AIF-Fonds nach dem KAGB oder BaFin-freies operativ tätiges Unternehmen oder nur festverzinsliche Kapitalanlagen - von Dr. Werner

Das Kapitalanlagegesetzbuch ( KAGB ) definiert den Fondsbegriff vollkommen neu ( ausführlich Dr. Horst Werner auf www.finanzierung-ohne-bank.de ), so dass viele Unternehmer überrascht sind, über ein Anhörungsschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin plötzlich mitgeteilt zu bekommen, dass sie als zulassungspflichtiger oder registrierungspflichtiger "Fonds" gelten. In diesen Fällen - und am besten vor der Durchführung eines öffentlichen Kapitalanlageangebots mit einem Privat Placement - ist eine vorherige BaFin-Beratung angebracht. Das KAGB ist ein selbst für normale Juristen unverständliches Gesetzesmonster der übelsten Sorte mit fast 300 Seiten. Gerade auch solche unleserlichen Gesetzeswerke als Bürokratieriesen sorgen für Staatsverdrossenheit und für Politikermüdung. Dem Normalbürger wird jede Chance genommen z.B. die Steuergesetze oder die Gesetze des Bankrechts ( z.B. des KWG ) oder des Kapitalanlagerechts selbst zu verstehen.

Es gibt den Rechtsgrundsatz, dass unverständliche Vertragsregelungen oder dass für einen durchschnittlichen Anleger nicht verständliche Kapitalanlageprospekte nicht billigungsfähig sind. Gerichte hatten schon richtige, aber nicht für den Durchschnittsbürger verständliche Prospekte als nichtig und unverständlich verworfen. Nach diesem allgemeinen Rechtsgrundsatz müsste das Kapitalanlagegesetzbuch als unwirksam betrachtet werden. Es ist allenfalls von erfahrenen Fachjuristen nach mehrmaligem Lesen einigermaßen nachzuvollziehen. Es ist deshalb an der Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht mal die Verständlichkeit eines Gesetzes zum Verfassungsgrundsatz erhebt und ein sprachverwirrtes Gesetz wegen allgemeiner Unverständlichkeit als nichtig verwirft.

Durch das Kapitalanlagegesetzbuch ( KAGB ) wurde das frühere "Investmentgesetz" abgelöst und insbesondere wurden auch die gesetzlichen Regeln für private, außerbörsliche Fonds vom freien Kapitalmarkt, also für die klassischen geschlossenen Fonds wie die Immobilien-, Film- oder Schifffonds gesetzlich mit Zulassungsauflagen durch die Bankenaufsicht neu geregelt. Somit gibt es jetzt ein „Einheitsfondsgesetz“ für alle privaten, wertpapierfreien Fonds und für alle börslichen und ausserbörslichen Wertpapierfonds. Im Kapitalanlagegesetzbuch wird somit erstmals die Kommanditgesellschaft als neue „Investmentfonds“-Rechtsform zugelassen und dem klassischen Fondskonstrukt am freien Kapitalmarkt - der Fonds GmbH & Co KG - Rechnung getragen. Damit werden auch alle privaten Fondsgesellschaften unter die Kontrolle der BaFin und die Zulassungsgenehmigung durch die Bankenaufsicht bzw. unter die Registrierungspflicht bei der BaFin gestellt. Das ist eine substantiell, qualitative Änderung, die viele als "Paradigmenwechsel" bezeichnen. Jetzt sind nicht nur die klassischen Investmentfonds, die in börsennotierte Finanzinstrumente investieren, als OGAW-Fonds ( Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere ) geregelt, sondern auch die (privaten) Fonds, die in nicht wertpapierverbriefte Vermögensanlagen als Sachwerte ( wie Immobilien, Schiffe, erneuerbare Energieanlagen, Windparks etc. ) investieren, als sogen. AIF-Fonds gesetzlich geregelt und unter die staatliche Aufsicht bzw. Kontrolle der BaFin gestellt.

Das Kapitalanlagegesetz gilt künftig für jede Art von Fonds, also auch für die Alternativen Investmentfonds (AIF – dazu zählen insbesondere die bislang unregulierten geschlossenen Fonds mit Investitionen in reine Sachwertanlagen oder in nichtbörsennotierte Unternehmensbeteiligungen).

Ein BaFin-zulassungsfreies Unternehmen, welches auch bei dem öffentlichen Angebot von Gewinnbeteiligungen vom KAGB ausgenommen ist, muss mit seinem Unternehmensgegenstand auf eine aktive, operative Geschäftstätigkeit ausgerichtet sein und darf nicht in dem passiven Halten von Vermögenswerten – gepoolt durch gewinnbeteiligte Anlegergelder – bestehen. Ein auf Umsatztätigkeit – z.B. durch Dienstleistungen, Produktion oder Handel durch An- und Verkauf ( Warenumschlag ) – angelegtes Unternehmen unterfällt grundsätzlich nicht dem neuen Fondsgesetzbuch KAGB. Dementsprechend stellt z.B. ein Immobilien-Bestandsunternehmen ohne eine operative Tätigkeit ( z.B. Bauträgertätigkeit ), wenn es sich über gewinnbeteiligtes Anlegerkapital refinanziert, einen zulassungsbedürftigen bzw. registrierungsbedürftigen AIF-Fonds dar, auch wenn keine KG-Anteile ausgegeben werden. Dagegen stellt ein Immobilienunternehmen, in dem geplant, projektiert, gebaut und An- und Verkauf von Immobilien betrieben wird auch dann ein BaFin-zulassungsfreies „operativ tätiges Unternehmen“ dar, selbst wenn es sich in der Rechtsform einer GmbH & Co KG befindet und Kommanditanteile am Kapitalmarkt zur Finanzierung der Investitionen platziert. Das Vorliegen einer bestimmten Rechtsform ist also für das Bejahen eines Fonds-Organismus nicht erforderlich. Es ist ohne Bedeutung, in welchem Rechtsstatut das Investment- oder Fondsvermögen geführt wird; in welcher Vertragsform oder Satzungsform oder irgendeiner anderen Rechtsform errichtet ist und welche Rechtsstruktur das Fondsvermögen hat. Daraus folgt, dass alle denkbaren Rechtsformen (z.B. Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts) vom Begriff des Fonds-Organismus erfasst sein können, auch wenn die GbR nach KAGB nicht zulässig ist. Es kommt also nicht auf die “äußere” Rechtsstruktur, sondern auf die satzungsmäßige und tatsächlich durchgeführte Tätigkeitsstruktur an, ob ein KAGB-AIF-Fonds oder ob ein KAGB-freies, operativ tätiges Unternehmen vorliegt ( siehe ausführlich zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des “Investmentvermögens” das Auslegungsschreiben der BaFin :
https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentsche... ).

Ferner ist unbedeutend, in welcher Rechts- oder Anlageform der Anleger an dem Unternehmensvermögen beteiligt ist. Die Beteiligung des Anlegers kann gesellschaftsrechtlich, mitgliedschaftlich oder schuldrechtlicher Natur sein. Folglich ist jede Art der Beteiligung des Anlegers denkbar (z.B. stille Beteiligung, Genussrecht oder Schuldverschreibung). Ein Bestandshalter-Immobilienunternehmen, das sich überwiegend über gewinnorientierte stille Beteiligungen oder Genussrechte am Beteiligungsmarkt finanziert, unterfällt somit dem Fondsbegriff des neuen KAGB. Wird das Fondsvolumen unter Euro 100 Mio. liegen, ist aufgrund der Bereichsausnahmen keine BaFin-Zulassungspflicht gegeben; vielmehr reicht eine bloße Anzeige und Registrierung des Fonds bei der BaFin aus. Die BaFin-Anzeige ist auch nicht erforderlich, wenn Dritte über eine öffentliche Platzierung keine Gewinnbeteiligungen eingeräumt bekommen ( also keine stillen Beteiligungen oder Genussrechte oder KG-Anteile ausgegeben werden ). Dann liegen keine "gemeinsamen Anlagen" vor. Ein Unternehmen, welches lediglich Vermögenswerte hält ohne operativ tätig zu sein, kann aber und auch nur festverzinsliche Kapitalanlagen ( z.B. Anleihen, Nachrangdarlehen ) öffentlich ausgegeben ( ohne Gewinnbeteiligung bzw. ohne Gewinnpoolung ), um nicht als KAGB-Fonds zu gelten. Weitere Informationen erteilt Dr. Horst Werner unter dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de .