Gas-Reaktionäre treiben Spaltung Boliviens voran

Ostprovinzen beantworten Verfassungsentwurf mit Autonomie-Ankündigung

Von Martin Müller-Mertens

Illegal – dieses Wort gebrauchten beide Seiten in Boliviens Staatskrise am Wochenende ausgiebig. Während die gewählte Regierung einen neuen Verfassungsentwurf vorstellte, verkündete die Reaktion in mehreren westlichen Provinzen ihre Autonomie. Sie sitzt auf umfangreichen Gasreserven, will sich zudem der angestrebten sozialen Umgestaltung entgegenstellen. Die Kräfteverhältnisse in dem südamerikanischen Land sind dabei noch nicht klar.

Gültig ist die neue Verfassung noch längst nicht. Am Sonntag übergab die Präsidentin des Konvents, Silvia Lazarte, zunächst den Entwurf, bei dem die Untergrenze für Großgrundbesitz – eines der umstrittenen Themen – noch gar nicht fixiert wurde. Zwar feierten bereits Tausende den Entwurf in einem „Marsch für Demokratie“, doch muß das Papier zunächst in einem Referendum verabschiedet werden. Die jüngste Volksabstimmung in Venezuela zeigte, daß dies alles andere als ein Selbstläufer ist.

Während am Regierungssitz La Paz etwa eine Pflicht zur sozialen Bewirtschaftung des Bodens angestrebt und Bolivien erstmals als Nationalitätenstaat beschrieben wird, geht der Reaktion des Landes bereits die jetzige Politik zu weit. Parallel zur Übergabe des Verfassungsentwurfs verkündeten die Führer der Provinzen Santa Cruz, Tarija, Beni und Pando sogleich die Autonomie ihrer Landesteile. Diese bilden den sog. Bolivianischen Halbmond – den östlichen Landesteil mit beachtlichen Erdgasvorkommen, der dem bäuerlich-indianisch geprägten und deutlich ärmeren Westen gegenübersteht.

Dabei ist der Verfassungsentwurf bereits ein deutlicher Kompromiß. So ist die Wiederwahl des Präsidenten auf ein mal beschränkt. Auch das Wort Sozialismus kommt, entgegen Morales Plänen, im neuen Grundgesetz nicht vor. Die seit langem nach Selbständigkeit strebenden Ostprovinzen fordern jedoch die eigenständige Verwendung der Gasvorkommen – vor allem sind sie gegen die Beteiligung des Westens an den Einnahmen – und eine eigenständige Polizei. Beobachter sehen darin den Schritt zu einer praktischen Unabhängigkeit.

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17.12.2007: | | |