Weltweites Bienenvolksterben – Vorbote eines großen Artensterbens durch Pestizide
Pressetext verfasst von Umweltbund am Mi, 2010-12-01 16:09.Pressemeldung des Umweltbund e.V. Viernheim den 1.12.2010
Weltweites Bienenvolksterben – Vorbote eines großen Artensterbens durch Pestizide
Ein Jahrzehnt Neonicotinoide bringen Naturkreisläufe ins Wanken. Ein holländischer Toxikologe, liefert den Nachweis der Schädlichkeit von Insektengiften. Dass die Schäden weitaus dramatischer sind, als bisher angenommen, beschreibt Dr. Tennekes in seinem Buch:
„The Systemic Insecticides: A Disaster in the Making“
Wir werden wohl bald verstehen, warum das Bienenvolk ein geeignetes Leitinsekt für unsere Natur wäre, wenn wir erlebt haben, was für Folgen das Aussterben einer Insektengattung hat, deren Aufgabe es ist, den Naturkreislauf mit seiner ganzen Vielfalt durch ihre Bestäubung aufrecht zu erhalten. Weltweit sind die Bienen vom Aussterben bedroht.
Selbst Insektenparadiese wie Indien verzeichnen Ernteeinbusen trotz vergrößerter Anbaufläche, wegen der schlechten Bestäubung durch Bienen und Nutzinsekten.
Seit 10 Jahren protestieren Imker gegen den Einsatz von Neonicotinoiden, weil sie gerade dieses Szenario vorausahnten, als Sie jährliche Verluste von durchschnittlich 30 % toten Bienenvölkern hinnehmen mussten.
Schlimmer als DDT ?
Fast 50 Jahre nach dem Rachel Carson das DDT-kritische Buch „Silent Spring“ schrieb, erlebt die Welt erneut ein Pestiziddesaster. Während DDT vor allem dadurch negativ auffiel, dass es sich in höheren Spezies anreichert, seien die Neonicotinoide für höhere Säugetiere eher harmlos. Die nachteiligen Folgen für Tiere und Menschen resultieren aus der Zerstörung des Naturkreislaufes. Die Insektizide Imidachloprid, Clothianidin, und Thiachloprid sind im Boden lange persistent. Das bedeutet sie reichern sich bei intensiver Landwirtschaft im Boden an und werden aufgrund systemischer Eigenschaften immer wieder aufs Neue von Pflanzen aufgenommen, die die Nervengifte als Henkersmahlzeit im Nektar und Blütenpollen dann an Nutzinsekten weitergeben.
Der Toxikologe Dr. Tennekes beschreibt in seinem Buch, wie intensiv landwirtschaftlich genutzte Böden in den Niederlanden bereits mit den Noinicotinoiden verseucht sind. Ein globales Problem, denn Imidachloprid und verwandte Nervengifte werden erfolgreich weltweit vermarktet.
Imkerproteste contra Bayer AG – David gegen Goliath
Nach Äußerungen des industriellen Hochadels der Firma Bayer Ag, sind die Imker schlicht und einfach nicht fähig mit der Varroamilbe umzugehen. Einen Hinweis auf die bienenschädliche Wirkung der Neonicotinoide hat man bei dem Chemiegiganten nicht. Diese Meinung teilen dann auch sämtliche Landwirtschaftsminister und das Bundesamt für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und die Presse.
Deutsche Wissenschaftler zurückhaltend
Jeder deutsche Wissenschaftler weiß, wer den deutschen Chemieriesen mit Ihren Milliardengewinnen ein Geschäft verdirbt, kann seinen Beruf für immer an den Nagel hängen. Nach diesem Motto ignoriert man bei den heimischen Bieneninstituten schlichtweg die Studien europäischer und amerikanischer Kollegen. Bereits 1995 bewiesen französische Wissenschaftler die subletalen Wirkungen von Neonicotinoiden. Auch eine Wechselwirkung des Nervengiftes mit einem Krankheitserreger, der Nosemakrankheit ist international bekannt. Selbst nicht mehr messbare Konzentrationen des hochpotenten Insektizids wirkten synergetisch, das bedeutet in diesem Falle die Krankheit fördernd.
Erdrückende Erkenntnisse aus den Niederlanden
Dr. Tennekes von ETS Netherland wies in seiner am 23.Juli 2010 veröffentlichten Studie
The toxicity of neonicotinoid insecticides to arthropods is reinforced by exposure time, nach, dass Insekten durch kleine Dosen über einen längeren Zeitraum verabreicht, genauso geschädigt werden, wie durch eine hohe letale Dosis.
Die Schäden, die durch diese Nervengifte verursacht werden, sind irreversibel. Schon kleinste Dosen führen zur Beeinträchtigung kognitiver Fähigkeiten.
Das bedeutet die Neonicotinoide wirken eindeutig subletal bienenvolkschädlich und vernichten unsere Insektenfauna nachhaltig.
In seinem Buch „The Systemic Insecticides: A Disaster in the Making“ beschreibt Dr. Tennekes bereits den Rückgang mehrerer Vogelarten in Holland und Europa. DDT wurde verboten, nachdem man feststellte, dass die Raubvögel aufgrund brüchiger Eier vielerorts ausstarben.
Wie lange wird man dieses Mal warten?
Und was kommt dann?
Die nächste Generation Insektengifte liegt wahrscheinlich schon bei der Chemieindustrie auf Lager. Bei Feldversuchen in den USA für ein neues Neonicotinoid überlebten nicht mal 10 % der Testbienenvölker. Auch die Bienen der Kontrollgruppe waren tot.
Man erhielt kein eindeutiges Ergebnis zur Bienengefährlichkeit des nächsten Insektenkillers, aber eine klare Botschaft von Seiten der industriellen Landwirtschaft. Bienen überleben dort nicht mehr.
Schäden unkalkulierbar
Die kopflose Strategie eines Vernichtungsfeldzuges gegen die Insekten verursacht mehr Kosten als man allgemein annimmt.
Bienen und Nutzinsekten sorgen für eine Bestäubung von Obst, Gemüse, Futter- und Wildpflanzen
Bienen und Insekten sind eine wichtige Nahrungsgrundlage für Vögel und Amphibien und Ameisen.
Bienen entsorgen Honigtau, der, wenn nicht entsorgt für nicht unerheblichen Schaden an Nutz- und Wildgehölzen verantwortlich ist.
Werden die Insekten und vor allem die bestäubenden Insekten durch flächendeckende Breitbandinsektizide vernichtet, sind sehr viele Arten unseres komplexen Ökosystems vom Aussterben bedroht.
Der Umweltbund e.V. wiederholt daher seine Forderungen an Ministerin Aigner und die Landwirtschaftsminister der Länder, alle Neonicotinoide sofort zu verbieten, um den Schaden an Umwelt und Volkswirtschaft nicht weiter ausufern zu lassen.
Manfred Gerber, Umweltbund e.V.