Was hat Libyen der NATO-Einsatz gebracht?

Der Human Development Index (HDI) der Vereinten Nationen ist ein Wohlstandsindikator für Länder. Er bewertet Länder nicht nur nach Bruttosozialprodukt, sondern berücksichtigt auch Faktoren wie Lebenserwartung, Ernährung, Hygiene und Bildungsgrad u.a. In der HDI-Rangliste von 2010 liegt Libyen im Bereich der hoch entwickelten Staaten vor Russland, vor China, vor Saudiarabien, vor der Türkei, vor den meisten südamerikanischen, ostasiatischen und afrikanischen Staaten. So umfasste die libysche Sozialversicherung der Einwohner z.B. die kostenlose medizinische Versorgung sowie Witwen-, Waisen- und Altersrenten.

Wie sieht es heute, ein Jahr nach dem Aufstand aus? Was hat Libyen der „humanitäre“ Bombeneinsatz der Nato gebracht?

Ein Jahr danach soll in Libyen nach Zeit-online Ernüchterung eingekehrt sein. So liest man aktuell in Zeit-online schon im Titel des Berichtes "Libyen nach der Revolution" das Zitat eines libyschen Unternehmers: "Es ist eine Diktatur, die wir jetzt wieder erleben". Im Land gebe es eine hohe Arbeitslosigkeit, Berichte über brutale Folter in den Gefängnissen, Fehden zwischen Regionen, Städten, Ethnien, Klans. Exrebellen aus den Städten Sintan oder Misrata würden sich in Wild-West-Manier regelmäßig Feuergefechte in der Hauptstadt Tripolis liefern.

Tagesschau.de. stellt ernüchternd fest: „Das also ist übrig geblieben von der Jamahiriya, der großen libyschen Volksmassenrepublik - ein Haufen Schutt und Schrott und Schwelbrände, die seit Wochen die Umwelt verpesten.“ (siehe Artikel: „Gaddafis langer Schatten liegt über Libyen“) Geschätzte 50.000 Menschenleben habe der Krieg in Libyen vernichtet. Bei sechs Millionen Einwohnern habe somit fast jede Familie einen Toten zu beklagen. Die Zahl der Vermissten werde auf mindestens 40.000 geschätzt.

Die ehemalige MI5-Agentin (britischer Inlandsgeheimdienst) Annie Machon sagte in einem Interview mit dem englischsprachigen, russischen Nachrichtensender RT, dass Libyen durch die humanitäre Intervention der NATO mit ihren über 26000 Luft-Einsätzen zurück in die Steinzeit gebombt worden sei. Vorher hätten die Leute freie Bildung, kostenlose Gesundheitsversorgung gehabt, hätten im Ausland studieren können. Wenn sie heirateten, hätten sie Geld bekommen. Die Leute würden in Zukunft nicht mehr die gleiche Lebensqualität genießen können. Frauen würden unter der Rebellenregierung wahrscheinlich wieder unterdrückt und das Volksvermögen durch westliche Konzerne abgeschöpft werden. (Vgl. u.a. youtube.com/watch?v=nuiO18wsdD)

Welche großen Möglichkeiten wurden auch noch zerstört?
Gaddafi hegte Pläne zur Einführung eines Gold-Dinars als einheitliche afrikanische Währung auf der Grundlage von Gold. (vgl. kopp-verlag.de: „Der Gold-Dinar und die Rettung der Weltwirtschaft vor Gaddafi“, 7.5.2011)
In den Monaten vor der Militärintervention habe Gaddafi die afrikanischen Nationen aufgefordert, sich zusammenzuschließen und diese neue Währung einzuführen, die ein Gegengewicht zum Dollar und zum Euro bilden sollte. Erdöl und andere Rohstoffe würden weltweit dann nur noch in Gold-Dinar gehandelt. Die meisten afrikanischen Staaten sollen begeistert gewesen sein. Die Umsetzung dieser Idee hätte natürlich die wirtschaftliche und weltpolitische Stellung der afrikanischen Staaten enorm gestärkt und die Ausbeutung Afrikas durch Konzerne gebremst. Denn dann hinge der Wohlstand einer Nation davon ab, wie viel Gold sie besäße und nicht, mit wie viel Dollar sie handelt. Libyen allein soll über 144 Tonnen Gold verfügt haben! Bei den meisten Industrienationen reicht die Goldmenge nicht aus, um sie als Währung in Umlauf zu bringen. Im Falle von Libyen und vielen anderen Golfstaaten ist/war das anders.

Was passiert jetzt nach der Zerstörung mit dem 1980 begonnenen und vor den Unruhen beinahe fertig gestellten gigantischen GMMR-Projekt zur Wasserversorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft für Libyen, Ägypten, Sudan und den Tschad? Was ist noch da und was wurde zerstört? In übermannsgroßen Rohren ließ Gaddafi fossiles Grundwasser aus tief liegenden Speichergesteinen der Wüste Sahara parallel zu großen Teilen der Küste Libyens transportieren, täglich mehr als 6 Mio. Kubikmeter Trinkwasser. Mit diesem Projekt wollte er, wenn es 2015 ganz fertig gestellt sein würde, eine “grüne Revolution” in Gang setzen und die Versorgung Afrikas mit Lebensmitteln verbessern und unabhängig machen.

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