Den Unterdrückten eine Stimme geben?
Pressetext verfasst von Erhard Coch am Sa, 2013-06-01 20:50.Es trat in einigen Ländern auf, in denen die Post-68er-Kultur wichtig war, es hatte einen interdisziplinären Ansatz und eine nicht sehr formalisierte Art der Organisation, es war eine vorwiegend europäische Angelegenheit, […] es war erklärtermaßen links und demokratisch, hatte aber tatsächlich eine sehr undemokratische Struktur, es arbeitete mit sehr wenig Geld und besaß den Charme europäischer Integration ganz anderer Art.
Die Sätze, mit denen Lutz Niethammer am 13. September 2007 auf dem Campus in Essex einen internationalen Workshop über die Anfänge der Internationalen Oral History Association (IOHA) einleitete, könnten auch als Rätselfrage in einem Quiz verstanden werden. Was verbirgt sich hinter diesem so sorgsam und widersprüchlich umschriebenen »Es«? Eine Organisation oder gerade keine – demokratisch und zugleich undemokratisch –, ein politisches Projekt, eine Bewegung, ein Forschungsverbund? Wo die am Workshop teilnehmenden Oral Historians der ersten Stunden intuitiv zu verstehen schienen, was »es« meinte, waren die Nachwuchsforscher, die an einer Studie über die IOHA arbeiteten und hier ihre Ergebnisse vorlegen, zunächst einmal verwirrt: Wie ließ sich der ambivalente Charakter dieses im Anfang durchaus politischen Forschungsunternehmens, den »Unterdrückten eine Stimme« zu geben, wissenschaftlich fassen?
Den Unterdrückten eine Stimme geben?
Die International Oral History Association zwischen politischer Bewegung und wissenschaftlichem Netzwerk
Annette Leo
Verlag: Wallstein Verlag
http://www.new-ebooks.de/ebooks/18723
Die AutorInnen des vorliegenden Bandes haben sich auf die Suche nach Antworten auf diese Fragen gemacht. Gegenstand ihrer Untersuchung ist ein Stück Intellektuellengeschichte des vergangenen Jahrhunderts – die International Oral History Association (IOHA) in den ersten zwanzig Jahren ihrer Existenz von 1976 bis 1996, als sie noch keine formelle Organisation war, sondern eher ein informeller Zusammenschluss. Und damit beginnen auch gleich die Begriffsprobleme, weil sie/»es« in dieser Zeit eigentlich diesen Namen noch nicht trug, beziehungsweise wurde er nur in manchen Situationen verwendet, in anderen Zusammenhängen hieß »es« movement, Gruppe, Komitee oder Netzwerk.
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