Fall Mannichl: viele Besonderheiten

In der juristischen Ausbildung gehört es zum Einmaleins, dass Mord überwiegend als so genanntes „Nahraumdelikt“ vorkommt. Kriminologen belächeln daher die Angst vor dem bösen Fremden, der von außen einbricht.

Zudem liegen bei Mord (2008: 97,6 %) und Totschlag (96,7 %) die Aufklärungsquoten so hoch wie bei keinem anderen Delikt. Bei einem Fall wie dem Anschlag auf den Passauer Polizeichef Alois Mannichl, der ganz Deutschland in Aufregung versetzt und zur Einrichtung einer 50 Mann starken Sonderkommission geführt hat, müsste die Wahrscheinlichkeit noch höher liegen. Zumal das Opfer selbst erfahrener Kriminalist ist und die Tat mit dem gerne zitierten „Lebkuchenmesser“ nicht gerade delikat ausgeführt wurde. Das perfekte Verbrechen jedenfalls stellt man sich anders vor.

Da ist es kein Wunder, dass manche Bürger und auch Journalisten mehr oder minder offen andeuten, die Tat könnte sich vielleicht ganz anders zugetragen haben. Und das Sujet des Polizeibeamten, der den Sachverhalt am allerbesten kennt, hat sogar die Phantasie von Filmemachern beflügelt – zum Beispiel zu dem italienischen Leinwandklassiker „Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger“ von 1970.

Jüngst bekam der Fall eine weitere Besonderheit: Der Streit zwischen dem Ende 2008 niedergestochenen Alois Mannichl und Passaus Oberstaatsanwalt Helmut Walch spitzt sich zu. Mannichl wirft den Ermittlern Fehler vor. Die Beamten der inzwischen aufgelösten Sonderkommission „Fürstenzell“ hätten unprofessionell gearbeitet, weil sie keine Proben von Mannichls Fingernägeln nahmen, um mögliche DNA-Spuren des Attentäters zu sichern.

Chefermittler Walch schießt in Interviews zurück. Der Süddeutschen Zeitung sagte er jetzt: „Wieso hat Mannichl denn seine Untergebenen nicht selbst darauf aufmerksam gemacht? Er kennt als hoher Polizeiführer den Beweiswert von Fingernägeln. Für uns hat sich erst nach einer neuen Aussage von ihm im Januar eine solche Probeentnahme aufgedrängt. Leider hat er in den früheren Vernehmungen die Auseinandersetzung anders geschildert.“

Die Abweichungen in Mannichls Angaben hätten die Ermittlungsarbeit nicht erleichtert. Walch fügt hinzu: „Das trifft übrigens auch auf die Aussagen zu dem Messer zu. Da sehe ich erhebliche Widersprüche.“ Der glaubwürdig wirkende Oberstaatsanwalt betont zugleich: „Wir zweifeln nicht am Kerngehalt der Aussage Mannichls.” Jetzt will sich der bayerische Generalstaatsanwalt die Akten ansehen. Prognose: Der Fall wird geklärt.

Karl Diefenbach

23.12.2009: | |

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