Liebe geht DOCH durch den Magen: Salute! - oder: Auf eine wahre und dauerhafte Liebesbeziehung

Ja, es IST wahr: Liebe geht durch den Magen. Liebeskummer auch. Und so ist die Beziehung zu kulinarischen Genüssen oft dauerhafter als die zu manchen Menschen. Denn Glück und Glas sind zerbrechlich, das weiß schon der Volksmund zu berichten. Aber versuchen Sie einmal, eine Portion Spaghetti Bolognese auch nur zu knicken!

Mit Glas ist das bekanntermaßen so eine Sache, grundsätzlich und überhaupt. Mit Gläsern auch, genauso wie mit Porzellan: sie sind zerbrechlich. Weshalb man beides auch in Verpackungen verschickt, wenn man sie verschickt, die mit einem entsprechend warnenden Vermerk versehen sind. Was allerdings nicht immer hilft. Und auch nicht wirklich immer stimmt.

Die Dinge, die man zerbrechen möchte, erweisen sich grundsätzlich als unzerstörbar und werden auch einen Atomkrieg überstehen. Das weißt Du aus eigener Erfahrung; Bühnenrequisiten zum Beispiel bersten eigentlich nie, wenn man es von ihnen erwartet. Und auch das eine oder andere Wurfgeschoss in Wutsituationen hat sich schon als erstaunlich haltbar erwiesen, obwohl Du Dir doch so einen netten demonstrativen Knall und viele Scherben gewünscht hattest.
Andererseits kann bereits beim vorsichtigen Abspülen plötzlich etwas in der Hand zerbrechen, das vorher noch ganz robust aussah und es nach Deinem Wunsch auch hätte bleiben sollen.

In diesem Fall handelt es sich um eines der Gläser, die Du von Deinen Eltern geerbt hast. Das Set ist ohnehin in den letzten sechzig Jahren durch natürlichen Verschleiß reduziert worden und nun ist noch eines von Dir gegangen. Das ist ärgerlich. Und es ist traurig, weil mit den Überresten, die Du nun zusammensammelst, auch Erinnerungen in den Mülleimer wandern. Und da der Volksmund darauf besteht, dass nur zu Bruch gegangenes Porzellan Glück bringt, fällt es Dir schwer, der Sache etwas Positives abzugewinnen.

Deine Eltern nannten sie ihre „Vico-Torriani-Gläser“, da sie in der feinen Gravur auf den dünnwandigen Bechern, einem Mann mit Mandoline, irgendetwas sahen, was sie an diesen von ihnen hoch geschätzten Sänger und Entertainer erinnerte, vielleicht an einen seiner vielen Schlager.
Das waren die Fünfziger Jahre gewesen, die Du nur vom Hörensagen kennst; die Zeit, in der alle Deutschen nach Italien wollten, um dort Urlaub zu machen, egal ob im Kabinenroller oder in einer Isetta. Die Deutschen eroberten italienische Strände und im Gegenzug nisteten sich gigantische Korbflaschen in deutschen Wohnstuben ein.

Deine Familie kam nie bis Italien, sondern blieb immer bereits im Fränkischen bei der Verwandtschaft hängen. So entging Euch „la dolce vita“, abgesehen von der Musik. Neben Herrn Torriani machten sich Caterina Valente und schließlich Rita Pavone als deren beständige Lieferanten verdient, dann setzte das Verständnis Deiner Eltern aus. Adriano Celentano war schon deutlich zu modern für sie.
Was insofern schade war für Dich, als Du vor dem Stimmbruch nie wie Heintje singen und Deine Verwandtschaft deshalb auch nie mit Liedern bezaubern konntest und somit im Stimmbruch erneut keine Chance hattest.

Das waren die Siebziger Jahre und eher spät und zögerlich entdeckte Deine Sippe die italienische Küche.
Du erinnerst Dich noch gut an erste Pizzeria-Erlebnisse. Das Konzept überbackenen Käses hatte in Deiner mehr an Schnitzel und Haxen orientierten Umwelt eher Skepsis ausgelöst und Größe sowie Inhalt der Espressotassen zu Stirnrunzeln geführt.
Frühe Versuche, zu Hause eine Pizza zu rekonstruieren, endeten glimpflich, allerdings hatte das Resultat weder im Aussehen noch im Geschmack wirklich Ähnlichkeit mit dem, was die Profis so auf die Platte brachten.
Alle Bemühungen Deiner Mutter, Spaghetti Bolognese zu kopieren, gerieten zu durchaus nicht uninteressanten, insgesamt jedoch recht deutsch schmeckenden Varianten von „Nudeln mit Haschee“.
Und Salate mit Käse, Eiern, Thunfisch oder Schinken zu mixen, führte erst einmal zu Unverständnis.

Trotzdem, oder vielleicht auch gerade deswegen, war diese Zeit für Dich der Anfang von etwas Großem, der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Ja, man kann sagen, dass die Sehnsucht nach dem echten italienischen Geschmackserlebnis zu einer Liebesaffäre führte, die nun seit Jahrzehnten anhält.

Auch wenn Du Dich selbst nicht zu den großen Köchen zählst und sich einige Menschen, die meinten, Dich bekochen zu müssen, um Dein Herz zu erobern, Dich milde zu stimmen oder eine Gelegenheit zu haben, sich selbst den Bauch vollzuschlagen und einen anderen (nämlich Dich) mit dem Abwasch sitzenzulassen, schon bitterlich darüber beklagten, was alles in Deiner Küche NICHT vorhanden ist, das dort (Ihrer Meinung nach) unbedingt sein sollte, so gibt es doch einige Dinge, auf die Du nie verzichten würdest. Dazu gehören unter anderem auch ein leckerer Balsamico und gutes Olivenöl.

Die italienische Küche und Du, Ihr seid ein wirklich hübsches Paar geworden, daran haben auch wiederholte Abenteuer mit chinesischem Essen letztlich nichts geändert. Du gibst ernsthaft jedem, der Dich nach Deinem Lieblingsgericht fragt, zur Antwort: „Spaghetti mit Pasta“ - wobei die Menschen Dir an Deinen Augen ansehen, dass Du es auch so meinst.

Manche finden, Du solltest Dich deshalb in Therapie begeben. Glücklicherweise und zur Freude Deines Therapeuten gibt es dafür aber doch wesentlich bessere Gründe. Du hast noch nie mit ihm über die italienische Küche gesprochen. Vielleicht, weil diese Beziehung Dir doch zu ernst ist, zu wichtig … und insgesamt auch nur positiv und ausgesprochen konstant.
Sie dauert bereits wesentlich länger an, als jede Liebesbeziehung zu anderen Menschen bisher. Und sie hat Dich auch in der Vergangenheit bereits aus vielen seelischen Tiefs gerettet, gerade auch aus solchen, die durch Liebesnöte ausgelöst worden waren. Was, wenn Du es genau betrachtest, Deinem Therapeuten noch nicht wirklich geglückt ist. ...

Aus Anlass des 10jährigen Bestehens des Antiquariats „Buchbasalt“ in Alsfeld (Oberhessen) fand am Samstag, dem 14. Juli 2012, eine mehrstündige „Schaufensterlesung“ mit wechselnden belletristischen Beiträgen statt, an der sich zur Mittags(essens)zeit auch unser Autor Herbert Jost-Hof mit einer Ausgabe seiner „ExtremNews“-Kolumne „Liebe geht DOCH durch den Magen“ beteiligte. Das wechselhafte Wetter tat dem Spaß keinen Abbruch, verregnete aber leicht die Tonspur unserer Aufnahme.
Die komplette Kolumne sowie das kostenfreie Video zur Veranstaltung finden Sie unter:
www.extremnews.com/berichte/ernaehrung/bf9814006c722da

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Weiteres Pressematerial und Informationen zu Dr. Herbert Jost-Hof können Ihnen auf Anfrage zur Verfügung gestellt werden. Dr. Herbert Jost-Hof steht Ihnen gerne auch für Interview Wünsche bereit.

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