Roger Federer oder Tennis wie es sein sollte

Nach dem Wimbledon-Sieg steht Roger Federer wieder an Nummer Eins der Tennis-Weltrangliste

Roger Federer oder Tennis wie es sein sollte

Roger Federer ist wieder die Nummer Eins im Tennis. Das klingt nicht sonderlich ungewohnt, ist aber seit 2009 nicht mehr der Fall gewesen. Nein, die Nachricht, dass Roger Federer nach für ihn unendlich langen zweieinhalb Jahren wieder einen Grand Slam-Titel, den in Wimbledon, erringt und damit auf den Tennis-Thron zurückkehrt, ist alles andere als selbstverständlich. Vor allem aber ist sie Ausdruck eines Zusammentreffens, das im Tennis nicht immer selbstverständlich ist: Denn mit Roger Federer ist nun wieder der Spieler auch auf dem Papier der Maßstab im Tennis, der das Spiel von allen Akteuren am besten beherrscht.

Rückkehr des Federer-Moments

Als Roger Federer von einem hochtalentierten jungen Tennisspieler im Jahr 2004 zum Weltranglistenersten aufstieg, wurde viel von den "Federer-Momenten" gesprochen. Gemeint waren Aktionen auf dem Tennisplatz, die vor Roger Federer so noch nie zu sehen waren oder Schläge, die zumindest in der jeweiligen Spielsituation nur Federer in dieser Art und Weise einsetzte. Diese Leichtigkeit und scheinbare Mühelosigkeit, unter Druck den Tennisball zu Flugkurven zu bringen, von denen andere gute Spieler nur träumen können, machten über lange Jahre der Ära Roger Federer die größte Faszination dieses Spielers aus.

Nach dem Wimbledon-Sieg steht Roger Federer wieder an Nummer Eins der Tennis-Weltrangliste

Dass er dieses Spiel nun wieder - gegen die überlegene Physis eines Rafael Nadal oder den unfassbaren Biss eines Novak Djokovic - zur Spitze zurückgeführt hat, ist vielleicht seine größte Leistung. Denn Roger Federer hat im Laufe seiner Karriere an der Spitze der Tenniswelt nie so gute Gegner vorgefunden, wie seit 2010 mehr und mehr. Im Finale von Wimbledon 2012, das Roger Federer in vier Sätzen gegen den Schotten Andy Murray gewann, gab es ihn dann auch wieder, den Federer-Moment. 99 von 100 Tennisprofis hätten dem Satzball zum 7:5 im zweiten Satz vermutlich viel Schlagkraft mit auf den Weg gegeben, Roger Federer spielte den Volley-Stop. So etwas hat man zuletzt in der Ära Pete Sampras in Wimbledon regelmäßig gesehen, bevor die Physis das Herrentennis überdurchschnittlich zu dominieren begann - wäre da nicht Roger Federer gewesen.

Vorfreude auf das Alterswerk eines ganz Großen

Man täusche sich nicht; die Stunden, die Federer mit der körperlichen Vorbereitung verbringt, sind endlose, anders kann man nicht da stehen, wo der Schweizer nun wieder seinen rechtmäßigen Platz eingenommen hat. Aber es gibt bei Roger Federer eben auch die andere Seite: Tennis wie es sein soll; intelligent, ökonomisch, elegant. Es ist nicht zu erwarten, dass Roger Federer mit über 30 die Tenniswelt in den folgenden Jahren wieder so dominiert, wie er das mit Mitte 20 getan hat, aber wenn wir an das denken, was Pete Sampras und danach Andre Agassi im reifen Tennisalter gespielt haben, können wir mit großer Vorfreude auf diese nächsten Jahre mit Roger Federer blicken.

Andreas Kellner

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(Bildquelle: Wikimedia Commons)

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