Politik für Michel

Sieben Stunden sollen sie zusammen gesessen haben, die Koalitionäre von CDU/CSU und FDP, um ihre Macht- und Beutechancen zu sichern. Das Ziel für die Parteien ist erreicht. Für „die Menschen“, von denen Politiker in Abgrenzung zu sich als Privilegierte immer so gern sprechen, und für die Zukunft unserer Gesellschaft ist allerdings von einer einzigen Ausnahme abgesehen nichts als Unsinn herausgekommen. Die Praxisgebühr, die als verkappte einseitige Beitragserhöhung für Arbeitnehmer eingeführt wurde, ist gestrichen worden.

Als Gegenleistung für ihre Zustimmung soll die CSU jetzt ihr Betreuungsgeld bekommen. Daß damit Geld ausgegeben wird, das dringend für Kita-Plätze gebraucht wird, scheint niemanden in der Runde der Koalitionsretter zu interessieren. Mit dem Betreuungsgeld wird ein schädlicher Anreiz gerade für bildungsferne Familien, sozial schwache und solche mit Migrationshintergrund geschaffen, ihre Kinder zu Hause zu behalten. Das frühzeitige Erlernen der Deutschen Sprache wird so verhindert, ebenso die integrative Erziehung zusammen mit deutschen Kindern. Die Mütter werden vom Arbeitsmarkt ferngehalten und diejenigen, die Arbeit haben, wissen nicht, wo sie, weil Kita-Plätze fehlen, ihre Kinder lassen sollen. Frauen, die arbeiten möchten und noch keine Kinder haben, werden das zur Kenntnis nehmen und durch Verzicht auf Kinder die katastrophale demografische Entwicklung fortschreiben. Zu allem Überfluß ist das Betreuungsgeld auch noch ein Taschengeld auf Kosten der Allgemeinheit für Millionärsgattinnen, die ohnehin nicht arbeiten wollen.

Im Partei- oder Klientelinteresse ist offensichtlich alles recht.

Trotzdem fragt man sich: Wo bleiben Moral und Verantwortungsbewußtsein derer, die an den Hebeln der Macht sitzen? Dutzende wichtige Aufgaben sind unerledigt, weil die Lobbys innerhalb und außerhalb der Parlamente im Eigeninteresse blockieren. So können Banken sich weiterhin als Spielbanken betätigen und die zur Altersversorgung angelegten Kapitalstöcke ruinieren. Die Euro-Rettung ist nichts weiter als ein teures Hinausschieben des letztlich wohl unvermeidlichen Auseinanderbrechens der Währungsunion. Denn es glaubt doch wohl niemand, daß entweder die korrupte Herrschaft in Griechenland freiwillig verschwindet oder eine sie vertreibende linksradikale Regierung die Schulden des Landes zurückzahlen wird. Die für eine Politik des „Weiter so!“ benötigten Gelder werden überall in Europa, soweit sie nicht mit der Notenpresse beschafft werden können, bei den „kleinen Leuten“ und bei Zukunftsinvestitionen eingespart, während die Großverdiener unaufhörlich nach Steuersenkungen rufen.

Sonderinteressen beherrschen die Politik vollkommen. Nicht von ungefähr kämpfen Parlamentsabgeordnete immer noch dafür, weiterhin verschleiern zu dürfen, für wen sie arbeiten. Per Steinbrück, um nur ihn als Beispiel anzuführen, gehört zwar zu denen, die mehr Transparenz befürworten und auch selbst schaffen. Aber er hält zahlreiche Vorträge an verschiedensten Orten für verschiedene Auftraggeber. Dafür zahlen die ihm hohe Honorare. Verständlicherweise läßt diese Geschäftigkeit nur wenig Zeit, auch das Abgeordnetenmandat ordentlich wahrzunehmen und vielleicht einmal darüber nachzudenken, was „Allgemeinwohl“ bedeutet und was Politiker damit zu tun haben. Daß ausgerechnet die Stadtwerke Bochum ihm ein Spitzenhonorar zahlen, ist übrigens degutant. Schließlich kassieren Stadtwerke Geld bei den Bürgern für städtische Leistungen und nicht für Zuwendungen an Politiker.

„Aphorismen sind Fragen dummer Intelligenz an intelligente Dummheit“ (Prof. Querulix, Volksmund, www.volksmund.ruedenauer.de) Das geduldige Volk hat viele Fragen. Wie lange aber wird es auf zufriedenstellende Antworten warten?

Die Geschichte lehrt uns, was Politiker einem Volk antun können, und die Gegenwart beweist uns, daß sie von ihrer fatalen Fähigkeit, aus Eigennutz und im Parteiinteresse Wohlstand und sozialen Frieden zu zerstören, nichts eingebüßt haben. Denken wir nur an die Agenda-Politik, die Millionen in die Armut getrieben hat. Denken wir an die unsägliche Deregulierungswut, die skrupellosen Spekulanten ermöglicht hat, das Bankensystem zu ruinieren. Denken wir an die Privatisierung systemrelevanter staatlicher Aufgaben, die den Bürgerinnen und Bürgern schlechtere Dienstleistungen zu viel höheren Preisen eingebracht hat. Denken wir an die die Schuldenmisere der Öffentlichen Haushalte in der EU. Denken wir an die zukünftige Altersarmut, die nicht einmal Ansatzweise mit einer kleinen Zuschußrente für einen winzigen Teil derer verhindert wird, die künftig davon betroffen sein werden. Denken wir an die stümperhaft geführten Großprojekte „Elbphilharmonie“, „Stuttgart 21“ und „Flughafen Berlin-Brandenburg“, die das Vielfache ihrer ursprünglich veranschlagten Kosten verschlingen. Deutschlands Exporterfolge sind füllen einer Minderheit die Taschen, während Millionen nicht genug verdienen, um am sozial-kulturellen Leben der Gesellschaft gleichberechtigt teilnehmen zu können. Natürlich haben sie auch keine eigenen Mittel, um für Krankheit, Pflegbedürftigkeit und eine menschenwürdige Altersversorgung vorzusorgen.

Die Politiker machen die Dummheiten und leben dabei gut. Die Menschen, für deren Wohlergehen die Politiker verantwortlich sind, zahlen die Zeche. Das ist nichts Neues in der Geschichte der sogenannten zivilisierten Menschheit. Aber sollten intelligente Menschen nicht fähig sein, zu lernen, ihre Aufgaben besser zu erfüllen?

READ Pressestelle
Kontakt:
RÜDENAUER EDITION AUTOR DIGITAL
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
read@ruedenauer.de
www.read.ruedenauer.de