Guido Westerwelle ist der beste politische Redner

Berlin, 10. September 2009 – Guido Westerwelle, Angela Merkel und Oskar Lafontaine haben in den bisherigen vier Monaten Bundestagswahlkampf die besten Reden gehalten. Das ergibt eine Auswertung, die der Verband der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) heute in Berlin vorgestellt hat.

Seit Mai waren zunächst die Reden der Spitzenkandidaten auf den Wahlparteitagen bewertet worden, anschließend die Reden auf Kundgebungen und Veranstaltungen im so genannten Straßenwahlkampf. Insgesamt wurden rund 25 Reden bewertet, davon 16 bei Wahlkampf-Veranstaltungen in den vergangenen vier Wochen sowie die Reden bei der Generaldebatte des Bundestags zur Situation in Deutschland am Dienstag dieser Woche.

Bewertet wurden Aufbau und Struktur der Rede, verständliche Sprache, Stil (richtige Bilder, wenige Phrasen) und Argumentation (nachvollziehbar, logisch), aber auch Kriterien wie Körpersprache, Stimme, Glaubwürdigkeit und Inszenierung (Bühnenbild, Ablauf der Veranstaltung).

Bei der Zwischenauswertung nach den Wahlparteitagen haben neben Guido Westerwelle SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier und der Grünen-Spitzenpolitiker Jürgen Trittin die besten Noten für ihre Reden erhalten. Bei den Wahlkampf-Veranstaltungen konnten sich nun Bundeskanzlerin Angela Merkel und der frühere SPD-Politiker und heutige Spitzenkandidat der Linken, Oskar Lafontaine, behaupten. Politische Inhalte und politische Fähigkeiten der Redner wurden dabei nicht bewertet.

Die meisten Punkte bei der Auswertung erhielt wie schon im Bundestagswahlkampf 2002 der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle. Seine Reden sind gut strukturiert und seine Sprache klar und einprägsam. "Ihn zeichnen originelle Bilder und nachvollziehbare Argumentationen aus", erklärt Dr. Vazrik Bazil, Mitglied des VRdS-Vorstands, der die Auswertung der Wahlkampf-Reden leitet. Bei Themen rund um Soziales und Gerechtigkeit wirkt er allerdings zu glatt und verliert schnell an Glaubwürdigkeit.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich nach Beobachtung der Redenschreiber einen neuen Rede-Stil angeeignet, der von Erzählungen, privaten Geschichten und Zahlen in gut dosierten Mengen geprägt ist. "Ihre Reden verkörpern sehr gut den Wahlkampfstil einer Amtsinhaberin, die einnehmend und nicht konfrontativ ist", so Bazil.

Bei Oskar Lafontaine kamen im Vergleich zur Rede auf dem Wahlparteitag bei den Wahlkundgebungen seine Stärken zum Vorschein. "Kämpferisch bringt er verständlich und zugespitzt seine Meinungen auf den Punkt. Es gelingt ihm, einzelne Aspekte in größere Zusammenhänge einzubetten", so Bazil. Bei seinen Reden lauere aber stets die Gefahr von Demagogie.

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier attestieren die Redenschreiber, dass er die thematische Auseinandersetzung sucht, aber wenig strukturiert und zum Teil floskelhaft spricht. Dabei wirkt er dennoch oft kompetent. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin kann laut Auswertung rhetorisch scharf argumentieren und polarisieren. Seiner Parteikollegin und Mit-Kandidatin Renate Künast bescheinigen die Redenschreiber, dass sie im Straßenwahlkampf "viel besser als auf ihrem Wahlparteitag" war. Insbesondere lege sie bei ihren Reden "pädagogischen Eifer" an den Tag.

Der VRdS plädiert und fördert glaubwürdige, lebendige und verständliche Reden, in denen Botschaften vermittelt werden. "Zu oft sind politische Reden sehr unkonkret, hinreichend allgemein, um allseits zustimmungsfähig zu sein – und damit austauschbar", so VRdS-Präsidentin Minita von Gagern. "Die Austauschbarkeit mancher Wahlkampfreden zeigt die gedankliche und programmatische Unschärfe, die oft dahinter steckt."

Weitere Informationen zur Auswertung:
Verband der Redenschreiber deutscher Sprache
Dr. Vazrik Bazil
Seydelstraße 6
10117 Berlin
Telefon (030) 22002892
www.vrds.de


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