Hommage an den Holzbildhauer Rudolf Wachter

"… ich könnte natürlich sagen, es ist ein göttliches Geschenk, dass man überhaupt über das Gegenständliche hinaus kommt, hinaus denken kann." (R. Wachter)
In den 1960er Jahren vollzieht Rudolf Wachter (1923-2011) mit der Kettensäge erstmals an einem feuchten Baumstamm einen Schwundschnitt bis ins Herz und durchtrennt die noch geschlossenen Jahresringe. Sie schwinden, die Schnittstelle weitet sich zu einer Keilform aus und bringt eine minimalistische Skulptur hervor.
Der Kern- oder Schwundschnitt öffnet den Stamm, fungiert als Medium, das den Dialog zwischen dem Bildhauer und dem Material herstellt. Er gibt dem Holz Raum für Veränderung; der Stamm, der zuvor den Raum bildete, wird als Körper im Raum wahrgenommen.
Die Skulpturen sind stets aus einem Stück Holz gearbeitet. Mit wenigen, gezielt gesetzten Schnitten wird das Eigenleben des Holzes so stimuliert, dass es weiterlebt, sich durch Ausdehnen und Schrumpfen hin zu den vom Künstler kreierten geometrischen und filigranen Formen Zylinder, Spirale, Würfel, Quader und Prisma mit hermetisch-reduziertem Charakter entwickelt.
Wachters besonderer Umgang mit dem Holz macht ihn zu einem der bedeutendsten europäischen Bildhauer. Er evoziert die Einzigartigkeit und Eigentümlichkeit jedes Holzstamms in seiner komplexen Beschaffenheit, zeigt ihn als lebenden Werkstoff, dem natürliche Veränderungsprozesse zugrunde liegen. Mit Intensität und Virtuosität manifestieren sich in Wachters Schaffen gleichermaßen der subtile Ausdruck und die monumentale Geste.
Rudolf Wachters neuartige Arbeitsweise wird Ausgangspunkt für sein mehr als fünf Jahrzehnte umfassendes, bildhauerisches Oeuvre, das in der singulären Formfindung sowie der Sichtbarmachung des Eigenlebens und der Energie des Holzes kulminiert.

Galerie Rieder, Maximilianstr. 22, 80539 München
Eröffnung: 9. September von 18.00 bis 21.00 Uhr
Dauer: 10. September bis 22. Oktober 2016

02.09.2016: | | |