Im Osten weiß, im Westen schwarz

Die Vielfalt der „Nichtfarben“ bestimmt den Auftritt des im Dezember 2010 in Wien fertig gestellten Nouvel-Towers. Jede Fassadenseite des 75 Meter hohen Hotelturms, der aus einem Sockel mit sechs Geschossen förmlich herauswächst, ist unterschiedlich gefärbt und geschnitten. Das Gebäude hat mit Ausnahme der Nordfassade, vollständig glatte Structural Glazing (SSG) Fassaden. Die vom CLIMAplusSECURIT-Partner ECKELT produzierten 15.000 m2 Fassadengläser sind zum Donaukanal hin in Grau, nach Osten in verspiegeltem Weiß, nach Westen Schwarz und nach Norden transparent mit unterschiedlichen Profilierungen. Zwei mehrgeschossige, spektakulär gestaltete Wintergärten verbinden beide Bauteile. Eine kaleidoskopartige Verglasung spiegelt die von der Künstlerin Pipilotti Rist gestaltete Lichtdecke des großen, westseitigen Wintergartens in unzähligen Facetten über die fünf Sockelgeschosse bis auf den Boden der Hotellobby.
Der Baukörper des Turmes respektiert den aktuellen Baubestand. Er tritt mit der leicht geneigten Fassade des Media-Towers in der Taborstrasse in Dialog und bildet mit diesem zusammen ein Tor zwischen der inneren Stadt und dem 2. Bezirk. Auf den gläsernen Dachschrägen stellt der Architekt mit den dicht gedrängten Parallelogrammen und Rauten in vier verschiedenen Grautönen und transparenten Gläsern einen Bezug zum Dach des nahe gelegenen Stephansdoms her. Das im 18. Stock gelegene öffentliche Restaurant „Le LOFT" ermöglicht den Gästen einen einmaligen Blick über Wien und bildet in mehrfacher Hinsicht den Höhepunkt im Nouvel-Tower. Nutzer des Turms sind das Fünfsterne-Hotel Sofitel Vienna Stephansdom und das Designcenter stilwerk.

Glas und Licht
Die Wirkung des Gebäudes wird wesentlich vom Wechselspiel der jeweils monochrom farbigen Fassaden mit dem Licht bestimmt. Für die außergewöhnliche Erscheinung sind rund 120 unterschiedliche Glastypen verantwortlich, wobei vorwiegend VARIO Isolierglas für eine perfekte Ganzglasoptik der Fassade verbaut wurde. Die Verglasungen des Erdgeschosses sowie des Panoramarestaurants im obersten Geschoss des Towers bestehen aus extra-weißem klarem SGG DIAMANT, das eine maximale Transparenz für den Einblick bzw. Ausblick ermöglicht. Für einen optimalen variablen Sonnen- und Blendschutz wurden 3.500 m2 ECKLITE Jalousiengläser eingesetzt. Durch die verschiedenen Tönungen und Neigungswinkel ändert sich die Erscheinung der gläsernen Fronten im Tagesablauf je nach Lichteinfall und Stimmungsänderung am Himmel.

Verglasung von Sockel und Innenhof
Für die Vertikal-Verglasungen des Gebäudesockels und Innenhofs wurden raumhohe SSG-Glaselemente mit Aluminiumprofilen und in die Isolierverglasung integrierten Mikrolamellenstores in den Breiten von 67,5 cm, 135 cm und 202,5 cm unregelmäßig angeordnet. Dabei bestand die Herausforderung darin, die gemäß dem architektonischen Konzept nach Himmelsrichtung vorgegebenen Nichtfarben, Grau, Schwarz, Weiß und verspiegelt zu erzielen. Für die schwarze Westseite wurde schwarz-grau getöntes SGG PARSOL mit zusätzlichem schwarzen Siebdruck auf Position 2 verwendet, für die graue Südseite transparentes Floatglas mit grauem Siebdruck auf Position 2. An der verspiegelten Ostseite kam das Sonnenschutzglas SGG ANTELIO mit einem umlaufenden Siebdruckstreifen zur Abdeckung des Randverbundes zum Einsatz.

Die Rautenfassaden der schräg liegenden Glasflächen bestehen aus unterschiedlich großen, grau getönten Glasmodulen mit Siebdruck auf der äußeren Glasebene in 4 verschiedenen Grautönungen sowie transparenten Gläsern. Um die Abstufung in vier verschiedene Grautöne zu erzielen, waren vorab zahlreiche Bemusterungen erforderlich. Von innen sollten die Abstufungen als unterschiedlich starke Tönung deutlich erkennbar sein. Das Außenbild sollte dagegen einheitlich sein. Nur durch einen 55%-Siebdruck auf der Position 1 der äußeren Glasebene war es möglich, dass der jeweilige Grauton sowohl auf durchscheinenden Verglasungen als auch auf Sandwichpaneelen von außen identisch aussieht.

Die Fassadengläser
An der West- und Südfassade lockern transparente vierteilige Fenster sowie Sandwichelemente und innenseitige Schiebeläden, die in unterschiedliche Richtungen öffnen, die ansonsten geschlossenen SSG Elementfassaden auf. Die Nordfassade ist ein unregelmäßiges Mosaik aus unterschiedlichen transparenten Ornamentgläsern und transluzenten Gläsern der SGG Masterglass-Reihe (SGG MASTER-LIGNE, SGG MASTER-POINT, SGG MASTER-CARRÉ und SGG MASTER-RAY). An der Ostfassade wurden seitlich raumhohe, verspiegelte SGG ANTELIO-Glaselemente verwendet, als Verglasung zur Durchsicht sowie als Sandwichpaneel. Sämtliche Elemente haben außen Isoliergläser mit integrierten Mikrolamellen. Die Gläser der Vorhangfassade des mittigen weißen Fassadenstreifens haben zwei, in die Verbund-Sicherheitsgläser eingelegte weiße Filme sowie einen weißen Siebdruck auf der Glasebene 2. Die raumhohe, doppelschalige Fassade des Panoramarestaurant hat außen eine 6 m hohe Einfachverglasung und innen eine Isolierverglasung. In dem Zwischenraum wird die Fassade über Glasschwerter ausgesteift. Die beiden Glasebenen haben einen Abstand von ca. 80 cm, der Zwischenraum ist für Reinigung und Wartung begehbar.

Innensicht
Das Farbkonzept setzt sich auch im Innenbereich fort. So sind alle Zimmer jeweils in Schwarz, Weiß oder Grau gestaltet. Im Fitnessbereich setzen Glastrennwände aus den Ornamentgläser SGG SILVIT und SGG LISTRAL sowie verspiegelten Gläsern ästhetische Akzente. Die Motive der Strukturgläser haben einen Bezug zum Wasser und Personen und Gegenstände hinter diesen Verglasungen wirken wie Schattenrisse. Wo opake, nicht durchscheinende Gläser erforderlich waren, wurden Ornamentgläser als VSG verwendet, bei denen die zusätzliche rückseitige Scheibe mittelgrau emailliert ist.

Der Hotel-Turm wird durch die konsequente (Nicht)Farbgestaltung in Verbindung mit der Gläser- und Formenvielfalt zu einem Gesamtkunstwerk, das eine markante Bauskulptur im Wiener Stadtbereich bildet.

Jean Nouvel
Der 1945 geborene Jean Nouvel gilt weltweit als einer der innovativsten und produktivsten Architekten. Der Absolvent der École Supérieure des Beaux Arts und Mitbegründer der französischen Architekturbewegung „Mars 1976“ verwandelt im Rahmen seiner Projekte Landschaften in städtebauliche Events.
Jean Nouvel realisierte eine Vielzahl ausgezeichneter Projekte, darunter das Arab World Institute (1987) und die Cartier Foundation (1994) in Paris, die EXPO 2000 in Hannover, den Gasometer A in Wien (2001) und das Reina Sofia Museum in Madrid sowie die SOHO Apartments in New York. Die Bauwerke von Jean Nouvel wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Goldene Löwe (Biennale Venedig), der Borromini Award oder der Aga Khan Prize.
Die 1994 gegründeten Ateliers Jean Nouvel zählen zu den größten Architekturbüros in Frankreich. Neben dem Hauptbüro in Paris betreibt Jean Nouvel Ateliers in London, Kopenhagen, Minneapolis, Rom, Madrid und Barcelona.