Wenn jedes Geräusch schmerzhaft ist - die unbekannte Krankheit Hyperakusis

Die Dusche muss mit Handtüchern schallgedämpft werden, Geschirrklappern verursacht körperliche Schmerzen, das Singen der Vögel stimmt einen nicht auf den nahenden Frühling ein, sondern ist eine einzige Tortur. Wer jegliches Geräusch als unerträgliche, körperlich schmerzhafte Belastung empfindet, leidet eventuell an Hyperakusis.
Hyperakusis ist eine nahezu unbekannte Krankheit. In Deutschland leiden derzeit ungefähr 500.000 Menschen an dieser Übersensibilität des Gehörs. Reaktionen des Erschreckens mit Zu- oder Abnahme des Blutdrucks, Herzjagen, Schweißausbrüche, Trockenheit des Mundes, Schmerzen – besonders im Ohren-/Kopfbereich: All dies sind Symptome, die auf eine Hyperakusis hinweisen können.
Damit die Krankheit Hyperakusis bekannter wird, hat die Hörakustik-Meisterin Gabriele Lux-Wellenhof 2006 die Gabriele-Lux-Stiftung ins Leben gerufen, die sich mit Hyperakusis, Tinnitus und AVWS (Auditorische Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung) beschäftigt.
Stifterin Gabriele Lux-Wellenhof hatte gute Gründe, hier aktiv zu werden: „Ich habe selbst an Hyperakusis gelitten – und war verzweifelt, weil es scheinbar keine Hilfe gab.“ Als Inhaberin von drei Hörgeräte-Studios hatte sie über Jahrzehnte mit Patienten reichlich Erfahrungen gesammelt. Daher war ihr klar, dass zu Hyperakusis, aber auch Tinnitus und AVWS deutlich mehr geforscht werden muss, um Patienten nachhaltig helfen zu können. „Vor allem müssen diese Krankheiten – insbesondere Hyperakusis – in der Öffentlichkeit bekannter werden. Die Betroffenen wissen häufig gar nicht, dass es hier durchaus Hilfe und Erleichterung gibt“, erklärt Lux-Wellenhof.
Bei Hyperakusis werden bereits Umweltgeräusche von geringer Lautstärke als außerordentlich belastend empfunden. Hohe oder laute Stimmen werden als unangenehm bis schmerzhaft geschildert. Unterhaltungen in größeren Gruppen, z. B. auf Familienfeiern, sind äußerst anstrengend, da es für die Betroffenen sehr schwierig bis unmöglich ist, einzelne Worte herauszuhören bzw. Gesprächen zu folgen.
„Natürlich ist auch der Berufsalltag betroffen: Wer an Hyperakusis leidet und beispielsweise mit mehreren Menschen in einem Raum arbeitet, wird binnen kürzester Zeit zermürbt“, schildert Lux-Wellenhof. „Krankschreibungen sind die Folge, oftmals der Verlust des Berufs.“
Das gesellschaftliche Leben nimmt bei manchen Menschen sogar so weit ab, dass sie sich kaum noch aus der Wohnung trauen. „Die wirtschaftlichen Schäden für die Allgemeinheit, die eine unerkannte und unbehandelte Krankheit verursacht, sind noch gar nicht eingerechnet“, ergänzt sie.
Parallel zur Stiftung eröffnete Gabriele Lux-Wellenhof im Zentrum Frankfurts das Hörakustik-Studio AKUSTIKA SPEZIAL für Hyperakusis-, Tinnitus- und AVWS-Patienten. „Patienten, die zu uns kommen, haben häufig das allererste Mal in ihrem Leben das Gefühl, dass sie verstanden werden. Dass ich selbst an Hyperakusis gelitten habe, ist bei der Behandlung von immensem Vorteil. Ich kann mir nicht nur vorstellen, was Patienten fühlen – ich weiß es“, erläutert sie.
Eine individuell abgestimmte Therapie sowie Kurse und Gruppentraining helfen den Betroffenen mit der Krankheit umzugehen. Herzstück der Behandlung der Geräuschüberempfindlichkeit ist der „Audiostimulator“. Durch ein leises und vom Benutzer einstellbares akustisches Angebot mit kontinuierlichem, breitbandigem Rauschen helfen diese kleinen, hinter dem Ohr zu tragenden Geräte dabei, dass Geräusche als nicht mehr so störend empfunden werden.
„Die Stimulation des auditorischen Systems hilft vielen Patienten ruhiger zu werden“, freut sich Lux-Wellenhof. „Sie können abends besser einschlafen und durchschlafen. Damit steigt die Konzentrationsfähigkeit, und die gesamte Lebenssituation des Patienten bessert sich. In 95 % aller Fälle fühlen die Patienten sich nicht mehr beeinträchtigt.“
Ausführliche Informationen über die Gabriele-Lux-Stiftung finden Interessierte auf www.gabriele-lux-stiftung.de. Wer sich genauer über Hyperakusis – aber auch Tinnitus und AVWS – informieren möchte, kann dies auf der Website www.ohrensausen.de.

Über die Gabriele-Lux-Stiftung
Gabriele Lux-Wellenhof war von 1980 bis 2006 Inhaberin von drei Hörgeräte-Geschäften in Frankfurt am Main. 2006 rief sie die Gabriele-Lux-Stiftung ins Leben und gründete das Tinnitus- und Hyperakusis-Zentrum AKUSTIKA SPEZIAL. Lux-Wellenhof hat mit verschiedenen in- und ausländischen Kliniken (z. B. in Bonn, Baltimore, Nottingham und Coles) zusammengearbeitet und diverse Studien begleitet. Sie ist Mit-Autorin des Buchs: „Tinnitus Retraining-Therapie. Die erfolgreiche Behandlungsmethode bei Ohrgeräuschen.“ (Hellweg, Lux-Wellenhof, Bühler. Irisiana-Verlag, München 2008, 3. Auflage).


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