Was geschah in Marienburg?

Nach der offiziellen Version sind die Toten aus dem Massengrab „Kriegsopfer“ – das ist unglaubwürdig

Die sterblichen Überreste der aus dem Massengrab von Marienburg (polnisch: Malbork) stammenden Toten sind am 14. August dieses Jahres in der Nähe von Stettin auf der Kriegsgräberstätte Neumark (Stare Czarnowo) bestattet worden. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. schloss sich bereitwillig der fragwürdigen, wohl politisch vorgegebenen These des polnischen Gerichtsmediziners Dr. Leszek Zacharczuk an, dass die mehr als 2.000 Menschen zwischen Januar und März 1945 ums Leben gekommen sein sollen.

BEIM EINMARSCH DER ROTEN ARMEE UMGEKOMMEN?

Dazu passend verbreiteten anlässlich der Beisetzung nahezu alle bundesdeutschen Medien eine Meldung der Deutschen Presseagentur:

„Historiker vermuten, dass es sich um ehemalige deutsche Einwohner Marienburgs handelt, die Ende des Zweiten Weltkrieges beim Einmarsch der Roten Armee umgekommen waren”.

Doch diese Ansicht namentlich nicht genannter „Historiker“ hält einer näheren Prüfung nicht stand. An der Weichselfront begann Mitte Januar 1945 die Rote Armee mit überlegenen Kräften ihre lange erwartete Winteroffensive. Bereits im Juni 1944 war Marienburg zur Festung erklärt worden.

Seit Ende Oktober 1944 zogen auch durch Marienburg in endlosen Kolonnen die aus den Grenzorten kommenden Pferdefuhrwerke mit vor der Roten Armee flüchtenden Frauen, Kindern und Greisen. Trotzdem waren die zum Verteidigungsring gehörigen Feldbefestigungen und Bunker, vorgeschobenen Infanterie-Stellungen, Schützengräben und MG-Stände sowie verdeckten Verbindungsgräben Ende 1944 mit Waffen, Munition, Verpflegungsrationen und allem Erforderlichen ausgestattet. Am 15. Januar 1945 konnte dem Festungskommandanten Oberst von Koeller die Feuerbereitschaft von drei Batterien mit jeweils vier italienischen 15-cm-Geschützen und einer mit sechs alten tschechischen 7,5-cm-Kanonen vermeldet werden.

Vor dem Osttor der Burg, im vorgelagerten Kumstgarten, im Stadtwald und an den Ausfallstraßen beim Galgenberg und bei Tessendorf waren Panzerabwehrgeschütze in Stellung gebracht worden. Zum Verteidigungssystem gehörten zudem Flugabwehrkanonen verschiedener Kaliber. Das gesamte Artillerie-Bedienungspersonal musste aus Volkssturmmännern, halbwegs genesenen Lazarettinsassen und versprengten Landsern verschiedener Waffengattungen.

Ein von der Unteroffizierschule Mewe abkommandiertes schwach besetztes Bataillon sowie Luftwaffen- und andere Marineeinheiten, darunter angehörige der Bootsmaat-Schule aus Gotenhafen, verstärkten die Festungsbesatzung. Ergänzt wurde sie noch durch mehrere kurzfristig zusammengeklaubte Alarmeinheiten. Alles in allem erreichte die zusammengeraffte Festungsbesatzung eine Stärke von rund 2.500 Mann.

MASSENFLUCHT AM 24. JANUAR 1945

Sowjetische Panzer mit starken motorisierten Kampfeinheiten erreichten am 20. Januar südlich von Marienburg die Stadt Deutsch Eylau. Zwei Tage später näherten sich ihre Panzerspitzen dem Festungsring Marienburg. Unverantwortlicherweise hatten die Dienststellen die Zivilbevölkerung in Marienburg zum aushalten angewiesen und einen rechtzeitigen Räumungs- und Evakuierungsbefehl unterlassen. Erst am Mittwoch, 24. Januar 1945, als es wie ein Lauffeuer durch die Straßen ging, der Russe marschiere in wenigen Stunden ein, verließen die meisten Bewohner überhastet ihre Häuser, um über die überfüllte Nogat-Brücken auf die westliche Uferseite zu gelangen. Noch gegen Mittag erschien zur gewohnten Zeit die „Marienburger Zeitung”.

Die ersten Granatsalven von sowjetischen Panzern, die an der Ringchaussee aufgefahren waren, krachten bei den niederen Lauben in die fast verlassene Stadt. Während Granaten im Bereich des Bahnhofs und der Zuckerfabrik einschlugen, evakuierte ein Lazarett-Zug beim östlichen Ortsteil Sandhof die Lazarettinsassen von der ehemaligen Train-Kaserne.

Aufgrund der verworrenen militärischen Lage gab es zermürbte Wehrmachtangehörige ebenso wie Parteifunktionäre, die den leichten Weg wählten, möglichst rasch auf die andere Seite der Nogat und der Weichsel zu kommen, was Rettung verhieß. Doch pflichtbewusste Soldaten und Zivilbedienstete waren entschlossen, ihr Leben in die Waagschale zu werfen, um den flüchtenden Landsleuten die notwendige Zeit zu verschaffen, sich gen Westen abzusetzen.

Die Rote Armee durchbrach in der klaren Vollmondnacht zum 25. Januar 1945 die Auffangstellung am Galgenberg und drang entlang der Elbinger Straße in Richtung Nogatbrücken vor. In den Mittagsstunden des 25. Januar 1945 fuhr russische Artillerie auf und begann, die Stadt zu beschießen. Eine geschlossene Abwehrfront existierte nicht. Heilloser Wirrwarr in der Befehlsübermittlung. Während des tobenden Kampfes um die Stadt – am Nachmittag lagen die Innenstadt, Burg und Nogatbrücken unter massivem Artilleriebeschuss – gelang es todesmutigen Männern, allein auf sich gestellt mit Panzerfäusten viele vordringende Sowjetpanzer abzuschießen.

SECHS WOCHEN DEM ANSTURM GETROTZT

Haus um Haus ging in Flammen auf, Straßenzeile um Straßenzeile ging verloren. Unter den Gefallenen: blutjunge Soldaten und grauhaarige Volkssturmmänner. In der Nacht zum 26. Januar bot das brennende Marienburg eine schaurige Kulisse.

Am 27. Januar 1945 wird im Wehrmachtbericht wiedergegeben, in Marienburg würden erbitterte Straßenkämpfe toben; einen Tag später heißt es darin, in Marienburg werde um die Burg erbittert gekämpft, und am darauffolgenden Tag, die Marienburg werde gegen heftige feindliche Angriffe gehalten. Am 28. Januar 1945 konnten sich die deutschen Kämpfer nur noch in einem schmalen Brückenkopf am Ostufer der Nogat, der die Hohen Lauben und die Ordensburg umfasste, verteidigen.

Noch sechs Wochen trotzte die „Kampfgruppe Marienburg“ unter hohen Verlusten dem feindlichen Ansturm und verhinderte den sowjetischen Durchmarsch über die Nogatbrücken. Die schwerste Waffe, über die man in der Burg (in reichlicher Menge) verfügte, war die Panzerfaust.

Am 5. Februar 1945 erwähnte der Wehrmachtbericht, die Marienburg stehe im Brennpunkt erbitterter Kämpfe. Wenig später war Marienburg für die Sowjets ein Nebenkriegsschauplatz geworden. Der Roten Armee war es gelungen, nördlich und südlich Marienburgs die Nogat zu überschreiten, um rasch auf Danzig und Berlin vorzurücken.

BIS KRIEGSENDE KEIN MASSENSTERBEN

Am 8. März 1945 ging der Befehl zur Räumung der Burg ein. Eine weitere Verteidigung des Brückenkopfes Marienburg war sinnlos geworden; die Einheiten in dem sich zuziehenden Kessel wurden im rückwärtigen Raum zur Verteidigung Danzigs benötigt. Mit einsetzender Dunkelheit des nächsten Tages gelang es den Burg-Einheiten sich abzusetzen, ohne dass dies von den Sowjets bemerkt wurde. Als der letzte Mann die Nogatbrücken passiert hatte, wurden diese gesprengt.

Die Kämpfer von Marienburg haben durch ihren Einsatz Hunderttausende Landsleute vor Ermordung, Schändung, Verschleppung und Willkür bewahrt. Keiner hat die Namen der Kämpfer aufgeschrieben, Niemand die Erkennungsmarken der Gefallenen an sich genommen. Die während der Kämpfe in Marienburg gefallenen deutschen Soldaten wurden nicht in einem Bombenkrater (wie es Anfang 2009 in vielen Veröffentlichungen hieß) verscharrt, da auf Marienburg während des Zweiten Weltkrieges nicht eine einzige Bombe geworfen wurde und die Wehrmacht bis zum Schluss ihre Gefallenen ausnahmslos in der Ordensburg oder unmittelbar am Nogatufer in Einzelgräbern zur letzten Ruhe gebettet hat.

Sowohl von deutschen als auch von sowjetischen Soldaten ist glaubhaft bekundet worden, dass es bis zum Ende der Kampfhandlungen im März 1945 und bis zum Kriegsende am 9. Mai 1945 in Marienburg kein Massensterben gegeben hat.

Die nach Beendigung der Kriegswirren in den Straßen, Häusern und auf Plätzen Marienburgs aufgefundenen zirka 700 Toten fanden auf den Friedhöfen der Stadt ihre letzte Ruhestätte, wo sie der deutsche Pfarrer Will mit Hilfe einiger überlebender Einwohner beerdigte.

„NACH DEM KRIEG ERSCHOSSEN“

Infolge der Rückkehr vieler evakuierter Marienburger lebten Mitte des Jahres 1945 außer etwa 1.000 dort angekommenen Polen auch wieder über 2 000 Deutsche in Marienburg. Ab Juli 1945, als die Rote Armee das Marienburger Gebiet verließ, gab es dort von Polen überwachte Zwangslager, eines davon in der Marienburg, in denen deutsche Menschen unter katastrophalen Verhältnissen zusammengepfercht wurden.

Ab Ende 1945 finden die zurückgekehrten deutschen Einwohner von Marienburg öffentlich nirgendwo mehr Erwähnung. Schon vor dem Fall des Eisernen Vorhangs waren die verscharrten Gebeine den dort lebenden polnischen Einwohnern und auch Vertretern des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. durchaus bekannt. Dies teilte der polnische Fremdenführer Franticek Borzych am 24. Juli 1985 einer deutschen Reisegruppe mit, zu der auch der Verfasser gehörte. Er wusste zu berichten, dass sechshundert Deutsche nach dem Kriege vor den Ostmauern der Marienburg erschossen worden waren. Ende 2008 ist unter jungen Polen erfreulicherweise das Bedürfnis nach historischer Wahrheit aufgekommen, wodurch der grausige Fund der Weltöffentlichkeit erst publik wurde.

Eckard Wetzel

15.12.2009: | |

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