Nacktfotos im Internet

Der verschmähte Stolz eines Mannes kostete ihn in einem besonders prekären Fall 25.000 Euro.
Vorab: Auch wenn eine Trennung verletzend und schmerzhaft sein kann- eine Trennung kann nach dem Urteil des LG Kiel noch viel schmerzhafter sein, wenn Nacktfotos vom Ex veröffentlicht werde und der die Nacktbilder veröffentlichende Partner dann erstmal ordentlich dafür zahlen darf. Die unautorisierte Veröffentlichung von privaten Nacktfotos verstößt gegen die Persönlichkeitsrechte des Ex-Partners und führt zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung.

Weitere Informationen: http://www.wvr-law.de/blog/it-recht/persoenlichkeitsrecht-und-nacktbilde...

So sprach das LG Kiel einer Klägerin aufgrund der unberechtigten Veröffentlichung und Verbreitung erotischer Fotos von ihr über das Internet aus unerlaubter Handlung ein Schmerzensgeld wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB, Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG) sowie auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu.

Zum Sachverhalt;

Nach knapp 1 Jahr Liebesbeziehung trennte sich die Klägerin von ihrem damaligen Freund, dem nunmehr Beklagten.

Dieser fand das leider gar nicht schön und fühlte sich in seiner Ehre und seinem Stolz gekränkt. Er kämpfte noch einige Monate darum, die Klägerin wieder für sich gewinnen zu können. Als ihm dies misslang, kam er auf eine Idee.

Während der Beziehung hat der Beklagte die Klägerin mit seiner digitalen Kamera fotografiert. Auf zwei dieser Fotos sieht man die Klägerin lächelnd mit entblößter Brust auf dem Bett sitzend. Auf einem dritten Foto war die Klägerin vollkommen nackt und schlafend zu sehen. Der Beklagte wollte seine neue Digitalkamera ausprobieren. Die Klägerin gab ihm auch das Einverständnis, aber nur unter der Bedingung, dass er die Fotos wieder lösche. Dies hat er ihr auch zugesagt und sie hat darauf vertraut.
In einem ähnlich gelagerten Fall, der ebenfalls zu einer rechtskräftigen Verurteilung und zu einer Zahlung eines hohen Schmerzensgeldes führte hat die Klägerin dem Beklagten die Nacktfotos sogar selbst gegeben, aber eben auch im Vertrauen darauf, dass er diese Dritten nicht zugänglich macht.

Diese drei Fotos stellte der Beklagte nach Ende der Beziehung mit der Bezeichnung „x.jpg“ auf einer Tauschbörse ins Internet, nachdem er die Bilder derart bearbeitet hatte, dass in der linken oberen Ecke in roter Schrift Name, vollständige Postanschrift und Telefonnummer der Klägerin eingeblendet wurden. In der rechten oberen Ecke erschien das Wort „...danach“. Er wollte die Klägerin bloßstellen und verbreitete diese Fotos allein, um der Klägerin Schaden zuzufügen.

Der Beklagte legte, um diese Fotos in der Tauschbörse anbieten zu können, eine eigene Datei an, auf die dann weltweit und ohne Einschränkungen der Zugriff eröffnet war, so dass jeder Betrachter die Bilder problemlos herunterladen und auch seinerseits diese Nacktbilder zum Betrachten und Herunterladen aus dem Internet wieder einstellen konnte. Er stellte die Fotos anonym rein und schaffte damit den Eindruck, die Klägerin betreibe auf diese Weise Werbung für sich selbst im Sinne der Prostitution.

Die Klägerin erhielt zeitnah den Anruf eines ihr unbekannten Mannes, der ihr von der Veröffentlichung erzählte und ihr diese Nacktfotos dann auch zukommen ließ, woraufhin die Klägerin sofort Strafanzeige gegen den Beklagten erstattete.

Selbstverständlich wurde dieser rechtskräftig verurteilt.

Gegen so ein Verhalten kann man sich jedoch nicht lediglich strafrechtlich zur Wehr setzen.

Der Klägerin wurde vom LG Kiel ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro zugesprochen.

Durch die Veröffentlichung der Nacktfotos sowie der Bekanntgabe ihrer Anschrift und Telefonnummer fühlte sich die Klägerin in den Bereich der Prostitution gerückt. Sie bekam von unbekannten Männern Schreiben, die ihr mitteilten, sie hätten die Nacktfotos im Internet gesehen und wären nun an einem Kontakt interessiert.
Die Klägerin musste mit ihren Kindern auswandern. Sie lebt nunmehr in einem kleinen Dorf. Die Klägerin befürchtete Nachstellung und Negativ Publicity für all ihre beruflichen Tätigkeiten.

Aufgrund der veröffentlichten Nacktfotos wurde eine Namensvetterin der Klägerin ebenfalls –sogar knapp 3 Jahre nach dem Vorfall- nachts angerufen und mit sexuellen Angeboten überzogen.

Eine Recherche ergab, dass die Bilder weiterhin im Internet waren. Technisch ist es einfach nicht möglich, die Nacktfotos aus dem Internet zu entfernen. Auffindbar seien diese nur, wenn der Rechner, auf dem sie sich zum gegebenen Zeitpunkt befänden, tatsächlich gerade eingeschaltet sei. Wenn man die Nacktfotos in der Tauschbörse im Internet aufruft, erscheint dazu kein Name dessen der sie eingestellt hat. Sofern man sie herunterlade und dann wieder zur Verbreitung freigebe, könne man zwar denjenigen, der darauf zugriff, während des Zugriffes selbst eine Nachricht zukommen lassen, jedoch nicht demjenigen, von dem man sie selbst heruntergeladen habe.

Der Beklagte bedauerte zwar sein Verhalten und behauptete, aus der psychischen Situation des Verlassenwerdens heraus gehandelt habe. Das Gericht glaubte ihm nicht, dass dieser aus einer „affektähnlichen Handlung“ vorging. Die Präparierung der Fotos durch Einfügung von Kommentar und Anschrift vor der Veröffentlichung weisen deutlich auf eine sorgsame und mit Zielstrebigkeit umgesetzte Planung der Tat hin.

Für die Höhe des Schmerzensgeldes sind neben der Art und Intention der Tatausführung insbesondere die Folgen dieser Handlung für die Klägerin von Bedeutung. Insoweit hat der Beklagte selbst dargestellt, dass eine endgültige Entfernung der Bilddateien aus dem Internet nach dem derzeitigen technischen Stand nicht möglich ist, da weder die Identität desjenigen festgestellt werden kann, der die Bilder herunterlädt, noch zu ermitteln ist, wer diese Bilder erneut einstellt und damit seinerseits wieder zur Verbreitung freigibt. Da auch die Dateinamen frei veränderbar und zumindest teilweise auch bereits verändert worden sind, muss nach den gegenwärtigen Erkenntnissen die Klägerin damit rechnen, zeitlebens von Dritten auf diesen Fotos “besichtigt” zu werden, ohne dass sie weiß und jemals kontrollieren kann, ob und wann jemandem aus ihrem Bekanntenkreis diese Bilder bekannt geworden sind und ob das von Dritten ihr gegenüber an den Tag gelegte Verhalten auf die Kenntnis von diesen Fotos zurückzuführen ist.

Insgesamt hält das Gericht in Anbetracht der Tatsache, dass die Klägerin zukünftig bis auf weiteres mit den im Internet – weltweit – kursierenden verunglimpfenden Fotos wird leben müssen, auch in Anbetracht der vorgetragenen Einkommensverhältnisse des Beklagten ein Schmerzensgeld von insgesamt 25.000,00 EUR für angemessen. Zum Unterlassen wurde er Beklagte ebenfalls verurteilt.

Gleichwohl war auch dem Antrag der Klägerin auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten für künftige Schäden stattzugeben.
Auch wenn gegenwärtig unstreitig keine technische Möglichkeit besteht, die Fotos (unter sämtlichen derzeit verwendeten Dateinamen) vollkommen und dauerhaft aus dem Internet zu entfernen, und daher derzeit etwa für eine solche Entfernung aufgewendete Kosten nicht zum Erfolg führen können, ist es nicht ausgeschlossen, dass zukünftig ein effizientes Löschungsverfahren entwickelt wird. Die Möglichkeit, dass ohne eine jetzige Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten dem Grunde nach die spätere Durchsetzung von Kostenerstattungsansprüchen wegen der Erhebung einer Verjährungseinrede gefährdet wäre, rechtfertigt das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin. Solange im Übrigen die Fotos im Internet weiterhin vorhanden sind, ist auch die Entstehung neuer Schäden bei der Klägerin nicht auszuschließen.

Es ist eine positive Tendenz, dass die Gerichte nun nicht nur bei Prominenten, bei denen das Persönlichkeitsrecht des Öfteren verletzt wird, ein Schmerzensgeld zugesprochen wird, sondern auch bei „normalen“ Betroffenen, die nicht in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rücken wollten.


Über Johannes von Rüden