Unverbriefte Namensschuldverschreibungen sind Vermögensanlagen und können auch Wandelanleihen sein - von Dr. jur. Horst Werner

Namensschuldverschreibungen ( Anleihen ), die als Vermögensanlagen im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 6 Vermögensanlagengesetz ( VermAnlG ) zu qualifizieren sind, stellen bereits seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagen- und Vermögensanlagenrechts vom 01.06.2012 Finanzinstrumente im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 2 Kreditwesengesetzes ( KWG ) dar. Sie können als Wandelanleihe mit einer Wandlungsoption in Eigenkapital umgewandelt werden, ohne dass das Wertpapierprospektgesetz zur Anwendung kommt. Eine Inhaberschuldverschreibung oder Namensschuldverschreibung gem. § 793 Bürgerliches Gesetzbuch ( BGB ) gilt dann als Wandelanleihe ( convertible bond oder Wandelschuldverschreibung ), wenn die Schuldverschreibung mit einem späteren Umtauschrecht oder Wandlungsrecht in Aktien verbunden ist oder mit sonstigen Gesellschaftsrechten des emittierenden oder eines anderen Unternehmens ausgestattet ist. Die Wandelanleihe gibt dem Anleihegläubiger das Recht, den Nennwert der Anleihe in eine festgelegte Anzahl von Aktien des die Anleihe emittierenden Unternehmens umzutauschen und damit vom Gläubiger zum Aktionär zu werden. Dann verzichtet der Anleihegläubiger auf die Rückzahlung seines Anleihedarlehens, das in einem festgelegten Umtauschverhältnis mit der Übernahme von Aktien verrechnet wird. Somit verringert sich das Fremdkapital der Gesellschaft, während das Eigenkapital zunimmt.

Die unverbriefte ( urkundslose ) Namensschuldverschreibung ist als Finanzinstrument eine Vermögensanlage gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 6 des Vermögensanlagengesetzes ( VermAnlG ) und kapitalmarkt- bzw. KWG-rechtlich zulässig, aber grundsätzlich BaFin-prospektpflichtig. Als Anleihe ist die Namensschuldverschreibung jedoch dann gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 VermAnlG von der Prospektpflicht ausgenommen, wenn nicht mehr als 20 Namensschuldverschreibungen pro Emissionsunternehmen angeboten oder pro Jahr nicht mehr als Euro 100.000,- gezeichnet werden ( Bagatellgrenzen ) oder für jede Namensschuldverschreibung eine Mindestbeteiligung von Euro 200.000,- gilt.

Eine Wandelanleihe ( auch Wandelschuldverschreibung, Wandelobligation oder convertible bond ) ist eine von einer Anteilsgesellschaft ausgegebene und in der Regel mit einem Zins ausgestattete Schuldverschreibung, die dem Inhaber das Recht einräumt, sie während einer Wandlungsfrist zu einem vorher festgelegten Verhältnis in Aktien einzutauschen. Nimmt der Anleger sein Umtauschrecht nicht wahr, so wird die Anleihe zum Ende der Laufzeit zur Rückzahlung fällig. Wenn dieses Wahlrecht bei der Aktiengesellschaft liegt, wird dies als sogen. „Umgekehrte Wandelanleihe“ bezeichnet. Wenn die AG dann ihr Wahlrecht ausübt, wird die Übernahme der Aktien durch den Anleger zur Pflicht ( = Pflichtwandelanleihe gem. § 221 Abs. 1 AktG ). Kursverluste einer Börsen-Wandelanleihe sind grundsätzlich durch den Rückzahlungsanspruch des Anlegers zum Nennwert abgesichert, soweit sich der Emittent keine Pflichtwandlung vorbehalten hat.

Schuldverschreibungen ( = Anleihen, Bonds oder auch Rentenpapiere genannt ) und Schuldscheindarlehen sind schuldrechtliche Verträge gemäß den §§ 488 ff, 793 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches ( BGB ) mit einem Gläubiger-Forderungsrecht ( „Geld gegen Zins“ ). Schuldverschreibungen können also namenlos auf den Inhaber (der verbrieften Wertpapiere) lauten ( = Inhaberschuldverschreibungen ) oder auf den Namen des Eigentümers der Schuldverschreibung ausgestellt werden; dann spricht man von einer Namensschuldverschreibung. Sofern die Namensschuldverschreibung nicht als Wertpapier verbrieft wird und die Fungibilität ausgeschlossen ist, gilt sie als Vermögensanlage im Sinne des Vermögensanlagengesetzes und fällt nicht unter das Wertpapierprospektgesetz. Die Schuldverschreibung wird regelmäßig einer Mehrzahl von Anlegern angedient und dafür in kleinere Teilbeträge nominell aufgeteilt. In diesem Falle spricht man von einer „Teilschuldverschreibung“ ( z.B. Nennwert pro Anleihe Euro 100,- ). Die Schuldverschreibung kann neben einem festen oder variablen Zins ( z.B. Stufenzins ) auch mit einem ergebnisabhängigem Gewinnanteil ausgestattet werden. In diesem Falle handelt es sich um eine sogen. „Gewinnschuldverschreibung“. Ist die Auszahlung der Verzinsung auf den Zeitpunkt der Rückzahlung als Ablaufdatum verschoben, so spricht man von einer „Nullkoupon-Anleihe“ oder auch von einem „Zero-Bond“. Anleihen als Namensschuldverschreibungen werden von Unternehmen zur Finanzierung mit einer jährlichen Festverzinsung ausgegeben. Anleihen und Namensschuldverschreibungen sind deshalb nichts anderes als formalisierte wertpapierorientierte „Darlehen“. Sie stellen bilanzrechtlich Verbindlichkeiten dar und werden mit einem gebundenen Zins zur Unternehmensfinanzierung auf Zeit ausgegeben.

Da Wandelanleihen das Recht oder die Pflicht auf Umtausch der Anleihe in Aktien des Emittenten beinhalten, ist zunächst von der Hauptversammlung der jeweiligen Aktiengesellschaft ein entsprechender Beschluss zur Schaffung des sogen. bedingten Kapitals notwendig, aus dem bei der Wandlung die entsprechenden Aktien genommen werden. Als Bedingtes Kapital ( §§ 192–201 AktG ) wird der Wert oder die Anzahl von Aktien bezeichnet, die die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft zur Emission möglicher Wandelanleihen oder Aktienoptionsprogramme vorab durch eine Drei-Viertel-Mehrheit genehmigt hat. Die bedingte Kapitalerhöhung ist in Deutschland betragsmäßig auf die Hälfte des bereits vorhandenen Grundkapitals beschränkt. Das Gleiche gilt im Aktiengesetz in Österreich und in der Schweiz gem. Art 653 a OR.

Der Wandlungsanspruch des Anlegers auf Umtausch seiner Anleihe in Aktien kann nicht ausgeschlossen werden. Sonst ist es keine Wandelanleihe !

Der Nominalzins, mit dem eine Wandelanleihe ausgestattet ist, liegt meist unter dem jeweiligen Zins des Kapitalmarkts. Die Emission setzt einen Hauptversammlungsbeschluss mit Dreiviertelmehrheit voraus. Den Aktionären steht somit ein gesetzliches Bezugsrecht zu. Zum Ausgleich des Kursunterschiedes zur Aktie der Gesellschaft wird ein Wandlungs- bzw. Umtauschverhältnis festgelegt. Nicht gewandelte Schuldverschreibungen werden am Ende der Laufzeit getilgt, es sei denn, in den Wandelanleihen-Bedingungen ist eine Wandlungspflicht festgelegt. Solche Wandelanleihen werden am Ende der Laufzeit pflichtgewandelt.

Ist der Emittent einer Wandelanleihe nicht mit der Aktiengesellschaft identisch, deren Aktien als Basiswert für die Wandelanleihe dienen, so spricht man nicht von einer Wandelanleihe, sondern von einer Umtauschanleihe.

Zinsen und Erträgnisse aus Namensschuldverschreibungen unterliegen der Kapitalertragsteuer gemäß dem § 20 Einkommensteuergesetz, die in ihrer Höhe auf 25 % zzgl. Soli-Zuschlag und Kirchensteuer gedeckelt ist, was sich aus der Einordnung als „Abgeltungsteuer“ gemäß den §§ 44 ff Einkommensteuergesetz ergibt – mit 25 % zzgl. Solizuschlag und Kirchensteuer ist alles „abgegolten“.

Namensschuldverschreibungen beinhalten bei steueroptimaler Gestaltung auch für Kapitalgeber gewisse Steuervorteile: Die Anleger müssen z.B. die Erträgnisse bzw. die Zinsen auf die festverzinslichen Kapitalanlagen gem. § 20 Abs. 1 Einkommensteuergesetz ( EStG ) als Einkünfte aus Kapitalvermögen erst im Zeitpunkt des Geldzuflusses von Zinsen bzw. beim Mittelabfluss aus dem Unternehmen versteuern. Die Abgeltungsteuer wird in der Form der Quellensteuer ( d.h. an der „Quelle“ bei dem ausschüttenden Unternehmen im Wege des Vorwegabzuges erhoben, so dass das Unternehmen verpflichtet ist, für den Anleger bei den Zinsauszahlungen gleich die Abgeltungsteuer einzubehalten und diese direkt zugunsten des Anlegers an das Finanzamt abzuführen ). Wenn die Abgeltungsteuer als Quellensteuer nicht abgeführt wird und die Kapitalertragsteuer somit nicht gezahlt wird, haften sowohl der Anleger als auch das Unternehmen für die ausstehenden Steuerzahlungen ( wie bei der Lohnsteuer ).

Dem Investor ist von dem Unternehmen über die für ihn gezahlte Abgeltungsteuer eine Steuerbescheinigung zur Vorlage bei seinem Wohnsitzfinanzamt auszustellen. Dem Anleger wird dann die gezahlte Abgeltungsteuer auf seine Einkommensteuerschuld angerechnet.

Die Kapitalertragsteuer-Freibeträge in Höhe von Euro 801,- und Euro 1.602,- (bei Zusammenveranlagung) können beim Lohnsteuerjahresausgleich bzw. bei der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.

Die Dr. Werner Financial Service AG ( dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de ) erarbeitet und erstellt Vertrags- und Zeichnungsunterlagen gemäß den Bereichsausnahmen des Vermögensanlagengesetzes oder des Wertpapierprospektgesetzes ohne Prospekt mit bloßem Beteiligungs-Exposé oder einen entsprechenden Vermögensanlagen-Verkaufsprospekt und/oder Anleihe-Wertpapierprospekt und führt die BaFin-Billigung (kapitalmarktaufsichtsrechtliche Genehmigung) herbei.