Werben mit Gütesiegeln - Anforderungen und Hürden

Das Gütesiegel stellt eine Beweisurkunde für Produkte der Spitzenklasse dar und spielt auf diese Weise nicht nur für Verbraucher im Wege der Kaufentscheidung eine wichtige Rolle, sondern dient gleichermaßen Unternehmen im Rahmen Ihrer Vermarktungs-strategie.

Die Rechtsprechung der letzten Jahre zeigt dagegen, dass die Nutzung eines solchen Siegels zur Ausweisung der Qualität nicht ausschließlich mit einer Umsatzsteigerung verbunden ist.
Das Werben mit solchen Siegeln kann auch weitreichende negative wettbewerbsrechtliche Konsequenzen mit sich bringen.

Wer dementsprechend mit dem Gedanken spielt, den Absatz mittels Gütesiegel zu vermehren, sollte bestimmte Anforderungen beachten, um einer rechtlichen Haftung zu entgehen.

Schon seit geraumer Zeit stehen immer wieder die Bedingungen der Werbung mit Gütesiegeln zur Diskussion. Im Mittelpunkt dieser Frage steht, wie so häufig, der Verbraucherschutz.
Anerkannt ist, dass die Darstellung von Testergebnissen einerseits klar und deutlich, andererseits vollständig und lesbar sein muss. Fehlt es an diesen Voraussetzungen wird die geschäftliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers beeinträchtigt, was einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht darstellt(BGH, Urteil vom 16.07.2009, Az. I ZR 50/07).
Insbesondere zwei der erst kürzlich ergangenen Urteile weisen erneut auf die Schwachstellen hin und stellen gerade für Online-Händler den richtigen Umgang mit Werbung von Testergebnissen klar.

Die Brisanz dieses Themas zeigt vor allem die jüngst ergangene Entscheidung des OLG Koblenz im März 2012, wonach für die Klarheit und Eindeutigkeit der Darstellung alle gestalterischen Elemente des Einzelfalls ausschlaggebend sind. Gestalterische Elemente wie Kontrast, Anordnung, grafische Gestaltung, Schriftart und vor allem Schriftgröße sind in diesem Zusammenhang zu beachten.

Im Einzelnen heißt dies, dass die Fundstellen des Tests, inklusive Ort und Datum, angegeben und ohne großen Aufwand für den Verbraucher auffindbar sein müssen (BGH, Urteil vom 21.3.1991, Az. I ZR 151/89; OLG Koblenz, Urteil vom 14.03.2012, Az. 9 U 1248/11).

Um ein rechtliches Risiko zu minimieren, ist diesbezüglich zu empfehlen, insbesondere für den Fundstellennachweis eine Mindestschriftgröße von 6-Punkten nicht zu unterschreiten. Es kommt jedoch nicht allein auf die Schriftgröße an, die Lesbarkeit der Gesamtgestaltung ist ausschlaggebend (OLG Koblenz, Urteil vom 14.03.2012, Az. 9 U 1248/11).

Mit einer weiteren aktuellen Entscheidung des OLG Zweibrücken vom 25.05.2012 wurden die Anforderungen an die Angabe des Datums von Testberichten und Gütesiegel weiter qualifiziert.
In der Entscheidung wurde explizit dargestellt, dass Testergebnisse nicht auf der Grundlage von veralteten Erkenntnissen zu Werbezwecken genutzt werden können, da hierdurch der Tatbestand der Irreführung erfüllt werde. Zwar hat das OLG Zweibrücken an dem Grundsatz festgehalten, dass das Werben mit Testergebnissen, deren Veröffentlichung bereits einige Zeit zurückliegt, nicht prinzipiell irreführend und daher zulässig ist (BGH, GRUR 1985, 932, 933).

Allerdings liegt eine unzulässige Irreführung dann vor, wenn der Zeitpunkt der Testveröffentlichung nicht ausgewiesen wurde, die beworbene Ware durch neuere Entwicklung technisch überholt ist oder, wenn für die getesteten Waren aktuellere Prüfungsergebnisse vorliegen, welche aber verschwiegen wurden (OLG Hamm, Urteil vom 15.02.2007, Az. 4 U 165/06 ).
Gleiches gilt, wenn der Urheber eines Gütesiegels wie beispielsweise Stiftung Warentest seine positiven Gutachten aufgrund von neuen Ergebnissen korrigiert und dies öffentlich macht. Ist dies der Fall, kann das veraltete Testergebnis nicht weiter zur Vermarktung verwendet werden. Dies würde eine Irreführung gemäß § 5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) darstellen (OLG Zweibrücken, Urteil vom 25.05.2012, Az. 4 U 7/10).

Darüber hinaus sollten aber auch die unvollständige Darstellung von Testergebnissen vermieden werden. Um dem Verbraucher die Möglichkeit zu bieten, alle wichtigen Informationen für eine Kaufentscheidung zu sammeln, bedarf es der Vollständigkeit der Testergebnisse.

Welche Anforderungen an die Vollständigkeit geknüpft sind, hat das OLG Frankfurt in seiner Entscheidung vom 13.01.2011 deutlich gemacht.
Hiernach ist eine Darstellung von Testergebnissen vollständig, wenn Angaben über die Rangverhältnisses des Testurteils deutlich gemacht werden (OLG Frankfurt, Beschluss vom 13.01.2011, Az. 6 W 177/10). Bei Produkttests muss dementsprechend immer darüber informiert werden, wie die Bewertung des beworbenen Produkts in das Umfeld seiner Konkurrenten einzuordnen ist. Bleibt eine solche Gegenüberstellung aus, ist diese Unvollständigkeit dazu geeignet, die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG zu beeinflussen und stellt damit eine Irreführung durch Unterlassen und damit ein Wettbewerbsverbot dar.

Zuletzt sollte der Verwender von Gütesiegeln noch darauf achten, dass er nicht mit Selbstverständlichkeiten wirbt.

Sinn und Zweck der Werbung mit Gütesiegeln oder Testergebnissen ist es, dem Verbraucher Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die über dem Mindeststandard liegen. Preist ein Gütesiegel lediglich gesetzliche Mindestanforderungen an, wirbt es also mit Selbstverständlichkeiten, liegt gerade keine Spitzenstellung vor.

Unternehmer müssen diesbezüglich darauf achten, dass bei der Verwendung von Gütesiegeln nicht nur die Standardanforderungen abgedeckt werden, sondern, dass das Gütesiegel besondere, erhöhte Anforderungen erfüllt (LG Berlin, Urteil vom 02.02.2010 , Az. 15 O 249/09). Ist dies nicht der Fall kann es, da der Verbraucher in dem Siegel einen Nachweis für ein über den Mindestanforderungen liegenden Standard sieht, ebenfalls zu wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen gemäß §§ 3 und 5 UWG führen.

Fazit

Diese Erkenntnisse zeigen den Sinn und Zweck des Wettbewerbsrechts im engeren Sinne. Im Mittelpunkt steht der Schutz des lauteren Wettbewerbes und somit die Verhinderung von unlauteren Geschäftspraktiken. Dies gilt auch im Bereich der Werbung mit Gütesiegeln und Testergebnissen. Ein lauterer Wettbewerb kann nur garantiert werden, wenn eine klare, transparente Darstellung erfolgt, die keinen Platz für Irreführung lässt.

Dementsprechend sollte zwingend darauf geachtet werden, dass im Bereich der Werbung mit Gütesiegeln die vorgenannten Mindestvoraussetzungen eingehalten werden.


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