Ausländisches Unternehmen darf Aktien in Deutschland ohne Ausnahme nur mit einem Prospekt anbieten - von Dr. jur. Horst Werner

Die Wertpapieraufsicht hat einem englischen Unternehmen untersagt, ihre Aktien mit einem größeren Volumen öffentlich in Deutschland anzubieten.

Die Untersagung erfolgte, weil das Unternehmen eigene Aktien ohne den erforderlichen BaFin-Prospekt öffentlich anbietet. Ausnahmen von der Prospektpflicht waren nicht ersichtlich. Bei den Aktien kann es sich um Inhaberaktien oder Namensaktien, die ins Aktienbuch einzutragen sind, handeln. Namensaktien werden regelmäßig mit einer Vinkulierung versehen, wodurch die Übertragbarkeit der Aktien nur mit Zustimmung der Gesellschaft zulässig ist. Die Aktien können als vollstimmberechtigte Stammaktien oder als eingeschränkt stimmberechtigte Vorzugsaktien ausgegeben werden. Aktien werden regelmäßig als Stückaktien mit einem rechnerischen Wert von Euro 1,- ausgegeben; sie können jedoch auch mit einem festen Nennwert von Euro 1,- ( = Nennwert-Aktien ) oder höher versehen werden.

Anleihe- oder Aktienemssionen sind unter bestimmten Umständen prospektfrei mit Millionenbeträgen nur mit einem Wertpapier-Informationsblatt (WIB) zulässig, so Dr. Horst Werner ( www.finanzierung-ohne-bank.de ). Der deutsche Gesetzgeber hat die in der EU-Verordnung vorgesehene Möglichkeit der Liberalisierung von Wertpapieremissionen mit einem neuen Gesetz vom Juli 2018 ausgeschöpft. Das „Gesetz „Zur Ausübung von Optionen der EU-Prospektverordnung und zur Anpassung weiterer Finanzmarktgesetze“ ist im Juli 2018 durch Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Bei öffentlichen Angeboten von Wertpapieren, deren Gesamtgegenwert im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) weniger als 8 Millionen Euro beträgt, ist künftig kein Wertpapierprospekt mehr notwendig. Stattdessen genügt es, ein – wesentlich kürzeres – max. dreiseitiges Wertpapier-Informationsblatt (WIB) zu erstellen, bei der BaFin zu hinterlegen und nach BaFin-Billigung zu veröffentlichen.

Maßnahmen der Wertpapieraufsicht gegen Prospektpflichten sind nicht gleich bestandskräftig. Sie sind aber sofort vollziehbar.

Die Finanzaufsicht hatte bereits zwei Monate zuvor bekannt gemacht, dass ein hinreichend begründeter Verdacht bestand, dass die betreffenden Wertpapiere ohne den erforderlichen Prospekt in Deutschland öffentlich angeboten wurden. In Deutschland dürfen Wertpapiere grundsätzlich bei einem Volumen von über € 8 Mio. nicht ohne die Veröffentlichung eines von der BaFin zuvor gebilligten Prospekts öffentlich angeboten werden. Das öffentliche Angebot von Wertpapieren ohne einen gebilligten Prospekt stellt – sofern keine Bereichsausnahme greift – einen Verstoß gegen die Prospektpflicht nach Art. 3 Absatz 1 der EU-Prospektverordnung dar.

Im einem Prospektbilligungsverfahren prüft die Wertpapieraufischt, ob der Prospekt die gesetzlich geforderten Mindestangaben enthält und ob sein Inhalt verständlich und kohärent (widerspruchsfrei) ist. Es gehört jedoch nicht zu ihren Aufgaben, die Prospektangaben auf inhaltliche Richtigkeit zu prüfen, die Seriosität des Emittenten zu beurteilen und das Produkt zu kontrollieren.

Anbieter und Emittenten haften für die pflichtwidrige Nichtveröffentlichung eines Prospekts (§ 14 Wertpapierprospektgesetz – WpPG). Die Prospektverantwortlichen haften für die Richtigkeit und Vollständigkeit der im Wertpapierprospekt getätigten Angaben (§§ 9 bzw. 10 WpPG).

Ein Verstoß gegen die Prospektpflicht kann mit einer Geldbuße von bis zu fünf Millionen Euro bzw. drei Prozent des Gesamtumsatzes des letzten Geschäftsjahres geahndet werden. Geldbußen können auch bis zum Zweifachen des aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteils verhängt werden.

Die Finanzaufsicht rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, Investitionen in Wertpapiere immer nur auf der Grundlage der erforderlichen Informationen zu tätigen.

Ob für ein öffentliches Angebot von Wertpapieren ein gebilligter Prospekt bei der Wertpapieraufsicht hinterlegt ist, können Interessenten in der Datenbank der Finanzaufsicht für hinterlegte Prospekte recherchieren.