------------------------
Als es nicht mehr ging blieben sie auf einer Bodenwelle liegen. Sie spähten verzweifelt in die Ferne. Der merkwürdig glänzende Wolkenstreifen im Norden war etwas näher gerückt. Mit müden Augen glaubten sie an eine Fata Morgana, als sie eine Weile hingesehen hatten. Aber es war und blieb Eis.

Gewaltige, schillernde Massen von Eis, sich ohne Anfang und Ende zu mächtigen Höhen im gesamten Norden ausdehnend - und das Land langsam verschlingend. Ab und zu drangen seltsame Laute von dort herüber. Ein gräßliches Knirschen und Bersten. Die nordischen Geschiebe bewegten sich vorwärts...

Noch einmal schliefen sie. Ehe sie die Augen schlossen meinten sie, in der Ferne bewegten sich große, dunkle Hügel über die die eisige Tundra... Einer von ihnen lachte schon etwas irre aus dem stoppligen, dunklen Gesicht heraus: „Mammute, haha... Ich sehe Mammute!“

Am nächsten Morgen zogen sie zurück nach Süden. Der Hunger ließ sie alles verzehren, was sie auf ihrem Weg fanden: seltene grüne Kräuter mit Wurzeln oder kleines Getier, hinter dem sie allerdings meist vergeblich herjagten. Unüberwindlich und dumpf grollend zog sich indes die geheimnisvolle Eisbarriere über die nördliche Tundra. Fast meinten sie, die fernen blaugrünen Wände, von denen Kältewellen hart ins Land strömten, wären nähergekommen. Die Sonne stieg ihren kurzen Weg über den Horizont und sank dann fahl und kraftlos bald wieder zurück in Nebel und Eis. Am dritten Tage endlich verlor sich die Spur der beiden Forscher in den Wildnissen der südlichen Waldränder, die sich weit hinzogen, ehe sie in dichtere Wälder übergingen. Im Windbruch, am Rande hoher Bäume blieben sie liegen. Mühevoll ordneten sie ein primitives Lager. In der Nähe fanden sie beim suchen nach Ästen einen verwundeten hühnerähnlichen Vogel. Mit den letzten Streichhölzern machten sie Feuer und brieten das Fleisch. Beim Rupfen des Gefieders bemerkten sie eine seltsame tiefe Wunde in der Brust des Tieres, deren Herkunft sich nicht zu erklären vermochten, wie so vieles nicht, was geschehen war. In den eiszeitlichen Wäldern, in denen sie sich jetzt befanden, war nirgends mehr mit Hilfe zu rechnen. Ihre Zukunft lag im Ungewissen. Stine war so geschwächt, daß er nicht mehr weiter konnte. Aber Essen mußte herangeschafft werden. So ging Thor alleine am nächsten Morgen in das Innere der südlichen Wälder. Er versprach, bis zum späten Nachmittag zurück zu sein.
Die Erzählungen des Nordlandkreises (hier) von Wolfgang Ziegler.

www.andersseitig.de


Über Erhard Coch

Vorname
Erhard

Nachname
Coch

Adresse

Berlin

Homepage
http://www.new-ebooks.de

Branche
Erhard Coch ist Autor verschiedener Bücher und Essays.