Dr. Horst Siegfried Werner: EZB trickst Haushaltsrechte der Parlamente, die Regierungen und das Bundesverfassungsgericht aus

Dr. Horst Siegfried Werner weist bei der angekündigten Euro-Rettung durch die EZB auf die immer wieder allseits beteuerte Unabhängigkeit der europäischen Zentralbank hin. Bei dieser gesetzlich fixierten Unabhängigkeit müssen nun alle erkennen, daß sich die Euro-Staaten und deren Parlamente schon längst ihrer "Königsrechte" begeben hatten, nämlich über Gelder und Haushalte mit demokratischer Legitimation abzustimmen. Zur Wahrung dieses "Königsrechts" wird in Karlsruhe geklagt. Aber das interessiert seit dem 27. Juli 2012 realistisch betrachtet niemanden mehr. Über dem Bundesverfassungsgericht stehen die Gelddruckmaschinen der EZB. Und vor dem Hintergrund des europäischen Zentralbankgesetzes über die EZB, auf deren absolute Unabhängigkeit gerade Deutschland bestand, haben die Regierungen und Parlamente - wie sie jetzt erkennen - nur noch die Funktion von Statisten. Die Bundesverfassungsgerichts-Entscheidung im September wird nur rechtstheoretischen Wert für die Lehrbücher haben. ESFS und ESM sind nur noch "Strohpuppen", mit deren Töpfen - ohnehin viel zu klein - praktisch nichts anzufangen war.

Die Ankündigung der EZB wurde - entgegen aller früheren Bekundungen - plötzlich von Merkel und Schäuble mit positiven Kommentaren versehen. Sie müssen denn auch froh sein, dass die EZB diesen "Rettungsanker" geworfen hat. Die Politik war zu einer Lösung - insbesondere in angemessenen Zeiträumen - nicht fähig. Die EZB hilft aus der peinlichen Patsche. Siebzehn Wissenschaftler und Wirtschaftsweise bezeichneten die Politiker zu Recht als "Schlafwandler" - ideenlos und ohne jeglichen Antrieb !

Der Weg der EZB hat sicher auch vielfältige Risiken: Inflation, Enteignung der Sparer, Zerstörung der Werthaltigkeit der Altersrenten etc., etc. Aber alles ist wohl das kleinere Übel. Den Märkten und allen unabhängig Denkenden war klar geworden: Nur die EZB hält den Schlüssel für die Euro-Rettung in der Hand. Jetzt hat die EZB diesen Schlüssel ergriffen. Damit hat die EZB die gesamte europäische Politik von ihren Qualen erlöst. Merkel kann im Urlaub aufatmen. Politiker, die dies anders sehen, müssen sich von der EZB ausgetrickst sehen. So wie der Beamte Jens Weidmann von der Bundesbank. Gesetzestreu mag der Bundesbankpräsident mit seiner Kritik an der EZB-Druckerei Recht haben. Aber schon Helmut Schmidt zeigte in der Sturmnacht 1962 in Hamburg, als er gesetzeswidrig die Bundeswehr zur Hilfe rief, wie man in Notsituationen praktische Politik macht. Wenigstens EZB-Präsident Mario Draghi hat erkannt, dass nur über die indirekte Staatenfinanzierung mit der Notenpresse der Euro zu retten ist.

Nach Abschluß der Sturmflut-Rettungsaktionen ließ Helmut Schmidt die Deiche erhöhen, damit das Ganze nicht noch einmal passiert. Das heißt jetzt im Klartext, die Politik muss den Spardruck aufrecht erhalten und die Zeit des vorübergehenden Gelddruckens durch die EZB nutzen, um flankierende Maßnahmen in Gesetzeskraft zu gießen. Eine Bankenunion mit zentraler Bankenaufsicht durch die EZB reicht dafür überhaupt nicht aus ( die Banken-Zinsmanipulateure sind viel schneller als jede Aufsicht - die Kontrollaufsicht kann immer nur Monate später - wenn das Kind schon lange tot im Brunnen liegt - Aufklärung betreiben. Da hatte der ehemalige Chef der West-LB Luwig Poullain mit seinem Interview Recht. Der Autor dieses Beitrags ( siehe www.finanzierung-ohne-bank.de ) hat deshalb diskussionswürdige Vorschläge in anderen Veröffentlichungen gemacht.