Das atypisch stille Gesellschaftskapital unter bilanzrechtlichen und steuerlichen Gesichtspunkten

Die atypisch stille Beteiligung stellt eine Sonderform der stillen Gesellschaft gem. den §§ 230 HGB dar, so Dr. Horst Werner - www.finanzierung-ohne-bank.de - und hat eine steuerrechtliche Ausprägung. Diese atypisch stille Beteiligung gewährt Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit der Möglichkeit positive und negative Einkünfte aus anderen Einkunftsarten miteinander zu verrechnen. Die atypische stille Beteiligung gewährt zusätzlich die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Rechtspersonen ( natürlichen und juristischen Personen ) den Steuerkreis zu schließen und dadurch persönliche Gewinne mit Verlusten von Kapitalgesellschaften einkommen- und/oder körperschaftsteuerlich zu verrechnen. Steuerliche Voraussetzung für die Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft als sogen. Mitunternehmerschaft ist :

(1) die Verlustbeteiligung des atypisch still Beteiligten,
(2) die Beteiligung am Firmenwert- bzw. Geschäftswertzuwachs ( stillen Reserven ) und
(3) die Einräumung einer sogen. Mitunternehmerinitiative ( = bestimmte
Mitspracherechte; z.B. Änderung des Unternehmensgegenstandes ).

Ferner können zusätzliche Vertragsbedingungen aufgenommen werden, die sodann erlauben, das stille Beteiligungskapital bilanzrechtlich als Eigenkapital zu passivieren.

Das stille Gesellschaftskapital zählt zu dem sogen. Mezzanine-Kapital. Der Mezzanine-Investor ist regelmäßig aufgrund einer Nachrangklausel den anderen Insolvenzgläubigern nachgestellt und erhält den Rest einer möglichen Insolvenzquote. Da sich das Einlagenkonto des typisch stillen Gesellschafters als schlichte Forderung darstellt und damit aus der Sicht des Unternehmens eine Verbindlichkeit ist, fehlt bei der typisch stillen Beteiligung grundsätzlich der Eigenkapitalcharakter und ist deshalb regelmäßig als Verbindlichkeit zu passivieren. Der Investor ist Gläubiger und kein unmittelbarer Haftungsträger und auch kein steuerlicher Mitunternehmer wie der atypisch stille Gesellschafter. Damit die Einlagen der stillen Kapitalgeber als Eigenkapital in der Bilanz eines mittelständischen Unternehmens ausgewiesen werden können (Equity Mezzanine), sind folgende Kriterien in den stillen Gesellschaftsvertrag einzuarbeiten:

• Übernahme der Haftungs- und Verlustausgleichsfunktion.
• Nachrangigkeit des gewährten Kapitals mit qualifiziertem Nachrang.
• Langfristigkeit der Kapitalüberlassung von mindestens 5 Jahren
- Beteiligung am Gewinn und Verlust des Unternehmens
- eine rein erfolgsabhängige Ausschüttung ( nur bei positivem Jahresergebnis )
auf das stille Beteiligungskapital

Eine vom gesetzlichen Leitbild abweichende stille Beteiligung kann auch für mittelständische Unternehmen konzipiert werden, da die Vorgaben des HGB weitgehend dispositiver Natur – also privatrechtlich abänderbar sind.

Die atypisch stille Gesellschaft bietet steuerlich eine echte Gewinnverteilung durch den einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid des Betriebsfinanzamtes. Dieses stellt den Bilanzgewinn des Unternehmens und den gesonderten Gewinn ( bzw. Verlust ) des atypisch stillen Gesellschafters fest und meldet den Gewinn- bzw. Verlustanteil an das Wohnsitzfinanzamt des atypisch stillen Gesellschafters zur Ergänzung seiner Einkommensteuerklärung.

Steuerliche Voraussetzung für die Anerkennung einer atypisch stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft ( §§ 15, 15a, 20 EStG ) ist wie oben beschrieben die Verlustbeteiligung, die Beteiligung am Geschäftswertzuwachs bzw. den stillen Reserven und die Einräumung einer sogen. Mitunternehmerinitiative ( = bestimmte Mitspracherechte in wesentlichen Gesellschaftsangelegenheiten ). Der atypisch stille Gesellschafter wird sodann als steuerlicher Mitunternehmer einem Kommanditisten gleichgestellt und kann seine positiven Einkünfte mit eventuellen negativen Einkünften des Unternehmens durch Verlustzuweisung verrechnen. Der atypisch stille Gesellschafter bezieht als Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. I Nr. 2 EStG und zahlt anders als der typisch stille Gesellschafter keine pauschalisierte Abgeltungsteuer. Andere Einkünfte aus anderen Einkunftsarten kann der atypisch stille Gesellschafter ( bei Gewinnen und Verlusten ) gegeneinander zur Addition oder zum Abzug bringen.

Bei der Auflösung der atypisch stillen Gesellschaft erhält der stille Gesellschafter einen Abfindungs- und Auseinandersetzungsanspruch, der neben den Kapitalkonten den veränderten Geschäftswert bzw. die Entwicklung der stillen Reserven zum Ausscheidungszeitpunkt zu berücksichtigen hat. Hat sich z.B. der Wert des Unternehmens während der Dauer der atypisch stillen Beteiligung verdoppelt, so erhält der atypisch stille Gesellschafter als Abfindungsanspruch - sofern nichts anderes vereinbart oder vertraglich eingeschränkt ist - die atypisch stille Einlage in doppelter Höhe unter Berücksichtigung des Wertzuwachses zurück. Ausgangspunkt der Differenz-Berechnung ist der Wert des unternehmerischen Anfangsvermögens in Gegenüberstellung zum Endvermögen des Unternehmens zum Ausscheidungszeitpunkt. Die Beteiligung am Geschäftswertzuwachs kann aus steuerlichen Gründen zwar eingeschränkt, aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Weitere Auskünfte zur stillen Gesellschaft erteilt Dr. Horst Werner unter der Mail-Adresse dr.werner@finanzierung-ohne-bank.de bei entsprechender Anfrage.