Kunstfälscherprozess: Haftstrafe für zeitgenössischen Künstler erwartet

In dem seit Anfang Oktober andauernden Prozess vor dem Amtsgericht Berlin-Tiergarten um gefälschte Kunstwerke von Ernst Ludwig Kirchner, Paul Cézanne, Amedeo Modigliani und weiteren berühmten Künstlern wird möglicherweise schon am 30. November das Urteil gesprochen. Dem zeitgenössischen Künstler Tom Sack, Jahrgang 1982, wird vorgeworfen, in den Jahren 2004 und 2005 in insgesamt elf Fällen selbstgefertigte Kunstfälschungen über das Internet als vermeintliche Originalwerke verkauft zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat im Rahmen ihrer Beweisführung insgesamt fünf Sachverständige aufgeboten, darunter einen 82 Jahre alten emeritierten Professor für Kunstgeschichte aus Hamburg. Einige der Kunstkäufer mussten ebenfalls ihre Aussage machen, konnten sich aufgrund des langen Zeitablaufs zumeist aber kaum noch an die Details der Transaktionen erinnern. In jahrelangen, aufwändigen Ermittlungen hatte das LKA Berlin etwa zehn Aktenordner über Tom Sack gefüllt, welche das mit zwei Richtern und vier Schöffen besetzte Gericht durchzugehen hatte. Der Angeklagte hatte einen "Deal" abgelehnt, wonach ihm für den Fall eines verfahrensabkürzenden Geständnisses ein Strafrahmen von einem Jahr und sechs Monaten bis zu einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe zur Bewährung in Aussicht gestellt wurde.

Kriminalhauptkommissar Marcus Schönfelder, der beim LKA Berlin für Delikte mit Kunstbezug zuständig ist und mit seinem Team zwei Hausdurchsuchungen beim Angeklagten durchgeführt hat, sagte: "Wir haben eigentlich ein als gestohlen gemeldetes Gemälde gesucht, doch in der Wohnung des Angeklagten einen Farbgeruch wahrgenommen. Herr Sack hat uns zwar das gesuchte Gemälde samt Herkunftsnachweis freiwillig ausgehändigt, doch wir haben die Wohnung dann nochmals nach möglichen Kunstfälschungen durchsucht - und sind fündig geworden." Auf die Frage, warum man nicht wegen des neuen Verdachts den Bereitschaftsrichter angerufen und eine weitere Durchsuchungsanordnung eingeholt habe, wie es in solchen Fällen vorgeschrieben sei, antwortete Schönfelder: "Das habe ich nicht für nötig gehalten. Erfahrungsgemäß erreicht man da sowieso niemanden." Die beiden Verteidiger des Angeklagten sehen hier einen willkürlichen Verstoß gegen den Richtervorbehalt. Die erlangten Beweismittel seien daher unverwertbar. Tatsächlich waren die Ermittlungen durch ein vom Angeklagten im Internet angebotenes und in den 1990er Jahren gestohlenes Barockgemälde und nicht aufgrund des Verdachts der Kunstfälschung in Gang gekommen. Das Gemälde war kurz zuvor in einem Kunstauktionshaus in Rudolstadt von einem Kunsthändler gutgläubig ersteigert und an den Angeklagten weiterveräußert worden.

Er sei zum Zeitpunkt der Verkäufe gerade einmal 22 Jahre alt gewesen und habe von Kunst überhaupt keine Ahnung gehabt, war der Einlassung des Angeklagten zu entnehmen. Er habe die fraglichen Kunstwerke nicht selbst gefertigt, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorwerfe, sondern im Auftrag Dritter verkauft. Alle Gelder seien von ihm persönlich auf Kulanzbasis an die Käufer zurückgezahlt worden, teilweise schon vor vielen Jahren. Von seinen Auftraggebern, an die er die Verkaufserlöse seinerzeit abzüglich Provision habe weiterleiten müssen, habe er bis heute keinen einzigen Cent gesehen. Genaugenommen sei er selbst gelinkt und höchstens an Erfahrung reicher geworden. In den Angebotsbeschreibungen habe er außerdem lediglich seine persönliche Einschätzung wiedergegeben, jedoch niemanden täuschen wollen. Es seien deshalb auch wesentlich niedrigere Preise gezahlt worden, als für vergleichbare Werke bei zweifelsfreier Echtheit eigentlich üblich. So habe eine dem Maler Paul Cézanne zugeschriebene Zeichnung beispielsweise nur etwa 180 Euro gekostet, für ein Original mit entsprechenden Echtheitsbestätigungen wäre im Jahr 2004 locker ein sechsstelliger Betrag fällig gewesen. Unterstützung erhielt Tom Sack unerwartet von einer Sachverständigen und von einem der Käufer. Die Bilder seien allenfalls als Spekulationsobjekte angeboten worden, denn wenn man die Angebote genau lese, werde ja eigentlich gar nichts garantiert, hieß es.

Die Staatsanwaltschaft ist bereits nach fünf von acht ursprünglich angesetzten Verhandlungstagen mit ihrer Beweisführung fertig. Die Verteidigung kündigte hingegen für den nächsten Verhandlungstermin am 30. November an, umfangreiche Beweisanträge stellen zu wollen. Man könne einige der bisher erhobenen Vorwürfe ganz klar widerlegen und wolle auch weitere Punkte aufzeigen, die für den Angeklagten sprechen. Für den vorsitzenden Richter, der in den elf Anklagepunkten offenbar nur die Spitze eines Eisbergs sieht, scheint die Sache aber schon klar: "Wenn das Gericht keine weiteren Beweiserhebungen für notwendig erachtet, werden nächstes Mal die Plädoyers gehalten". Das Urteil wird in diesem Fall wegen der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Angeklagten nicht besonders mild ausfallen. Der ursprünglich angebotene Strafrahmen wird sicher gesprengt und die Strafe möglicherweise auch nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Tom Sack, der nicht einschlägig vorbestraft ist und mittlerweile im fünften Semester Jura studiert, beteuert weiter seine Unschuld: "Hätte ich mir wirklich etwas vorzuwerfen, so hätte ich mich logischerweise auf den Deal eingelassen. Ich werde versuchen, dem Gericht in meinem Schlusswort nochmals die Augen zu öffnen. Eine Verurteilung wird aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen keinen Bestand haben. Ich habe nun mal nichts gefälscht."

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Zur Person:

Tom Sack, Jahrgang 1982, studierte nach Abitur und Wehrdienst einige Semester Jura in Konstanz am Bodensee. Bereits neben dem Studium handelte er mit Kunst und Antiquitäten. 2004 siedelte er nach Berlin um, wo er seine Tätigkeit ausbaute und gute Umsätze verbuchen konnte. Er betätigte sich dort auch als Galerist. 2006 zog es ihn raus aufs Land. Er ließ sich mit seiner kleinen Familie in Rinteln-Schaumburg bei Hannover nieder, auch um dort die geschäftlichen Aktivitäten weiter ausbauen zu können. Durch die mit den Ermittlungen einhergehenden Umstände und den damit verbundenen Rufschaden sah er sich jedoch bald gezwungen, den Kunsthandel und die Tätigkeit als Galerist aufzugeben. Tom Sack setzt zur Zeit sein Jurastudium an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg fort und übt nebenbei weiterhin seine freiberufliche Tätigkeit als Kunstmaler aus.

Kontaktdaten:

Tom Sack, freischaffender Künstler
Postanschrift: Krausenstr. 17, 06112 Halle (Saale)
Atelier: Rosenstr. 3, 31737 Rinteln (nur nach Terminvereinbarung)
Telefon: 0345/2797391 oder 0176/66500883
E-Mail: info@tomsack.com
Internetpräsenz: http://www.tomsack.com