Neue Werkzeuge für den schnelleren und kostengünstigeren Entwurf von elektronischen Produkten

Bis zu 25 Prozent verkürzte Entwicklungszeiten bei gleichzeitiger Reduktion der Entwicklungskosten um mindestens 20 Prozent. Von derartigen Potenzialen träumen Elektronikhersteller seit langem. Gemeinsam mit sechs Partnern will der Dresdner Institutsteil Entwurfsautomatisierung EAS des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS mit neuen Software-Werkzeugen für den Designprozess die Vision bereits in naher Zukunft zur Realität werden lassen.

Innovationen in der Automobil- oder Automatisierungstechnik basieren heute im Wesentlichen auf elektronischen Systemen, deren Komplexität im Laufe der letzten Jahre rasant gewachsen ist. So sollen beispielsweise moderne Automobile nicht nur ein Höchstmaß an Sicherheit bieten. Vielmehr wird erwartet, dass jeder Generationswechsel mit einem deutlichen Plus an Umweltfreundlichkeit, Sparsamkeit und Komfort einhergeht. Das setzt wiederum eine optimale Vernetzung von elektronischen und sensorischen Bauteilen sowie deren enges Zusammenspiel mit hydraulischen oder mechanischen Komponenten voraus.

Parallel zur wachsenden Komplexität sind die Anforderungen an den Designprozess überproportional gewachsen. Die Überwindung dieses Engpasses für künftige Entwicklungen setzt die Verfügbarkeit von neuen Methoden und Softwarewerkzeugen voraus. Im europäischen Projekt „VERDI“ haben sich sieben Partner aus unterschiedlichen Bereichen dieser Herausforderung angenommen. Erklärtes Ziel: Die kosteneffektivere und raschere Produktion elektronischer Produkte durch verbesserte Entwurfstechniken für die unterschiedlichsten Komponenten, damit diese später in eine gemeinsame Funktion integriert werden können.

Der einprägsame Name VERDI steht für „Verification for heterogeneous Reliable Design“. Im Rahmen des von der Europäischen Union über einen Zeitraum von drei Jahren mit 3.15 Mio. Euro geförderten Projekts zieht der Dresdner Institutsteil des Fraunhofer IIS als Projektkoordinator seit Herbst 2011 mit internationalen Partnern an einem Strang. Dazu gehören die Pariser Universität Pierre & Marie Curie sowie die Unternehmen Continental in Deutschland und Frankreich, Infineon Technologies Austria, NXP Semiconductors und Magillem Design Services.

Verifikationen erfordern den größten Zeitaufwand

„Als wissenschaftlicher Projektteilnehmer werden wir die technischen Konzepte entwerfen, während die industriellen Partner auf der Applikationsebene die Anforderungen definieren, um anschließend die entsprechenden Demonstratoren aufzubauen“, erläutert Projektleiter Karsten Einwich vom Fraunhofer IIS/EAS. Die Forschungseinrichtung verfüge auf dem Gebiet der Systemsimulation bereits über eine breit angelegte Expertise. Auf dieser Basis aufbauend werde das Institut über die technische Konzeption hinaus gemeinsam mit den industriellen Partnern an der Standardisierung mitwirken und auch die hierzu erforderlichen Dokumente erarbeiten.

„Den größten Zeitaufwand beim Entwurf komplexer Systeme erfordert mittlerweile die Verifikation“, führt Einwich weiter aus. Vorrangiges Ziel sei es daher, die Methoden in geeigneter Weise zu standardisieren, um Verifikationsszenarien austauschbar zu gestalten. Dies gelte auch für heterogene Systeme. Unabhängig davon müssten Verifikationen künftig in einer Art und Weise beschrieben werden, die eine weitere Verwendung im Labor erlaube. „Wenn im Labor beispielsweise ein Chip-Set aufgebaut wird, fängt man bisher quasi von Null an, die Laborgeräte neu zu programmieren“, skizziert er die Möglichkeit für nachhaltige Verbesserungen.

Technologievorteile sollen besser ausgespielt werden

Weitere Optimierungsmöglichkeiten eröffne die Überwindung der Barriere zwischen analogen und digitalen Bauteilen, was mit den herkömmlichen Entwicklungsmethoden nicht zu bewerkstelligen sei. „In der industriellen Chipentwicklung sind die Abteilungen, die den Analogteil entwerfen von denen getrennt, die den Digitalteil entwerfen“, erläutert Einwich. Es handele sich um zwei unterschiedliche Welten, die nicht leicht zusammenzubringen seien. In modernen elektronischen Systemen müssten aber komplexe digitale Teile zusammen mit analogen Teilen auf einen Chip gebracht werden. Ziel sei daher die Einführung von Methoden, die eine Kommunikation zwischen den beiden Welten erlauben.

Einwich rechnet damit, dass es mit Hilfe des innovativen Ansatzes von VERDI ermöglicht wird, Entwicklungskosten und Entwicklungszeiten um zweistellige Prozentbeträge zu verringern. „Wenn wir das angestrebte Ziel erreichen, ist das auch von hoher wirtschaftlicher Relevanz“, resümiert er. Auf dem Gebiet des Systementwurfs habe Deutschland bereits eine Spitzenposition inne. Einwich, mit Blick in die nahe Zukunft: „Wir benötigen diese Methoden um die Vorteile, die wir besitzen, künftig besser ausspielen zu können“.