Der Dom zu Nordhausen und seine Stifterfiguren

Am westlichen Rand der Altstadt von Nordhausen erhebt sich über steilem Abhang der Dom Zum Heiligen Kreuz. Er birgt im Chor als älteste originale und neben dem spätgotischen Chorgestühl künstlerisch bedeutendste Ausstattungsstücke einen Zyklus von sechs Stifterfiguren.
Diese stehen einerseits in der Tradition eines Bildthemas, das nach einer Zäsur seit der karolingischen Epoche etwa ab 1100 wieder stärkere Verwendung fand, bis es im frühen 14. Jahrhundert beinahe obligatorisch für jede geistliche Gemeinschaft wurde. Zum anderen reflektieren die Nordhäuser Figuren in ihrer Erscheinungsform neue zeitgenössische Tendenzen. Eine stark steigende Zahl von Stifterdarstellungen, die in verschiedenen Bereichen der Plastik, in der Buch-, Glas- und Wandmalerei sowie in der Textilkunst anzutreffen sind, ist vor allem im 13. Jahrhundert auszumachen. Seit jener Zeit erscheinen sie im Sanctuarium auch als Statuen, eine aktuelle Entwicklung, die mit den Herrscherbildnissen in der Art monumentaler, polychromer Steinskulpturen in Nordhausen aufgegriffen wird. In anderer Form – überwiegend gemalt – begegnen sie indes an dieser Stelle schon seit dem frühen Mittelalter.

Die Stifterfiguren im Dom zu Nordhausen
Dirk Suckow
VDG WEIMAR

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Eine Bearbeitung in monografischer Form beziehungsweis­e überhaupt eine umfassende wissenschaftliche Würdigung erfuhren die Nordhäuser Figuren bisher nicht. Nach wie vor zählt die Plastik der Zeit zwischen etwa 1270 und 1350, also vereinfacht „nach“ Naumburg/Meißen und „vor“ Parler, nicht zu den am besten bestellten Feldern der deutschen Kunstgeschichte. Zudem wurden vor allem die Werke im sächsisch-thüringischen Raum fast ausschließlich an der epochalen Qualität des sogenannten Naumburger Meisters gemessen, in der Folge geriet viel Beachtenswertes aus dem Blickfeld. Nordhausen selbst wurde nach dem weitgehenden Verlust seines historischen Stadtbildes und der Kirchen St. Nicolai, St. Petri, St. Jacobi und St. Mariae novi operis im Jahr 1945 vergleichsweise wenig kunsthistorisches und denkmalpflegerisches In­teresse entgegengebracht.
Vorliegende Studie versucht, eine grundlegende Interpretation der Nordhäuser Stifterfiguren zu leisten. Daß sich eine solche nicht auf eine stilgeschichtliche Einordnung und die Frage der Datierung beschränken kann, ist bei dem komplexen Phänomen des mittelalterlichen Stiftungswesens und dessen Verbindung mit Stiftermemoria und -repräsentation offensichtlich. Im Ergebnis ihrer Untersuchung der Maulbronner Stifterdenkmäler kam etwa Renate Neumüllers-Klauser zu dem Schluß, daß Stifterbilder „auch als Kunstwerke noch keine absolute Funktion [hatten]; sie waren eingebettet in eine Vielzahl von Abhängigkeiten, deren Aufhellung zur Interpretation dieser Quellenzeugnisse dazugehört."

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