Stefan Kühn: US-Wahlen 2024 SPEZIAL - Ein Pulverfass für Wirtschaft und Märkte

Stefan Kühn Ökonom, analysiert die ungewisse Dynamik des US-Wahlkampfs 2024 und beleuchtet die möglichen politischen und wirtschaftlichen Folgen eines Wahlsiegs von Kamala Harris oder Donald Trump.

Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die wahrscheinliche Instabilität der Wahl und die daraus resultierenden Unsicherheiten für die Märkte sowie die langfristigen Auswirkungen auf Staatsverschuldung, Arbeitsmarkt und Inflation.

Die Wahlen in den USA finden am Dienstag, den 5. November 2024 statt, aber es ist schwer vorherzusagen, wann das Endergebnis bekannt sein wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer angefochtenen Wahl" kommt, liegt laut Kühn bei fast 100 Prozent, da sich beide Parteien bereits auf Rechtsstreitigkeiten vorbereitet haben. Trump selbst hat angekündigt, das Wahlergebnis anzufechten, sollte er verlieren, und eine Entscheidung des Supreme Court gilt angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse in den einzelnen Bundesstaaten als wahrscheinlich.

Kühn sieht in diesem Wahlkampf ein beispielloses Ereignis, geprägt von Überraschungen, Regelbrüchen und einem rauen Ton, der vor allem Donald Trump offenbar nicht geschadet hat. Vor allem bei jungen Männern habe Trump mit seiner "anti-woke" - Haltung an Zustimmung gewonnen. Die aufgeheizte Stimmung führte sogar dazu, dass im umkämpften Maricopa County in Arizona Scharfschützen auf dem Dach des Wahllokals postiert wurden und einige Bundesstaaten die Nationalgarde in Alarmbereitschaft versetzten. Trotz seines Stils könnte der 78-Jährige bei einem Wahlsieg der älteste Präsident in der Geschichte der USA werden - im Gegensatz zur 60-jährigen Kamala Harris. Dieser Kontrast zwischen den Kandidaten spiegelt sich auch in ihren wirtschafts- und sozialpolitischen Programmen wider, die Kühn als entscheidende Richtungswahlen für die USA sieht.

Key-Positionen von Stefan Kühn

Wahlprozess und Instabilität:

Kühn geht davon aus, dass die Wahlen hart umkämpft und Rechtsstreitigkeiten unvermeidlich sein werden. Er weist darauf hin, dass sich beide Seiten mit Anwälten und logistischen Ressourcen auf eine langwierige und möglicherweise chaotische Nachzählung vorbereitet haben. Insbesondere Donald Trump hat bereits signalisiert, im Falle einer Niederlage das Wahlergebnis anzufechten, was die politische Unsicherheit erhöht.

Wirtschaftspolitische Positionen der Kandidaten und die Konsensprognosen:

Kamala Harris: Kühn beschreibt Harris' Wirtschaftspolitik als europäisch-sozialdemokratisch. Ihre Pläne sehen Steuererhöhungen für Reiche, Entlastungen für die Mittelschicht und eine Stärkung des Sozial- und Gesundheitssystems vor. Dadurch könnte sich das Haushaltsdefizit in den kommenden Jahren lt. Konsensprognosen um rund 4 Billionen US-Dollar erhöhen. Trotz dieser sozialdemokratischen Tendenzen erwartet Kühn, dass Harris die europäischen Verbündeten zu mehr Engagement drängen und auch protektionistische Maßnahmen einsetzen wird - wenn auch abgeschwächter als Trump.

Donald Trump: Trumps Politik wird als rechtsnational und stark protektionistisch charakterisiert, mit einem Fokus auf "Schutzzöllen", die allerdings den US-Verbrauchern eher schaden, indem sie die Importpreise und damit die Inflation erhöhen. Kühn weist darauf hin, dass Trumps Steuerpolitik das Haushaltsdefizit lt. Konsensprognosen noch weiter erhöhen könnte, wahrscheinlich um 8 Billionen USD in den nächsten vier Jahren.

Mögliche Auswirkungen auf Inflation und Arbeitsmarkt:

Sollte Trump mit einem "Red Sweep" (d.h. einer republikanischen Mehrheit in beiden Häusern) durchregieren können, rechnet Kühn mit deutlichen inflationären Effekten durch Zölle, Staatsverschuldung und geplante Massendeportationen. Diese Maßnahmen könnten langfristig das Angebot an billigen Arbeitskräften verknappen und zu inflationär wirkenden Lohnsteigerungen führen.

Harris' sozialpolitische Maßnahmen könnten einen moderateren Einfluss auf die Inflation haben, da sie eher auf langfristige strukturelle Anpassungen setzt.

Finanzmärkte und Vermögensklassen:

Kurzfristig dürfte sich ein Wahlsieg Trumps positiv auf die Aktienmärkte auswirken, da seine Wirtschaftspolitik Steuererhöhungen vermeidet und keine neuen Steuern auf Kapitalerträge vorsieht. Ein Wahlsieg von Harris, insbesondere im Falle eines "Blue Sweep" " (d.h. einer demokratischen Mehrheit in beiden Häusern), könnte hingegen zu einer Korrektur an den Aktienmärkten führen.

Kryptowährungen, insbesondere Bitcoin, dürften laut Kühn bei einem Wahlsieg von Harris unter Druck geraten, da sie sich für eine stärkere Regulierung und den Schutz von Anlegern einsetzt.
Als klaren Gewinner dieser politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten sieht Kühn Gold.
Geopolitische Risiken, die wachsende globale Verschuldung und die zunehmende Abkehr der BRICS

Langfristig sieht Kühn erhebliche Auswirkungen auf den Geldmarkt und die Aktienkurse:

Ein Wahlsieg Trumps könnte durch steigende Staatsverschuldung und Schutzzölle eine Inflationsspirale in Gang setzen, die mittelfristig Druck auf den Geldmarkt ausüben und zu steigenden Zinsen führen könnte. Dies könnte die Aktienkurse zunächst beflügeln, wenn die Unternehmen von Steuererleichterungen profitieren, längerfristig aber die Volatilität und das Risiko von Kurseinbrüchen erhöhen.

Umgekehrt könnte ein Wahlsieg von Harris zwar zu mehr Regulierung und Steuererhöhungen führen, was kurzfristig in einigen Sektoren zu sinkenden Aktienkursen führen könnte. Langfristig erwartet Kühn jedoch ein stabileres Umfeld für den Geldmarkt, da Harris' wirtschaftspolitische Agenda die Inflation durch eine breitere Steuerbasis und eine gerechtere Umverteilung eindämmen könnte. In beiden Szenarien sieht Kühn Gold als stabilen Gewinner, während Anleihen und Aktien je nach Wahlausgang erheblichen Schwankungen ausgesetzt sein werden.

Historisch betrachtet hat der US-Dollar häufig auf politische Richtungswechsel reagiert:

Unter republikanischen Präsidenten mit protektionistischer Agenda tendierte er kurzfristig zur Aufwertung, oft gefolgt von langfristiger Volatilität aufgrund steigender Staatsverschuldung; unter demokratischen Präsidenten mit Fokus auf Regulierung und Sozialausgaben hingegen zeigte er oft Stabilität, allerdings begleitet von leichtem Abwertungsdruck, da expansive Fiskalpolitik höhere Haushaltsdefizite mit sich brachte.

Kühns Fazit: Unabhängig vom Wahlausgang sollten sich Europa, die Finanzmärkte und Investoren auf eine Phase erhöhter Volatilität und geopolitischer Unsicherheit einstellen - ein Umfeld, das strategische Diversifikation und verstärktes Risikomanagement unabdingbar macht.

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Stefan Kühn ist Betriebswirt und Ökonom; er befasst sich seit einigen Jahren mit den volkswirtschaftlichen Veränderungen und der Interdependenz der Märkte sowie der politischen Einflussnahme in Bezug auf Unternehmen, Gesellschaft und den Geldmarkt. Er vertritt die These, dass es sich bei makroökonomischen keynesianischen und neu-keynesianischen Modellen meistens um vollständig interdependente ökonomische Systeme handelt, die nicht rekursiv, sondern nur simultan gelöst werden können. Dabei betrachtet er nicht allein rein wissenschaftliche Methoden, sondern bezieht seine Erkenntnisse aus seiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmer und Consultant des Managements überwiegend börsennotierter Unternehmen.

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