(Nicht) alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.

Ein Kommentar von Dirk Werhahn

Ludwigsburg, 7.9.2010. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. So haben es die Väter und Mütter des Grundgesetzes in Artikel 20 Absatz 2 festlegt. Alle staatliche Macht muss in einer ununterbrochenen Legitimationskette auf das Volk zurück zu führen sein. Durch die Formulierung „Alle“ ist festgeschrieben, dass es keine Gewalt mehr geben darf, die nicht vom Volk begründet ist. Dabei bezieht sich Machtausübung auf die beiden Elemente: Subjekt (Mächtige) und Objekt (Ausübung, Entscheidungen).

Subjekt: Die handelnden Personen müssen durch das Volk unmittelbar oder mittelbar durch Wahlen vom Volk bestimmt werden. Die Mitglieder von Volksvertretungen werden unmittelbar bestimmt. Mittelbarer Legitimation unterliegen beispielsweise die Regierungsmitglieder, Beamten und Richter.

Objekt: Die Entscheidungen müssen ihrem Inhalte nach auf den Willen des Volkes zurückzuführen sein. Im Gegensatz zu der Legitimation des Subjekts ist die Legitimation des Objekt mit größeren Herausforderungen verbunden. So ist zu klären, inwieweit sich die Legitimität des Objekts allein aus der Legitimität des Subjekts speisen kann oder ob der Wille des Volkes durch weitere Elemente (Volksbefragungen, Volksentscheide) in Erfahrung gebracht werden muss, um Artikel 20 Absatz 2 gerecht zu werden.

Im Folgenden wird dies am Projekt Stuttgart 21 ausgeführt. Problematisch bei Stuttgart 21 ist, dass zwar die Legitimität des Subjekts der Gewaltausübung nicht in Frage gestellt wird, jedoch das Objekt. Das heißt, dass die Organe als legitim anzusehen sind, jedoch treffen sie nicht legitimierte Entscheidungen, da die Mehrheit des Staatsvolkes sich gegen die inhaltliche Entscheidung wendet. Dieser Mangel kann geheilt werden, indem sich die Mehrheit des Staatsvolkes für die Fortführung des Projekts in einer offiziellen Entscheidung (beispielsweise Bürgerentscheid) ausspricht.

Somit ist festzuhalten, dass im Bezug auf Stuttgart 21 nicht alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht.

Das Widerstandsrecht aus Artikel 20 Absatz 4 GG Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. ist dafür geschaffen, wenn vollziehende Gewalt und Rechtsprechung sich nicht an Gesetz und Recht halten. Somit würde das Widerstandsrecht die Gewalt der Gegnerinnen und Gegner nicht legitimieren. Doch es kann als Hinweis verstanden werden, dass ein ausdauernder gewaltloser Widerstand ein Pflicht für all diejenigen ist, die den Willen der Mehrheit umgesetzt sehen wollen.

………… Der Autor ist Mitglied im DVPJ ………………

07.09.2010: |