Fass ohne Boden - Der Fall "Mor Gabriel"
Pressetext verfasst von marianne brückl am Di, 2011-05-10 17:28.Von Marianne Brückl
2011-05-07
Midyat/Türkei - Wieder gab es kein Ergebnis im Anhörungsverfahren vom 04.05.2011 gegen den Stiftungsvorsitzenden Kuryakos Ergün vor dem Midyater Gericht. Stattdessen wird der Enteignungsprozess um das beinahe 1700 Jahre alte syrische-orthodoxe Kloster in Südostanatolien zu einem Fass ohne Boden. Er wurde erneut vertagt auf den 13.07.2011. Die Hinhaltetaktik der Türkei geht also weiter.
Ein weiteres Mal muss Kuryakos Ergün, Vorsitzender der Klosterstiftung Mor Gabriel sich der Willkür der türkischen Behörden beugen und eine Vertagung des Verfahrens hinnehmen. Erneut heißt es für ihn warten, nämlich bis zum neu anberaumten Termin am 13. Juli 2011. Für die Bewohner des Klosters beginnt wieder eine Zeit der Unsicherheit und Angst über ihr Schicksal. Der Prozess ist mittlerweile zu einem Fass ohne Boden geworden angesichts der zahllosen Terminverschiebungen und es scheint auch weiterhin kein Ende absehbar.
Das Kloster braucht aktive Unterstützung
Trotz der anhaltend brisanten Ereignisse in sämtlichen weiteren Staaten in Nah- und Mittelost darf auch das Kloster Mor Gabriel als geistliches Zentrum der Christen aus aller Welt nach wie vor nicht in Vergessenheit geraten. Das Thema der ethnischen Säuberungen der nah- und mittelöstlichen Länder von Christen bleibt aktuell und sollte auch in Europa nicht unterschätzt werden. Noch existieren ca. 2.500 Assyrer/Syrer/Chaldäer in der Südost-Türkei und einige Menschen, die in der Diaspora leben, würden gerne in die Heimat zurückkehren. Jedoch ohne aktive Unterstützung der europäischen Staaten wird es vielleicht bald keine indigenen Christen mehr im Land geben.
Keine ausländische Präsenz mehr
Ergün selbst erwartet keine Präsenz ausländischer Politiker mehr, da immer wieder mit einer erneuten Vertagung der Verhandlungstermine zu rechnen ist. Zwar hatte Unions-Fraktions-Vize Johannes Singhammer noch im November letzten Jahres in einem Interview vom 02.11.2010 erklärt: „Ich erwarte vor allem eine in jeder Hinsicht faire und rechtsstaatlich einwandfreie gerichtliche Verhandlung, die den europäischen Standards entspricht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jetzt noch eine Schein-Verhandlung möglich sein wird.“ (Quelle: http://pressemitteilung.ws/node/241055) Bis heute ist jedoch von einer solchen Fairness nichts zu merken.
Hinhaltetaktik der Türkei geht weiter
Anstatt Fairness in einem Willkürverfahren zu beweisen, geht die Hinhaltetaktik der Türkei weiter. Die Gerichte zögern Entscheidungen hinaus und bringen damit das Interesse der Europäer zum Erlöschen. Gerade deshalb darf die Thematik des Enteignungsprozesses nicht untergehen in all den anderen aktuellen Geschehnissen. Es muss gleichermaßen wie bei allen anderen Ländern, in denen Diskriminierung von Minderheiten herrscht, Druck auf die Türkei ausgeübt werden, um die christliche Kultur in Südost-Anatolien zu bewahren.
Europa muss der Türkei Grenzen zeigen
Menschenrechte und –würde, Glaubensfreiheit und der Erhalt der ethnischen Vielfalt sind Grundsätze einer echten Demokratie, wie sie in Europa herrscht. „Die Frage, wie die Türkei mit dem Christentum verfährt, ist auch ein Lackmus-Test für die Glaubwürdigkeit der Türkei im Umgang mit religiösen Minderheiten und rechtstaatlichem Handeln.“ hatte sich Singhammer im November zum Thema Mor Gabriel weiter geäußert. Wer fordert, der muss also auch geben.
Damit dies endlich verstanden wird, muss Europa der Türkei Grenzen zeigen. Die Demokratie ist eben kein Zug, auf den man aufsteigt, bis man am Ziel ist. (Original-Zitat Erdogan: "Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten." (Quelle: http://de.wikiquote.org/wiki/Tayyip_Erdo%C4%9Fan)
Dieses berühmte Zitat des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdogan sollte dem Westen also stets zu denken geben und niemals vergessen werden über all die wirtschaftlichen Vorteile, die man sich seitens der Politik von einer Kooperation mit der Türkei erhofft. Wer schließlich die Leidtragenden sind, kann letztlich jeder nur für sich selbst beurteilen, am besten aber die Betroffenen selbst.
Über marianne brückl
Vorname
Marianne
Nachname
Brückl
Branche
Freie Journalistin, Schriftstellerin