Billigste Arzneimittel und keine innovative Versorgung durch Rabattverträge?

Hamburg, 25. Januar 2008
Dreistellige Millionenbeträge an Einsparungen bei den Krankenkassen kontra Patientenversorgung auf unterstem Niveau - und das alles bei unklarer Rechtslage: Das Thema „Rabattverträge“ erhitzte die Gemüter beim „4. Eppendorfer Dialog zur Gesundheitspolitik“ am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf UKE. Während Dr. Hans Jürgen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes, für 2007 die Zahl von 100 Mio. Euro an Gesamteinsparungen durch die Vertragsabschlüsse mit der Industrie nennt, halten renommierte Juristen wie der Hamburger Anwalt Wolfgang Kozianka derartige Knebelverträge für einen weiteren Schritt in die Zwei-Klassen-Medizin. Der Anspruch der Versicherten auf eine Versorgung auf allgemein anerkanntem Stand der medizinischen Erkenntnisse - so Kozianka - sei damit nicht mehr erfüllbar. Unstrittig ist, dass die Gesundheitspolitik mit den neuen Rabattvertragsregelungen aus der Gesundheitsreform wieder einmal nicht zu Ende gedacht hat. So mündeten die hitzigen und konträren Auseinandersetzungen seit Inkrafttreten zuletzt in der Frage, welche Gerichtsbarkeit überhaupt zuständig ist. Eine klärende Entscheidung vor dem Europäischen Gerichtshof steht noch aus. Bis dahin ist alles offen. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände ABDA hält derweil mit einer erstmalig in der Öffentlichkeit vorgestellten Alternative dagegen: Das sogenannte Zielpreismodell soll bei ähnlichem Einsparpotenzial weniger rechtskritisch sein und vor allem mehr Flexibilität ermöglichen.

Rabattverträge: Wer gewinnt, wer verliert? So die Frage von Prof. Matthias Augustin, dem Initiator des Eppendorfer Dialogs. Regelmäßig beleuchtet Augustin im Rahmen dieser Dialog-Plattform ein umstrittenes gesundheitspolitisches Thema von allen Seiten. So kamen auch diesmal neben den Krankenkassen, die die großen Gewinner bei den Rabattverträgen sind, und der juristischen Betrachtung sowohl die Sicht der Apotheken, als auch die der Ärzte und der Pharmaindustrie zur Sprache. Krankenhäusern und Kliniken, die bislang eigene Rabatte ausgehandelt haben, so Dr. Alexander Kirstein (Kaufmännischer Direktor des UKE) fehlt durch Rabattverträge der Verhandlungsspielraum mit der Industrie - und das kostet Geld. Karl-Heinz Resch, Geschäftführer der ABDA, spricht von Umsetzungsproblemen, bürokratischem Mehraufwand und dem Verlust an Wahlfreiheit. Das Zielpreismodell sei - so Resch - ein transparentes und ohne Ausschreibung funktionierendes System mit deutlich mehr Spielraum auf allen Seiten. Die pharmazeutische Industrie sieht sich in die Ecke gedrängt durch ein Prinzip, das lautet „friss oder stirb“. Wer beim Preis-Dumping unterliegt, kann zumindest im Bereich dieses angebotenen Wirkstoffes kaum noch mit Absatz und Gewinnen rechnen. Henning Fahrenkamp (Hauptgeschäftsführer der Pharmazeutischen Industrie BPI e.V.) warnt vor Oligopol-Entwicklungen und den daraus entstehenden Preisdiktaten. Die Frage, woher im deutschen Gesundheitswesen zukünftig die Mittel für Forschung und Entwicklung kommen sollen, zumal wenn - wie von der AOK angestrebt - Rabattverträge auch für Original-Präparate durchgesetzt werden, bleibt unbeantwortet.

Viele fragen sich, wo in diesem System der Patient und das eigenverantwortliche Handeln der Ärzte bleiben. Deutschlands weltweites Image als „Apotheke der Welt“ scheint durch die Rabattverträge ein Stück mehr zu bröckeln. Im Auditorium fragte man sich, ob Ökonomie wirklich immer Trumpf ist.


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