Kinder mit Legasthenie weisen auch Aufmerksamkeitsprobleme auf

Wie zu erwarten zeigen Kinder mit ADHS in spezifischen Aufmerksamkeitstest auffällige Werte im Vergleich zu
Kindern ohne ADHS. Ob auch Kinder mit einer Legasthenie Aufmerksamkeitsprobleme aufweisen wurde in einer brasilianischen Studie von Monica Carolina Miranda und Kollegen untersucht.

Die Wissenschaftler untersuchten die Aufmerksamkeit der Kinder mithilfe des Conners Continious Performance Tests (kurz CCPT), in dem am PC 25 Minuten lang verschiedene Buchstaben für jeweils 250 ms präsentiert werden. Die Probanden haben die Aufgabe, nach jedem präsentierten Buchstaben die Leer-Taste zu drücken, nicht jedoch beim Buchstaben X. Miranda et al. bildeten zwei Gruppen von Kindern im Grundschulalter. In der LRS-Gruppe befanden sich Kinder mit einer diagnostizierten Legasthenie, die mehrere Lesetests und Rechtschreibtests absolvierten. Kinder, die zusätzlich zu ihrer Legasthenie auch ein ADHS aufwiesen, wurden aus der Studie ausgeschlossen.

Neben den 32 Kindern mit Legasthenie wurde eine weitere Gruppe von Kindern mit ADHS gebildet. Eine echte Kontrollgruppe wurde nicht gebildet, stattdessen wurde einfach die Normierungsstichprobe als Kontrollgruppe bezeichnet. Miranda et al. verwendeten diesen Kunstgriff, damit eine Varianzanalyse zwischen den drei Gruppen berechnet werden konnte, um zu untersuchen, ob gefundene Unterschiede zwischen den Gruppen zufällig zustande kommen, oder ob diese statistisch signifikant sind.

Es zeigte sich, dass die Kinder mit LRS im Vergleich zu den Kindern der Kontrollgruppe (bzw. Normierungsstichprobe) signifikant häufiger die Leertaste betätigten, obwohl nicht der Zielreiz angezeigt wurde, größere Leistungsschwankungen hinsichtlich ihrer Fehler und der gemessenen Reaktionszeiten zeigten und häufiger die Leertaste betätigten, obwohl sie noch auf den Reiz warten sollten. Kinder mit ADHS zeigten in diesen vier Bereichen ebenfalls auffällige Werte, nur waren diese noch stärker ausgeprägt. Zusätzlich wiesen die Kinder mit
ADHS noch zahlreiche Auslassungen auf, d.h. obwohl der Zielreiz präsentiert wurde, wurde die Leertaste nicht gedrückt.

Die Unterschiede zwischen den Kindern mit LRS und den Kindern der Kontrollgruppe wiesen eine Effektstärke von 0,4
auf, was als mittlerer Effekt zu interpretieren ist. Die Effektstärke zwischen Kindern mit ADHS und den Kindern der Normierungsstichprobe lag zwischen 1,0 und 1,2, was einen sehr hohen Wert darstellt.

Der Diplompsychologe Rainer Mohr, der unter www.legasthenietherapie-info.de regelmäßig Beiträge für Lerntherapeuten zum Thema Legasthenie publiziert, sieht die Studie von Miranda et al. als gelungene Untersuchung an, die zeigen konnte, dass Kinder mit Legasthenie auch Aufmerksamkeitsprobleme aufweisen, die in ihrer Ausprägung jedoch deutlich schwächer als bei ADHS sind.

Kontakt
Dipl.-Psych. Rainer Mohr, Kuckucksweg 9, 82223 Eichenau, Email: rainermohr@hotmail.de

Quelle der Studie
Miranda, M.C., Barbosa, T., Muszkat, M. et al. (2012). Performance Patterns in conners CPT among children with attention
deficit hyperactivity disorder and dyslexia. Arquivos de Neuro-Psiquiatria, 70, 91-96.

21.03.2013: | |