Wilhelmshaven: Auch Oberbürgermeister Eberhard Menzel spricht...

Im Hertie-Restaurant sitzen die Kinder an einem langen Tisch, haben vor sich Malblöcke und halten Buntstifte zwischen ihren kleinen Fingern, während www.2sechs3acht4.de Children-Scout Eberhard Menzel für ein sehr privates Gespräch zur Seite nimmt.

2sechs3acht4: In einer Kurzmeldung der Lokalzeitung steht heute der Satz „Auch OB Eberhard Menzel spricht.“ Das klingt so, als sei das etwas Weltbewegendes.
Eberhard Menzel: In meiner immer kleiner werdenden Welt ist das durchaus etwas Bewegendes. Und zwar so bewegend, dass ich an der Volkshochschule einen Rhetorik-Kursus belegt habe. Ehrlich gesagt, ich bin ein wenig aus der Übung gekommen.

2sechs3acht4 (tut erstaunter als eigentlich erforderlich): Aus der Übung? Beim Reden? Warum denn das?
Eberhard Menzel (verzieht die sprachlich wenig geübten Mundwinkel nach unten): In der SPD spricht niemand mehr mit mir, weil man mit meiner Personalpolitik nicht einverstanden ist. Ich werde geradezu geschnitten, seit ich das Thema Entlassung eines Dezernenten angeschnitten habe.

2sechs3acht4 (will alles tun, um aufrichtend zu wirken): Das war doch ein verständlicher Vorschlag. In einer Stadt, die kein Geld hat, um etwas zu gestalten, braucht man doch keinen Stadtplaner.
Eberhard Menzel (fasst ein wenig Mut): Schön, dass Sie das so sehen. Aber in der SPD sieht man das anders. Doch das ist nicht mein einziges Problem. Auch der Rat spricht nicht mehr mit mir.

2sechs3acht4 (ist bei diesem Gesprächsverlauf um einen guten Rat verlegen): Hab ich gelesen. Angeblich entscheiden Sie an den Politikern vorbei.
Eberhard Menzel (fasst noch mehr Mut): Dieser Vorwurf widerspricht meinem Politikverständnis. Ich entscheide nicht an den Politikern vorbei, ich entscheide für die Politiker.

2sechs3acht4 (kann bereits raten, was als Nächstes kommt): Auch die Jungsozialisten machen Ärger?
Eberhard Menzel: Die wollten wir auflösen. Geht aber nicht, sagen die. Die gehören angeblich irgendwie zur SPD. Wegen ihres Alters, wenn ich das richtig verstanden habe.

2sechs3acht4 (möchte immer weniger in der Haut des Gesprächspartners stecken): Das stimmt leider.
Eberhard Menzel (holt tief Luft): Wenn die Kinder nicht wären, die ich im Hertie-Restaurant so gern betreue, wäre ich völlig isoliert. (Ein Lächeln huscht über das Gesicht des Children-Scouts) Die hängen noch an meinen Lippen.

2sechs3acht4 (hat vor der Flucht aus dem Hertie-Restaurant das Schlusswort): Auch die werden älter.

Weg ist www.2sechs3acht4.de

Dies ist ein fiktives Interview mit dem Oberbürgermeister von Wilhelmshaven. Das erste ist nach der jüngsten Kommunalwahl erschienen. Eberhard Menzel reagierte darauf mit einer Klage vor dem Amtsgericht, scheiterte aber bereits in der mündlichen Verhandlung. „Herr Menzel muss schon sagen, weshalb er sich beleidigt fühlt“, entschied die Richterin. Am nächsten Tag zog der Oberbürgermeister seine Klage zurück. Einige dieser Gespräche sind bei http://stores.lulu.com/hwilmers erschienen.


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