Der Geniestreich namens Abwrackprämie

Deutsche Milliardensubventionen für ausländische Kfz-Hersteller – das Ganze auf Kosten der Umwelt.

Seit einigen Tagen ist der Fördertopf der so genannten „Umweltprämie“ leer. Zeit, Bilanz zu ziehen.

Was die „Umweltprämie“, die in Wahrheit eine Abwrackprämie ist, so einzigartig machte, ist weniger die Tatsache, dass hier eine regelrechte Subventionsorgie veranstaltet wurde. Auf Kosten des Steuerzahlers natürlich und damit nicht zuletzt auf Kosten zukünftiger Generationen, also unserer Kinder und Kindeskinder, die die Zeche werden zahlen müssen. Subventionsorgien gibt es derzeit viele. Vor allem im Bankbereich. Und dagegen nimmt sich die Abwrackprämie noch geradezu bescheiden aus. Allein für die 130 Milliarden Euro Staatshilfe für die marode Hypo Real Estate hätte man die Abwrackprämie noch rund 20 Jahre weiterlaufen lassen können.

DACIA SAGT DANKE

Das wirklich Besondere an der Abwrackprämie ist, dass der deutsche Steuerzahler mit Milliardensummen ausländische Konkurrenzfirmen fördern musste. So gestärkt, mischen die ausländischen Autohersteller den deutschen Kfz-Markt gehörig auf.

Den größten Reibach erzielte Renault mit seiner im Niedriglohnland Rumänien produzierten Billigmarke Dacia. Waren zunächst für 2009 nur 23.000 Autoverkäufe von Dacia in Deutschland kalkuliert worden, verkaufte Dacia allein bis Ende August bereits 80.000 Pkw bei uns. Im Ergebnis konnte Dacia seinen Absatz in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr damit rund vervierfachen.

Seine Absatzerwartungen deutlich übertreffen konnte auch FIAT. Anstelle kalkulierter 100.000 Autoverkäufe in Deutschland werden es dieses Jahr rund 180.000 sein. Ein sattes Plus von 80 Prozent! Damit befindet sich FIAT in guter Gesellschaft mit beispielsweise Suzuki. Der Hersteller mit Sitz im japanischen Hamamatsu konnte in diesem Jahr dank der Abwrackprämie seine Verkäufe in Deutschland ebenfalls um gut 80 Prozent steigern. Weltmarktführer Toyota liegt mit einem Plus von 65 Prozent nur knapp dahinter, dicht gefolgt von Peugeot mit einem Zugewinn von knapp 60 Prozent auf insgesamt rund 135.000 verkauften Fahrzeugen in Deutschland.

Opel erzielte immerhin einen Zugewinn von rund 45 Prozent. Die Steigerung der Opel-Verkaufszahlen von 240.000 auf 340.000 wird nicht zuletzt auch General Motors freuen – und wohl in ihrem Entschluss bestärken, einen so hochwertigen Autohersteller doch nicht abzustoßen.

Ebenfalls zu den Gewinnern gehört VW. Der Hersteller verkaufte dank der Abwrackprämie rund 195.000 zusätzliche Autos. Das entspricht einem Plus von 34 Prozent. Für andere deutsche Autohersteller sieht die Bilanz dagegen alles andere als rosig aus. Vor allem die Oberklassenhersteller müssen kräftig Federn lassen, denn viele potenzielle Käufer sind wegen der Abwrackprämie lieber auf preiswertere Automarken umgestiegen. So gibt es für Audi dieses Jahr einen Verkaufsrückgang, für Mercedes und BMW sogar einen regelrechten Absatzeinbruch. Die Abwrackprämie hat ihre Kunden direkt in die Arme der Konkurrenz getrieben.

DEUTSCHE HERSTELLER HABEN DAS NACHSEHEN

Unter dem Strich haben als Folge der Abwrackprämie die deutschen Autohersteller kräftig Marktanteile verloren. Zum ersten Mal überhaupt wird in diesem Jahr der Anteil der deutschen Autobauer (VW, Mercedes, BMW, Audi, Opel, Ford, Porsche) zusammen bei nur noch 58 Prozent in Deutschland liegen. 2008 waren es noch 62 Prozent. Was für eine irrsinnige Folge einer Milliardensubvention des deutschen Steuerzahlers!

Dennoch ist die große Koalition aus Union und SPD voll des Lobes für sich selbst. Die „Umweltprämie“ sei ein voller Erfolg gewesen. Das Ziel, den massiven Konjunktureinbruch im Automobilsektor abzufedern, sei erreicht worden. Die Automobilbranche sei vor dem Schlimmsten bewahrt worden.

Wenn sich die Bundesregierung da mal nicht täuscht! Stefan Reindl vom Institut für Automobilwirtschaft sagt voraus, dass der Neuwagenmarkt in Kürze einbrechen werde, da viele ihren Autokauf vorgezogen hätten. Bis Ende 2009 seien Händler und Hersteller noch mit dem Abarbeiten der Aufträge beschäftigt, dann komme der Einbruch. Eine Studie der Unternehmensberatungsfirma Roland Berger sieht 90.000 Arbeitsplätze in der Branche gefährdet. Ferdinand Dudenhöffer, Autoexperte der Universität Duisburg-Essen, sieht das Preisgefüge im deutschen Automobilmarkt als Folge der Abwrackprämie nachhaltig zerstört. Die massiven Rabatte würden nicht zuletzt den Autoverkauf für viele Händler zum Verlustgeschäft machen.

Auf der Strecke bleibt vor allem eines: Die Umwelt. Zwar ist die Prämie an Neuwagen mit mindestens Abgasnorm Euro 4 gekoppelt. Doch eine Beschränkung des CO2-Ausstoßes des neuen Fahrzeugs oder von dessen Spritverbrauch gibt es nicht. Die Chance, gezielt umweltfreundliche Technologien zu fördern, wurde verpasst.

Das Schlimmste aber ist: Infolge der „Umweltprämie“ wurden viele noch voll fahrtüchtige Autos verschrottet. Doch gerade die Verschrottung der Altautos und die Produktion der Neufahrzeuge belasten die Umwelt in besonders hohem Maß.

Dazu eine kleine Rechnung. Angenommen, die durchschnittliche Fahrleistung eines Autos liegt bei 180.000 Kilometern. Und weiter angenommen, infolge der Abwrackprämie seien die Fahrzeuge bereits mit 150.000 km, somit 30.000 km früher als notwendig, verschrottet worden – was angesichts zahlreicher entsprechender Berichte eine realistische Berechnungsgrundlage zu sein scheint. Nach Expertenmeinung wird auf dem Weg von der Rohstoffförderung bis hin zur Verschrottung des Fahrzeugs pro Kilogramm Fahrzeugleergewicht das Energieäquivalent von 15,5 Litern Benzin (134 kWh) verbraucht und werden 24,7 Kilogramm Abfall produziert.

Für ein Altfahrzeug von 1.000 kg Leergewicht und 150.000 km bisheriger Laufleistung sowie weiteren 30.000 km geschätzter Restlaufleistung, die durch die vorzeitige Verschrottung verschenkt wird, würde dies bedeuten, dass der Herstellungsanteil von 134.000 Kilowattstunden (Energiemix aus Strom, Öl und Gas ca. 340 g CO2 pro kWh = 45.000 kg CO2) mit 0,74 kWh bzw. 250 g (!) CO2 pro Kilometer zu Buche schlägt. Für die 30.000 km Restlaufleistung sind also schon 7,5 Tonnen CO2 produziert worden, welche das Neufahrzeug auf seinen 180.000 km Lebensdauer erst wieder einsparen muss. Das lässt sich nur mit einem geringeren Durchschnittsverbrauch von 1,75 Litern auf 100 km erreichen, und auch das nur unter der Voraussetzung, dass das Neufahrzeug bei gleichen Transportkapazitäten auch nicht mehr wiegt als das alte Auto. Durch die teils schwergewichtige neue Technik ist das aber normalerweise nicht der Fall. Ein Fahrzeug mit den gleichen Transportkapazitäten wiegt heute sogar weit mehr als noch vor zehn Jahren. Damit ergibt sich unter dem Strich eine deutlich negative Umwelt- und Energiebilanz infolge der „Umweltprämie“.

Was für ein Geniestreich der großen Koalition!

Dr. Petersen


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