Markenrechtsverletzung durch Keyword-Advertising und AdWords-Werbung?

Bezugnehmend auf unseren Newsletter-Artikel vom 18. Oktober 2010 stellen wir Ihnen nachfolgend nochmals die zulässigen Regeln des Keyword-Advertising anhand der neuesten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) dar.

Problematik des Keyword-Advertising und der AdWords-Werbung

Viele Suchmaschinen, u. a. Google (AdWords-Werbung), bieten seit Jahren die Schaltung von Werbeanzeigen auf den Seiten der eigenen Suchmaschine an. Grundlage hierfür ist das sog. Keyword Advertising, bei dem man bestimmte „Schlüsselwörter“ (Keywords) angeben kann mit dem Ziel, dass bei deren Eingabe in der Suchmaschine auf den Ergebnisseiten in einem rechts neben oder unter oder über den Suchergebnissen getrennten Werbeblock die eigenen Werbeanzeigen mit Link auf die eigene Webseite angezeigt werden. Jedes Unternehmen bestimmt seine Keywords bei Einstellung einer solchen Anzeige selbst. In der Vergangenheit benutzten hierbei viele Unternehmen Marken- und Firmennamen der Wettbewerber oder ähnliche Bezeichnungen als Keywords, damit nach Eingabe dieser Keywords in die Suchmaschine auf den Ergebnisseiten in der rechten Anzeigenspalte die eigene Werbung angezeigt wurde. Teilweise erscheinen diese Keywords in den Werbetexten, teilweise auch nicht.

Daher stellte sich die Frage, ob in dieser unbefugten Benutzung fremder Schutzrechte als Keywords eine Markenverletzung liegt. Diese Frage ist mittlerweile jedoch eindeutig entschieden worden und nun auch vom BGH nochmal bestätigt worden.

Entscheidungen des EuGH

Auf EU-Ebene hatte der europäische Gerichtshof in verschiedenen Entscheidungen ( Urteil vom 23.3.2010, AZ: C-236/08, Beschluss vom 26.3.2010, AZ: C-91/09, Urteil vom 8.7.2010, AZ: C-558/08) festgestellt, dass eine Markenverletzung vorliegt, wenn ein mit der Marke geschütztes identisches oder ähnliches Zeichen als Keyword zur Bewerbung von Produkten, die mit den unter der Marke geschützten Waren ähnlich oder identisch sind, benutzt wird und für die Verbraucher aus der Werbeanzeige nur schwer erkennbar ist, dass es sich um das Angebot eines Dritten und nicht um das Angebot des Markeninhabers handelt. Eine derartige Herkunftstäuschung war nach Ansicht des EuGH insbesondere gegeben, wenn die geschützte Marke erkennbar in der Werbeanzeige des Dritten neben dem Unternehmensnamen des Dritten oder Produktnamen des Dritten genannt wurde und daher für den Verbraucher nicht klar war, von wem die Werbeanzeige stammte.

Entscheidungen des BGH

Auch der BGH hatte in der Vergangenheit in verschiedenen Entscheidungen (u. a. Urteil vom 22.1.2009, AZ: I ZR 30/07, Urteil vom 13.1.2011, AZ: 125/07, Urteil vom 13.1.2011, AZ: I ZR 46/08) im Ergebnis ausgeurteilt, dass keine Markenrechtsverletzung vorliegt, wenn ein mit der geschützten Marke identisches oder ähnliches Keyword zwar als Suchwort benutzt wird, jedoch selbst in der jeweiligen Anzeige nicht angezeigt wird oder erkennbar ist, so dass der angesprochene Verbraucher nicht hinsichtlich der vermeintlichen Herkunft der Anzeige verwirrt werden kann.

Aktuelles Urteil des BGH

Diese Rechtsprechung hat der BGH nun nochmal in dem Urteil vom 13.12.2012, AZ: I ZR 217/10 - MOST-Pralinen) bestätigt.

In der aktuellen Entscheidung des BGH ging es um eine Verletzung der für u. a. in Klasse 30 geschützten Pralinen und Schokolade eingetragenen deutschen Wort-/Bildmarke "MOST".

Die Klägerin betreibt im Internet einen Onlineshop unter der Bezeichnung "MOST-Shop", in dem sie Pralinen- und Schokoladenprodukte verkauft. Sie darf als Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der eingetragenen Marke "MOST" unter dieser Marke exklusiv diese Schokoladenprodukte anbieten.

Die Beklagte unterhält ebenfalls einen Onlineshop, in dem sie Geschenkartikel, aber auch Pralinen und Schokolade verkauft. Zur Bewerbung ihrer Produkte schaltete die Beklagte eine Google-AdWords-Anzeige, für die sie als Keyword und daher als Suchbegriff für die Suchmaschine das Wort "Pralinen" mit der von Google angebotenen Option "weitgehend passende Keywords" wählte. In der Liste der weitgehend passenden Keyboards war auch der Begriff "Most Pralinen" enthalten. Google bietet hierbei die Funktion an, dass bestimmte Keywords von dieser Liste abgewählt werden können. Die Beklagte hat jedoch keine Keywords von dieser Liste entfernt.

Nach Freischaltung der Anzeige erschien bei der Eingabe der Suchbegriffe "MOST Pralinen" die Anzeige der Beklagten, die allerdings die beiden Suchwörter nicht erkennbar enthielt. Die in der Anzeige angegebene Verlinkung führte zum Onlineshop der Beklagten, in dem keine mit der geschützten Marke gekennzeichneten Produkte angeboten wurden.

Die Klägerin ging aufgrund der Anzeige wegen Markenverletzung gegen die Beklagte vor.

Das zuständige Landgericht hatte zunächst eine Markenrechtsverletzung bejaht. Der BGH hat diese Entscheidung nun jedoch aufgehoben.

Zur Begründung führte der BGH aus, dass zwar ein Teil des Tatbestands einer Markenrechtsverletzung vorliege, da die Beklagte das Zeichen "Most Pralinen" ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr, nämlich als Keyword für eine Werbeanzeige zur Bewerbung ähnlicher Produkte benutzt habe, da sie die von Google angebotene Option, das streitige Keyword von der Liste der vorgeschlagenen Keywords zu entfernen, nicht wahrgenommen habe. Auch sei wegen der Zeichenähnlichkeit und der Warenähnlichkeit im Grundsatz eine Verwechslungsgefahr gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 Markengesetz gegeben. Allerdings sei der Schutz einer Marke vor Verwechslungsgefahr nur dann betroffen, wenn die Hauptfunktion einer Marke, nämlich der eindeutige Hinweis für den Verbraucher auf die Herkunft der angebotenen Waren (sog. Herkunftsfunktion), beeinträchtigt sei.

Um eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion festzustellen, müsse man eine zweistufige Prüfung vornehmen:

Es müsse zunächst festgestellt werden, ob der normale informierte Internetnutzer aufgrund der allgemeinen Marktlage weiß, dass der Werbende und der Markeninhaber nicht wirtschaftlich miteinander verbunden, sondern Konkurrenten sind.

Sofern der angesprochene Internetnutzer dies nicht weiß, müsse beurteilt werden, ob für den Internetnutzer aus der Werbeanzeige erkennbar ist, dass es sich bei den von dem Werbenden angebotenen Waren gerade nicht um die Waren des Markeninhabers handelt. Ob dies für den Internetnutzer erkennbar ist, hänge von der jeweiligen Gestaltung der Anzeige ab.

Der BGH stellte hierzu fest, dass eine Werbeanzeige, die in einem von der Trefferliste eindeutig getrennten und entsprechend gekennzeichneten Werbeblock erscheine, und selbst weder die Marke, noch sonst einen Hinweis auf den Markeninhaber oder die unter der Marke geschützten Produkte enthalte, nicht die herkunftshinweisende Funktion der geschützten Marke beeinträchtige. Im Umkehrschluss sei daher nur von einer Markenverletzung auszugehen, wenn die Werbeanzeige einen Hinweis auf die geschützte Marke oder den Markeninhaber oder die unter der Marke vom Markeninhaber angebotenen Waren enthalte.

Da im vorliegenden Fall in der Werbeanzeige selbst gerade kein erkennbarer Hinweis auf die geschützte Marke enthalten war, verneinte der BGH die Markenrechtsverletzung.

Fazit

Der BGH hat in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung ausdrücklich fortgeführt und nochmals eindeutig klargestellt, unter welchen Voraussetzungen eine geschützte Marke eines Dritten als Keyword für eine eigene Werbeanzeige benutzt werden darf.

Daher sollten sämtliche AdWords-Werbeanzeigen nochmals auf ihre Zulässigkeit überprüft werden.

Ferner bedeutet dies aber auch, dass weiterhin geschützte Marken Dritter als Keyword benutzt werden dürfen, solange sie nicht in der Werbeanzeige selbst enthalten sind.


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