Coronapandemie - 24 Stunden Betreuung und ihr Schattendasein

Glaubt man den Experten, arbeiten in Deutschland rund 300.000 Haushalts- und Pflegehilfen aus Osteuropa. Etwa 10 Prozent seien legal als Entsendekräfte über ihr Entsendeunternehmen oder direkt vom Haushalt sozialversicherungspflichtig angestellt. Der Rest, also 270.000, wurde von den Familien auf eigene Faust engagiert. Diese osteuropäischen Kräfte arbeiten dann entweder als Scheinselbständige, Minijobber oder gar ganz Schwarz. Es ist längst kein Geheimnis mehr, unter welchen Bedingungen osteuropäische Kräfte in deutschen Haushalten arbeiten. Alle wissen es. Vielerorts werden die Kontaktdaten der Illegalen sogar von Pfarrern, Hausärzten oder Therapeuten herumgereicht.

Beim Bund, der diese Grauzone im Pflegesystem seit Jahren duldet, fühlt sich anscheinend niemand zuständig um ältere Menschen, die sich sonst keine 24 Stunden Betreuung leisten könnten, in eine sichere Rechtslage zu bringen.
In Zeiten von Corona, sei als warnendes Beispiel für die Untätigkeit des Bundes, die Fleischindustrie genannt. Erst seit in einigen fleischverarbeiteten Betrieben Fälle von Coronainfizierten bei osteuropäischen Arbeitern auftraten, kam Bewegung in die „Kultur des Wegsehens“ der politisch Verantwortlichen.

"Wir dürfen als Gesellschaft nicht weiter zugucken, wie Menschen aus Mittel- und Osteuropa in dieser Gesellschaft ausgebeutet werden."
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, SPD

Doch was änderte sich für die illegalen Pflegehilfen in deutschen Haushalten durch die Corona-Pandemie? Nichts!
Es gibt keine einheitlichen Standards für die private Pflege. Keine Verantwortlichen, die etwa die erforderlichen Hygienestandards überprüfen. Niemand der für fehlende Schutzkleidung oder benötigtes Desinfektionsmittel zuständig ist. Und das in Haushalten, in denen die meisten der Versorgten zu der Gruppe der gefährdeten Risikopatienten zählen.

Tausende osteuropäische Pflegehilfen die ältere Menschen in deren eigener Wohnung betreuen, werden in der nächsten Zeit, wegen der Angst vor Corona zu Hause, in ihrer Heimat bleiben. Vielleicht wird durch den darauf folgenden Mangel in der häuslichen Versorgung den verantwortlichen Politikern klar, dass sie seit Jahren die häusliche Versorgung älterer, hilfsbedürftiger Menschen, einem System überließen, das auf Sand gebaut ist. Auch ein Blick ins benachbarte Österreich wäre hilfreich. Dort wurde 2006 durch eine Novelle des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (BGBI. II Nr. 405/2006) die 24-Stunden-Betreuung legalisiert und aus der jahrelangen Schattenwirtschaft geholt.