Unternehmensnachfolge in mittelständische Betriebe

UNTERNEHMENSNACHFOLGE
IN MITTELSTÄNDISCHE BETRIEBE

Es geht um die Unternehmensnachfolge durch Familienmitglieder. Demnächst beschäftigen wir uns mit der Unternehmensübergabe an fremde Dritte durch Verkauf. Im einem weiteren Artikel besprechen wir den Verkauf an die eigenen Führungskräfte.

Der Traum der meisten Unternehmer besteht darin, ihr Unternehmen an Familienmitglieder zu übertragen und so den Bestand des Unternehmens innerhalb der Familie langfristig zu sichern. Nicht immer lässt sich dieser Traum aber verwirklichen und oftmals ist der Verkauf an fremde Dritte oder aber an Führungskräfte aus dem Unternehmer die durchaus bessere Lösung der Nachfolgefrage.

RECHTZEITIGE PLANUNG ERFORDERLICH
Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge beginnt mit der rechtzeitigen Vorbereitung. Als Mc Donalds-Chef Jim Cantalupo am 19.04. diesen Jahres völlig überraschend einem Herzinfarkt erlag, gab Mc Donalds am Tag nach seinem Tod bekannt, dass Charly Bell fortan den Posten des Chefmanagers übernehmen werde. Der schnelle Ersatz im Chefmanagement der Schnellrestaurantkette war kein Zufall, sondern Folge eines langen vorhandenen Nachfolgeplans. Solche Pläne gehören in den U.S.A. zum Tagesgeschäft und sie sind im übrigen Gegenstand einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin, des sog. „estate planning“.

In Deutschland ist demgegenüber zu beobachten, dass das Thema der Unternehmensnachfolge hinter das Tagesgeschäft zurückgestellt wird. Das hat verschiedene Ursachen, die wahrscheinlich auch auf die mittelständisch geprägte Struktur der Unternehmenslandschaft zurückzuführen sind. Zudem ist das Thema der Unternehmensnachfolge komplex und schwierig. Nichts desto trotz erfordert der langfristige Bestand des Unternehmens über Generationen hinweg die frühzeitige und intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema.

ÜBERGABEWERTER BETRIEB
Voraussetzung dafür, ein Unternehmen auf einen Dritten – ein Familienmitglied oder einen Fremden – zu übertragen, ist grundsätzlich ein übergabefähiger Betrieb. Betriebsübergaben, die aus Verlegenheit, möglicherweise um eine Liquidation oder gar eine Insolvenz zu verhindern, stattfinden, sind von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Unternehmen, die weder eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erwirtschaften noch die Arbeitstätigkeit eines Unternehmers angemessen vergüten, sind nicht – jedenfalls nicht ohne Sanierungsmassnahmen - nachfolgefähig. Familienfremde Dritte kaufen solche Unternehmen nicht und seinen eigenen Familienmitgliedern sollte man sie nicht zumuten.

GEEIGNETER NACHFOLGER AUS DER FAMILIE
Wer Eigentümer eines übergabefähigen Betriebes ist, benötigt einen übernahmebereiten und fähigen Unternehmensnachfolger. Die meisten mittelständischen Unternehmer wünschen sich eine Nachfolge innerhalb der eigenen Familie. Nicht immer liegen die Voraussetzungen hierfür aber vor.

WENN MEHRERE FAMILIENMITGLIEDER DAS UNTERNEHMEN ÜBERNEHMEN SOLLEN
Das Vorhandensein mehrerer Nachfolger bzw. Erben birgt Gefahren. Ist eine Realteilung des Vermögens auf die vorhandenen Erben nicht - jedenfalls nicht gerecht oder im Einklang mit dem Willen des weichenden Unternehmers - möglich, scheint zunächst die Übertragung des Unternehmens auf die vorhandenen mehreren Erben erforderlich. Das ist jedoch oftmals nicht sinnvoll. Zwar mag es ihnen dadurch – scheinbar - gelungen zu sein, Vermögen “gerecht” verteilt zu haben, die Berücksichtigung sämtlicher Erben allerdings führt nicht nur zur Zersplitterung der Geschäftsanteile sondern auch zu einer zwangsweise herbeigeführten langfristigen “Aneinanderkettung” aller Erben als Gesellschafter des Unternehmens. Es entsteht zusätzliches Konfliktpotential. Streit um Mitsprache- und Mitbestimmungsrechte auf Gesellschafter- und Geschäftsführerebene sind vorprogrammiert. Der Bestand des Unternehmens kann durch Kündigung oder unkontrollierte Abtretung von Geschäftsanteilen an familienfremde Dritte gefährdet werden.

Erhebliches Konfliktpotential ergibt sich auch bei vollkommen unterschiedlich gelagerten Interessen der gemeinsam in ein Unternehmen nachfolgenden Erben. Insbesondere solche Erben, die mit dem eigentlichen Geschäft des Unternehmens nicht unmittelbar konfrontiert sind, sondern deren „Unternehmereigenschaft“ sich im wesentlichen durch eine Kapitalbeteiligung manifestiert, haben im Unterschied zum operativ tätigen Erben oftmals ein erhöhtes Interesse an der Auszahlung von Dividenden. Wenn aber bei einem Teil der Familienmitglieder das kurzfristige Eigeninteresse an der Auszahlung von Gewinnanteilen die langfristige Sichtweise im Interesse der konservativen Erhaltung des Unternehmensvermögens überwiegt, verliert der Inhaber von Kapitalanteilen seine Qualität als Unternehmer und wird zum reinen Dividendenempfänger “seines” Unternehmens. Gerade der „Mittelstand“ ist aber auf eine ausreichende Kapitalausstattung der Gesellschaft angewiesen und der Entzug von Kapital kann zum existenzgefährdenden Problem werden.

WENN EIN FAMILIENMITGLIED DAS UNTERNEHMEN ÜBERNEHMEN SOLL
Auch die Übertragung des Unternehmensvermögens auf nur einen Nachfolger birgt Risiken für den Fortbestand des Unternehmens.
Weil der Wert des Unternehmens oftmals den übermäßigen Teil am Gesamtnachlaß darstellt (Sonderproblem sind darüber hinaus im Betriebsvermögen sich befindende Grundstücke), wird der Unternehmensnachfolger regelmäßig – auch zur Verhinderung von Pflichtteilsansprüchen - zur Zahlung von Gleichstellungsgeldern oder Ausgleichszahlungen an die weichenden Geschwister verpflichtet. Dies kann zu einer existenzgefährdenden Liquiditätsbelastung führen.
Schon im Vorfeld hierzu ergeben sich für den Alt-Unternehmer im Zusammenhang mit der Ermittlung der Höhe der Gleichstellungsgelder Schwierigkeiten bei der Feststellung des Werts des Unternehmensvermögens. Die Problematik besteht darin, den Wert des Unternehmens unter Berücksichtigung von stillen Reserven und der insoweit latent vorhandenen Steuerbelastung und darüber hinaus auch unter Berücksichtigung weiterer besonderer Geschäftsrisiken richtig zu ermitteln. „Was ist (m)ein Unternehmen wert?“ .... und .... „Welcher Wertansatz ist fair und kompromissfähig?“

Schließlich besteht bei Familienunternehmen die Gefahr, dass die nachfolgenden Generationen - statt das Unternehmen im Geiste des Unternehmensgründer weiterzuführen - durch Veräußerung des ererbten Unternehmens "Kasse machen" und sich als "Frührentner" zur Ruhe setzen. Die Übertragung an Familienmitglieder will also gut durchdacht sein.

BETRIEBSÜBERGABE UND UNTERNEHMERTESTAMENT
Die Betriebsübergabe in der Familie sollte immer zu Lebzeiten geplant. Trotzdem ist sie nicht immer auch zu Lebzeiten möglich. Deshalb halten wir ein Notfalltestament für unabdingbar.
Fehlt ein (Notfall-) Testament, kommt es zur gesetzlichen Erbfolge. Sie führt regelmäßig zur Bildung einer Erbengemeinschaft, bestehend aus dem Ehegatten des Verstorbenen sowie sämtlichen Kindern des Unternehmers – unter Einschluss nichtehelicher Kinder. Sie ist in der Regel völlig ungeeignet, die Vorstellungen des Unternehmers über die Fortführung seines Unternehmens zu verwirklichen. Oftmals führt die gesetzliche Erbfolge zu Streitigkeiten innerhalb der Familie und im schlimmsten Fall zur Vernichtung des Unternehmens und einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Familie.
Das Erstellen eines sinnvollen Notfalltestaments – das Unternehmertestament ist zwangsläufig ein Notfalltestament, denn der Unternehmer beabsichtigt an sich die Übertragung zu Lebzeiten - ist von eminenter Wichtigkeit und sollte nicht versäumt werden. Professionelle rechtliche und steuerliche Beratung ist erforderlich.

ZUM SCHLUSS

Eine Ideallösung bei der Unternehmensnachfolge ist eine Illusion. Normalerweise treten innerhalb der Familie Zielkonflikte auf, die unter Abwägung der verschiedenen Interessen innerhalb der Familie zu lösen sind. Und: Eine familieninterne Nachfolge ist nicht selbstverständlich. Es ist erfreulich, wenn sie funktioniert, sie darf aber nicht auf "Biegen und Brechen" durchgesetzt werden.

Für den Senior ist das Loslassen der wichtigste Faktor. Dabei lässt sich der Rückzug aus den verschiedenen Funktionen leicht regeln. Er kann in Etappen stattfinden. Zusätzlich muss jedoch die Bereitschaft bestehen, das Unternehmen auf ein Familienmitglied zu übertragen. Diese Bereitschaft muss von der Erkenntnis flankiert sein, dass damit nicht nur die Eigentümerstellung auf den Nachfolger übergeht, sondern auch die Entscheidungsbefugnis.

Den Junior sollte mit einem gehörigen Maß Eigenverantwortung an die Frage der Unternehmensnachfolge herantreten. An forderster Stelle sollten neben einer Reflexion der eigenen Stärken und Schwächen betriebswirtschaftliche Überlegungen und fundierte Planungen stehen. Ausschließlich auf emotionaler Ebene und familiärer Verbundenheit basierende Überlegungen sind keine guten Berater, wenn es um die eigene berufliche Zukunft und die Existenz der Jungunternehmerfamilie geht.

Die gelungene Unternehmensnachfolge selbst ist eine herausragende unternehmerische Leistung und lässt sich nicht nebenbei verwirklichen. Nehmen Sie hierfür professionellen Rat von auf Nachfolgefragen spezialisierten Beratern in Anspruch. Der Einsatz lohnt.

Der Autor
Rechtsanwalt Dr. Matthias Krayer
ist gleichzeitig Fachanwalt für Steuerrecht und Partner bei
Krayer & Kollegen
Philipp-Reis-Strasse 7
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