Syrien, Wandel nach ägyptischem Beispiel oder ein Afghanistan Syndrom?

Das Ausarten der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung auch von Seiten einiger Einheiten der oppositionellen Freien Syrischen Armee, schadet der syrischen Revolution und ihre edlen Ziele, Freiheit und Demokratie zu erreichen. In dieser Wahrnehmung der Gewalt wird nicht differenziert zwischen der Gewalt dieser Einheiten und Verbrecherbanden und Al-Qaida-Terroristen. Hierfür spielt auch die Propaganda des syrischen Regimes eine Rolle.
In diesem Beitrag versuche ich auf zwei Fragen zu antworten. Die erste ist, ob sich in Syrien ein Afghanistan-Syndrom andeutet, oder sich mit dem zu erwartenden Sturz des Assad-Regimes eine islamistische Diktatur die Macht an sich reißt. Die zweite Frage, wird überhaupt dagegen gelenkt?

Christen in Syrien leiden unter massiven Drohungen. Sie suchen Schutz, Zuflucht und die Gnade Gottes. Berichten zufolge sollen Einheiten die der Freien Syrien Arme (FSA), zugerechnet werden, in der Stadt Ras Al Ain in Nordost Syrien, die syrisch orthodoxe Kirche erstürmt haben und schädigten christlich-religiöse Symbole wie Kreuze und Ikonen. Es sind ferner viele Geschäfte und leere Häuser bereits vertriebener Christen geplündert worden. Die syrisch-orthodoxe Schule dort wurde zerstört.
Das Regime soll Berichten zufolge willkürlich die Stadt bombardiert haben, was zu zahlreichen/ unzähligen Menschenopfern auch Frauen und Kindern führte. Die FSA, die das erfolgreiche Eindringen in die Stadt zusammen mit der islamistisch-terroristischen Jabhit Alnussra und der Ghurabaa Elsham als eigenen Sieg feierte, hat bis jetzt diese Tat nicht verurteilt.
Berichten von Augenzeugen nach, sollen Kämpfer christliche Fahrgäste eines Reisebusses beleidigt und bedroht, und christliche Symbole geschändet worden sein.
Zahlreiche Fälle von Entführungen speziell von Christen und Plünderungen ihrer Geschäfte sind insbesondere in der Provinzhauptstadt Elhassake bekannt.
Araber aus der Nachbarschaft haben in einem Dorf Länderein von Christen vereinnahmt und diese vertrieben.
Kämpfer der PKK haben das historische Hotel Hadaya in der assyrischen Stadt Kamishli enteignet und sind nun dort stationiert.
Seit vielen Monten sitzen Kämpfer der FSA in dem syrisch-orthodoxen Bistumssitz in Homs. Autobomben haben mehrere christliche Kirchen zerstört. Es sind viele Beispiele von Entführungen und Verschwindenlassen lassen von christlichen jungen Menschen auch in den umliegenden Dörfern bekannt.

Diese Art und Weise mündet in die Agenda des totalitären Regimes, der den Christen in Syrien Angst vor einem Regimesturz macht. Denn zu der kritischen Sicherheitslage, macht das Regime auf die Gefahr islamistischer Fundmentalisten aufmerksam. Beobachter haben jedoch schon nach Intervention im Irak, eine Lockerung des Drucks auf die Aktivitäten salafistischer Aktivisten – unter seiner Kontrolle, um mit dem Faktor Angst zu pokern. Später ließ er einige in Syrien inhaftierte Al-Qaida-Aktivisten frei.

Die Praktiken islamistischer Fanatiker, die Bilder zerstörter Heiligtümer und die gezielte Verfolgung und Hinrichtung von Christen haben die Auswirkung, dass christliche Assyrer und Christen im Allgemeinen aus ihren Ursiedlungsgebieten in Mesopotamien und anderen Gebieten Syriens noch mehr als früher flüchten.
Die von den Assyrisch-Demokratischen Organisationen (ADO) erwartete harte Aufforderung an die Adresse des Präsidiums der Nationalkoalition für die revolutionären Kräfte und die syrische Opposition wurde außer Acht gelassen, und ihr folgte wiederum keine deutliche Position der ADO.
Nicht mal eine Verurteilung dieser Taten wurde veröffentlicht, was sicherlich ohnehin nicht ausreichen würde, da eine Verurteilung nur einen diplomatischen Charakter haben kann, wenn keine Taten Konsequenzen folgen.

Wenn nun die FSA eine offizielle und plausible Erklärung für diese Taten Handlungen hätte, so kann dies und darf nicht niemals als Rechtfertigung gelten. Solange ein Mindestmass an Moral bei den Kämpfen gegen die Dikdatur fehlt, so würde niemals diese Revolution dem syrischen Volk Frieden und demokratischen Wandel bringen können!

Fragwürdig bleibt die Position dieser oppositionellen Koalition gegenüber der terroristischen Jabhit Alnussra. Bis heute lässt eine Verurteilung und Distanzierung von dieser Al-Qaida- nahen Organisation auf sich warten – auch nach dem diese ihre Loyalität zu der Al-Qaida verkundet hat, sucht die opposionelle Koaltion diese zu sich zu gewinnen. Der Vorsitzende der Koaltion lehnt es sogar ab, dass die USA jabhit Alnussra als eeine terroristische Organisation einstufte.
Der Führer der Muslimbruderschaft in Syrien Muhamed Riad Alshafqa ließ am 31.12.2012 verlauten, dass Jabhit Alnussra das Syrische Volk schütze, und das Regime bekämpfe. Er bezeichnete sie als Waffenbrüder.
Der Vorsitzende der Nationalkoalition für die revolutionären Kräfte und die syrische Opposition, hat zwar in einer Rede nach der Nominierung eines oppositionellen Regierungschefs verlauten lassen, dass auch terroristische Gruppierungen in Syrien kämpfen, doch die Alnussra nicht erwähnt………….

Aus diesen Gründen sind die Angstszenarien der Christen von einem Eindringen der FSA oder der Jabhit Alnusra in den Nordosten des Landes begründet, da diese die bereits erlebten Beispiele in Homs, Aleppo und andere Städte fürchten. Ferner begründen christliche Kirchen und Organisationen ihr Ablehnen auch damit, dass dies dem Regime einen Grund gäbe, das Gebiet mit Flugzeugen zu bombardieren.

Der Druck westlicher Mächte ist meines Erachtens von besonderer Wichtigkeit, damit diese den Eindruck erwecken, dass die Christen in Syrien nicht im Stich gelassen werden, und diese schützen wollen – wenn dies überhaupt bezweckt wird…
Denn das ägyptische Beispiel lässt ahnen, dass die Machtübernahme islamistischer Fundamentalisten nicht zu unterschätzen wäre und zu einer neuen Diktatur führen würde, die in ihrer Grausamkeit und Demokratiefeindlichkeit nicht weniger gefährlich und Menschenfeindlich ist, wie das heutige Baathregime.
Der Westen erweckt jedoch den Eindruck mit dieser Tatsache zu balancieren.

Es liegen auch keine konkreten Pläne vor, Kontigentflüchtlinge aus den umkämpften Gebieten in Deutschland aufzunehmen. Die Zusage 5000 Flüchtlinge aufzunehmen, ist zwar posotiv, doch sie reicht nicht aus, gilt nicht nur für Christen, und sieht so aus, als würde sie von einer gesamteuropäischen Lösung abhängen.
Es ist heute wichtiger den je, den Lebensraum der Christen in ihrer Urheimat mit allen Mitteln zu schützen, und eine Strategie zu erstellen, die den syrischen Oppositionen überzeugend genug dargestellt wird, um eine positive Veränderung zu bewirken. Die unbeschränkte und unkontrollierte Unterstützung bzw. Bewaffnung der Opposition wurde zwar von Deutschland und der EU abgelehnt, doch an wen die finanzielle Unterstützung des Westens überall gerichtet ist, bedarf der genaueren Prüfung. Ganz besonders aus dem Grund, in salfistischen Milizen und Alnussra Waffenbrüder zu sehen.
Syrische Akteure müssen für einen wahren demokratischen Wandel einen ernsten Nachdruck verleihen, dass eine neue syrische Verfassung nur gerecht sein kann und den Christen ihre Rechte verleihen kann, wenn ein Scharia-Paragraph nicht darin enthalten ist und die Rechte der indigenen Bevölkerung und anderen Minderheiten verfassungsmäßig gewahrt bleiben.
Unabhängig davon, bleibt die politische Arbeit der assyrischen und anderen christlichen politischen Organisationen und christlichen oppositionellen Persönlichkeiten von besonderer Wichtigkeit und vordergründig.

Die Fundamentalisten ihrerseits spielen mit der Karte der gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen Interessen westlicher Mächte.
Die Bundesregierung will der syrischen Opposition helfen, sich mit wirtschaftlichen Konzepten für die Zeit nach dem Bürgerkrieg zu profilieren.
Islamisten müssen aus dieser Unterstützung ausgeschlossen werden!!!
Ein großes Fragezeichen wirft eine weitere Frage auf, nämlich wo die Unterstützung der Bundesregierung bzw. der europäischen Union bei der Erstellung von Konzepten zur Realisierung eines Rechtsstaates bleibt? -Konzepte zur Verbreitung von demokratischen Werten und das Verständnis der Menschenrechte. Wie es um den Schutz von Minderheiten steht? Was ist mit dem Wiederaufbau? Was ist mit der Vermeidung der ägyptischen Erfahrung in Syrien? Ein großes Fragezeichen!

Vieles kann man heute noch beeinflussen, wo es noch möglich ist ein Taliban-Syndrom zu vermeiden.

Raif Toma
Menschenrechtsaktivist

28.04.2013: |

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Publizist und Spezialist zum Thema Terrorismus, Islamismus und Nahostpolitik. Aktivist in der Frage der Menschenrechte, Christenverfolgung und der assyrischen Frage. Spezialist für Altersvorsorge, Krankenversicherung, Finanzierungen und Finanzen