„les Art“ trägt Trauerflor oder: wieviel Schuld trägt der Präsident an dem Unglück

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Warschau/Flensburg, 11.04.2010
Redaktionsbeitrag „les Art“ trägt Trauerflor
oder: wieviel Schuld trägt der Präsident an dem Unglück
Flugzeug mit polnischem Präsidenten abgestürzt

(miwa/kle/dpa) - Der polnische Präsident Lech Kaczynksi ist bei einem Flugzeugabsturz im russischen Smolensk ums Leben gekommen. Das meldet die Nachrichtenagentur Interfax. Der Gouverneur des Gebietes Smolensk, Sergej Anufrijew, bestätigte die Angaben per Telefon im russischen Staatsfernsehen

Kaczynski soll an Bord der verunglückten Maschine gewesen sein.
© dpa

An Bord der Maschine sollen neben Kaczynski auch seine Frau sowie der Generalstabschef, Vize-Außenminister und Chef der Zentralbank des Landes gewesen sein.
Laut der Nachrichtenagentur Tass soll es bei dem Unglück 87 Tote gegeben haben. Die Agentur Interfax geht von 132 Menschen an Bord aus. Bislang gibt es keine Informationen über Überlebende. "Es sieht schlecht aus", sagte der Sprecher des Außenministeriums in Warschau, Piotr Paszkowski. "Alles deutet darauf hin, dass alle Menschen am Bord umgekommen sind."
Nach den Berichten über das Unglück beraumte die polnische Regierung ein Krisentreffen für diesen Samstag an. Kremlchef Dmitri Medwedew setzte eine Untersuchungskommission unter Leitung von Regierungschef Wladimir Putin ein.

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Die Maschine vom Typ Tupolew 154 habe laut Berichten aus Warschau beim Landeanflug mehrere Bäume gestreift und dann Feuer gefangen. Zum Zeitpunkt des Absturzes um 10.50 Uhr Ortszeit (8.50 MESZ) herrschte nach Angaben des Zivilschutzministeriums Nebel.
Kaczynski war auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die Ermordung polnischer Soldaten durch den sowjetischen Geheimdienst vor 70 Jahren im russischen Katyn.
Mehr Informationen folgen in Kürze.

NOVOSTI vermeldet:

Fluglotsen rieten Piloten des Kaczynski-Flugzeugs von Landung in Smolensk ab – Medien

18:17 10.04.2010

KIEW, 10. April (RIA Novosti). Die Kontroll- und Dispatcherdienste haben den Piloten des Flugzeuges des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski abgeraten, auf dem Flugplatz in Smolensk zu landen, und eine Landung in Minsk vorgeschlagen.

Das teilte die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza mit.

Das Flugzeug vom Typ Tu-154, mit dem der polnische Präsident mit einer großen polnischen Delegation zur Teilnahme an den Gedenkveranstaltungen nach Katyn (Russland) fliegen wollte, stürzte am Samstagmorgen bei Smolensk ab. Es gibt keine Überlebenden.

Nach Angaben der Zeitung handelt es sich bei dem Flugplatz in Smolensk um einen Militärflugplatz. Dort gibt es keine notwendigen Navigationsausrüstungen. Die Landung erschwerte zudem noch dichter Nebel.

Andrej Jewsejenkow, Pressesprecher des Gouverneurs des Gebiets Smolensk, teilte mit, dass der Tower der Besatzung des Präsidentenflugzeuges empfohlen hatte, in Minsk zu landen und dann mit anderen Transportmitteln nach Katyn zu fahren.

Aber die Piloten und der Präsident haben ungeachtet des schlechten Wetters entschieden, zu landen.

Redaktion „les Art“ :

Beide Meldungen haben uns mit großem Erschrecken und tiefer Trauer berührt und lassen kaum einen klaren Gedanken fassen. Dennoch ist es unsere Aufgabe, möglichst emotionslos, die Dinge zu betrachten.

Und hier bekommen die Verlautbarungen der NOVOSTI-Meldung und des Gespräches mit dem Tower, ein besonderes Gewicht.

Wir erinnern uns. Der polnische Präsident war sehr eigensinnig und hat sich mit Russland des Öfteren überworfen, worauf hin es zu diplomatischen Unschönheiten Anlaß gab, die Herrn Putin zu Gegenreaktionen der weiteren persönlichen Mißachtung veranlaßte, was sich speziell im Geschehen um die Aufarbeitung und das Vermächtnisses, wie der Brückenfunktion um Katyn, in der heutigen Zeit der Veränderung, zeigt.

Die Chance der gemeinsamen Gedenkfeier in Katyn als Handreichung der Aussöhnung mit Russland als ersten Schritt einer langen und gestörten, leidvollen wie durch Hassbeziehung geprägten Geschichte, gibt leider auch zu der Vermutung Anlaß, das aufgrund des Naturells von Herrn Kaczynski, dieser unter keinen Umständen in Minsk, gar Moskau landen wollte. Denn hier bestehen mentale Vorbehalte aufgrund der jüngsten politischen Ereignisse, die ein Landen dort, seinem Widerpart Putin, späte Satisfaktion erteilen könnte. Und das wollte der Sturkopf Kaczynksi mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit unter allen Umständen, vermeiden. So kam es wohl dann aus Fehleinschätzung aus politischen Gründen zu diesem Gewaltakt einer unverantwortlichen Landung, die nach dem vierten Anflug in der Katastrophe endete.

11.04.2010: |

Über Rainer Kaltenböck-Karow