Rettet Bundespräsident Wulffs Rede im türkischen Parlament das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel vor der Enteignung?
Pressetext verfasst von marianne brückl am Mo, 2010-11-01 01:44.Von Marianne Brückl
2010-11-01
München/Midyat - Ob Bundespräsident Christian Wulffs Rede das von Enteignung bedrohte Kloster Mor Gabriel in der Südost-Türkei retten wird, ist wohl eine Frage des Verständnisses des türkischen Parlaments. Wie Unions-Fraktions-Vize Singhammer in einem Interview erklärte, habe Deutschland mehrfach klargemacht, dass man eine Enteignung als falsch betrachte. Er hoffe, dass die politisch Verantwortlichen in der Türkei die Worte Wulffs nicht nur gehört, sondern auch verstanden hätten und bei ihrem Handeln bedenken würden. Nach siebenmaliger Vertagung soll nun am 03. November 2010 gegen den Vorsitzenden der Klosterstiftung Kuryakos Ergün weiter strafrechtlich verhandelt werden.
Es ist wieder einmal soweit. Am Mittwoch, den 03. November soll der Vorsitzende der Klosterstiftung Mor Gabriel in der südosttürkischen Stadt Midyat erneut zu seinem Strafverfahren vor Gericht erscheinen. Ergün ist angeklagt, widerrechtlich eine Schutzmauer um das Kloster auf staatseigenem Waldgrund errichtet zu haben. Bisher gab es bereits sieben Vertagungen des Strafverfahrens. Drei kurdische Dörfer hatten Ende des Jahres 2008 mit Hilfe örtlicher Politiker der islamisch-konservativen AKP den Prozess gegen das im Jahr 397 erbaute syrisch-orthodoxe Kloster ins Rollen gebracht.
Ging es damals nur um das Land vor der Klostermauer, hatte man den Enteignungsprozess schließlich von staatlicher Seite ausgeweitet, um auch des Klostergrundes innerhalb der Mauer habhaft zu werden. Angeblich soll die Mauer auf einem Waldgrundstück stehen, das Eigentum des türkischen Staates sei.
Unions-Fraktions-Vize Johannes Singhammer, der sich bereits Anfang Juni 2010 anlässlich seines Besuches in der Türkei gegenüber dem Münchner Merkur dazu geäußert hatte, dass es der Türkei nicht darum gehe, christliches Kulturgut zu erhalten, sagte dazu in einem Interview vom Freitag: „Ich werde mich dafür einsetzen, dass in Mor Gabriel kirchliches Leben in vollem Umfang stattfindet. Glaube muss offen und frei gelebt werden können und darf nicht nur als kultureller Bestandteil und Beiwerk eines Museums zur Touristenattraktion sein. Mor Gabriel war und ist für mich ein Kloster, ein geistiges Zentrum der Christenheit.“
Singhammer wies auch darauf hin, Deutschland habe mehrfach klargemacht, dass man eine Enteignung als falsch betrachte. „Wir hatten eine Bundestagsdebatte und der Bundespräsident hat das Thema in der Türkei unmissverständlich angesprochen. Das Thema ist damit keine politische Eintagsfliege, sondern ein wichtiges Thema in den deutsch-türkischen Beziehungen“, äußerte der CSU-Politiker im Hinblick auf die anstehende Strafverhandlung gegen den Stiftungsvorsitzenden Kuryakos Ergün. Vor allem erwarte er eine in jeder Hinsicht faire und rechtsstaatlich einwandfreie gerichtliche Verhandlung, die den europäischen Standards entspräche. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass jetzt noch eine Schein-Verhandlung möglich sein wird.“, so Singhammer weiter.
Der Unions-Fraktions-Vize machte zudem klar, dass man den Prozessverlauf sehr genau verfolgen werde, auch wenn kein Vertreter aus den eigenen Reihen beim Prozess in Midyat anwesend sei. „Der Bundespräsident hat das Thema Religionsfreiheit und freie Religionsausübung für die Christen in der Türkei in seiner Rede vor dem türkischen Parlament eingefordert. Ich hoffe, dass die politisch Verantwortlichen in der Türkei dies nicht nur gehört, sondern auch verstanden haben und bei ihrem Handeln bedenken werden.“, sagte Singhammer.
Man darf also gespannt sein, ob die Worte des Bundespräsidenten Wulff vor dem türkischen Parlament tatsächlich so viel Gewicht haben, die Enteignung des mithin ältesten Klosters der Welt durch den türkischen Staat zu verhindern und damit den assyrischen Christen ihre Heimat wie auch ihr fast 1700 Jahre altes Glaubenszentrum in Obermesopotamien zu erhalten.
Über marianne brückl
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Freie Journalistin, Schriftstellerin