Woran Horst Köhler scheiterte

Horst Köhler ist zurückgetreten, nachdem er für eine Äußerung auf dem Rückflug von seinem Kurzbesuch in Afghanistan unerwartet scharf kritisiert worden war. Wörtlich hatte der Bundespräsident dem Deutschlandradio gesagt, „dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen, negativ, durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen“.

Was Köhler da äußerte, ist nicht neu. So beinhaltet das aktuelle „Weißbuch der Bundeswehr“ aus dem Jahr 2006 unter „Grundlagen deutscher Sicherheitspolitik“ mehrfach variierte Aussagen über das „elementare Interesse“ der Bundesrepublik „an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen“. Deutschland sei „in hohem Maße von einer gesicherten Rohstoffzufuhr und sicheren Transportwegen in globalem Maßstab“ abhängig. „Störungen der Rohstoff- und Warenströme“ blieben nicht ohne Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohlstand in Deutschland.

In der Struck’schen Einleitung zu den „Verteidigungspolitischen Richtlinien für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung“ von 2003 steht zu lesen: „Unsere Sicherheit wird in Deutschland, in Europa, aber auch immer mehr an anderen Stellen dieser Erde verteidigt.“

Richtlinie Nummer 27 lautet: „Die deutsche Wirtschaft ist aufgrund ihres hohen Außenhandelsvolumens und der damit verbundenen besonderen Abhängigkeit von empfindlichen Transportwegen und -mitteln zusätzlich verwundbar.“

Schon die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ von Verteidigungsminister Volker Rühe definierten 1992 die „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt“ als eines der „vitalen Sicherheitsinteressen“.

Mit seiner umstrittenen Äußerung hat der Bundespräsident also etwas wiedergegeben, das seit bald zwanzig Jahren zur Doktrin des Bundesverteidigungsministeriums gehört.

Horst Köhlers Rücktritt wird nun zum Anlass genommen, auf ihn einzuhacken. Dabei ist der redliche Köhler letztlich daran gescheitert, dass eine Verteidigung Deutschlands „immer mehr an anderen Stellen dieser Erde“ (Peter Struck) – besonders aber in Afghanistan – immer schwieriger vermittelbar ist. Weil nämlich die Mehrheit der Bevölkerung der Auffassung ist, dass nicht nur deutschen Interessen, sondern auch dem Frieden in der Welt am meisten gedient wäre, würde unser Land aus allen militärischen Abenteuern herausgehalten.

Dr. Gerhard Frey


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