An der Hochschule Karlsruhe entsteht mit dem Institute of Materials and Processes ein neues Kompetenzzentrum

Mit dem neuen Institute of Materials and Processes (IMP) entsteht an der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft neben dem Institut für Angewandte Forschung, der zentralen Forschungseinrichtung der Hochschule, das größte einzelne Forschungsinstitut. An ihm sollen in Zukunft durch die Entwicklung neuer rechnergestützter Modellierungs- und Simulationstechniken in der Werkstoffentwicklung Verfahren in der Produktions- und Fertigungstechnik optimiert und weiterentwickelt werden. Basis des neuen IMP ist der interdisziplinäre Zusammenschluss des Institute of Computational Engineering an der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik mit dem Institut für Fertigungstechnik und Produktion sowie den Laboren für Fluidmechanik und Werkstoffprüfung an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik.

Am neuen Institut werden die Studierenden beider Fakultäten mit allen Schlüsseltechnologien der Fertigungstechnik sowie der Werkstoffkunde und -simulation vertraut gemacht und sie können mit den modernsten Fertigungstechnologien alle Prozesse und Abläufe einer industriellen Produktion direkt nachvollziehen und Problemlösungen unter realen Bedingungen erarbeiten. Die technischen Möglichkeiten des neuen Instituts sind auch Grundlage für zahlreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten in Werkstoffbearbeitung und Fertigungstechnik an der Hochschule.

Forschungsschwerpunkte des Institute of Computational Engineering (ICE) sind rechnergestützte Simulations- und Modellierungstechniken. Über mathematisch-physikalische Modelle können die Mikrostrukturen von Materialien am Bildschirm dreidimensional visualisiert werden. So lässt sich auch ermitteln, wie sich die Werkstoffeigenschaften unter verschiedenen Prozessbedingungen, Verarbeitungsmethoden oder auch durch andere Materialzusammensetzungen verhalten. „Solche Materialstrukturen lassen sich mit bloßem Auge nicht erkennen“, so die Leiterin des ICE Dr. Britta Nestler, Professorin an der Fakultät für Informatik und Wirtschaftsinformatik, Trägerin des Landesforschungspreises und künftige Direktorin des neuen Institute of Materials and Processes, „über die Computersimulation kann ich mich jedoch in ein Werkstück quasi hineinzoomen und jeden Bereich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten.“ Diese Technologie erlaubt den Forschern auch Einblicke in Prozesse, die zuvor nicht möglich waren – beispielsweise durch die hohen Temperaturen bei Gießereiprozessen. Die moderne Computersimulation ermöglicht nun die dreidimensionale Visualisierung und damit die Analyse von unterschiedlichen Werkstoffen in metallischen Erstarrungsprozessen. „Damit können wir erstmals die Bildung komplexer Mikrostrukturen in solchen Prozessen sichtbar machen“, so Prof. Dr. Britta Nestler, „die schließlich die mechanischen Eigenschaften der Endprodukte entscheidend prägen.“

In der heutigen Produktionstechnik kommt es durch die stetige Weiterentwicklung einzelner Bearbeitungskomponenten, Werkzeuge und Werkzeugbeschichtungen durch die gestiegene Leistung der eingesetzten Maschinen zu einer deutlich höheren mechanischen als auch thermischen Belastung der bearbeiteten Werkstücke. „Und das kann in nahezu allen Prozessen der Werkstoffbearbeitung“, so Dr. Rüdiger Haas, Professor an der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik und Leiter des Instituts für Fertigungstechnik und Produktion, „zu einer Schädigung der Oberflächenstruktur im Mikrobereich führen.“ „Es war damit für uns an der Hochschule Karlsruhe nur ein logischer und konsequenter Schritt“, so Rektor Prof. Dr. Karl-Heinz Meisel, „die beiden an der Hochschule bestehenden Fachinstitute zusammenzuführen und mit weiteren Forschungseinheiten zu verbinden, um die Kompetenzen in computergestützter Materialforschung und in der Produktions- und Fertigungstechnik zu bündeln, um Methoden und Technologien zu verbessern und zu entwickeln, diese hohe thermische und mechanische Belastung von Werkstoffen in ihrer Bearbeitung möglichst gering zu halten.“

Organisatorisch wird das Institute of Materials and Processes die Abteilungen Computational Materials Science and Engineering, Fertigungstechnik und Produktion, Fluiddynamik und eine Querschnittsabteilung Applied Materials Research beinhalten. Allein über das Institut für Fertigungstechnik und Produktion werden rund 50 wissenschaftliche und studentische Mitarbeiter und hochmoderne Bearbeitungsgeräte im Wert von ca. drei Mio. Euro vollständig in das IMP integriert, über das Institute of Computational Engineering sind dies weitere 18 wissenschaftliche Mitarbeiter und eine Hochleistungsrechneranlage im Gegenwert von rund 630 000 Euro. An beiden Instituten arbeiten jeweils sechs Doktoranden an ihrer Promotion, die diese jetzt am IMP fortsetzen werden.

„Mit der Gründung des Institute of Materials and Processes entsteht an der Hochschule ein neues Kompetenzzentrum mit mehr als 70 Wissenschaftlern, modernster technischer Ausstattung und einem leistungsstarken Rechnercluster für die Computersimulation“, so Rektor Prof. Dr. Karl-Heinz Meisel, „sein Forschungsschwerpunkt berührt alle Abläufe und Prozesse in der fertigenden Industrie – und wir sind uns damit sicher, dass wir durch das IMP diese interessante Dienstleistungen in der angewandten Forschung anbieten können, um Fertigungsprozesse zu optimieren sowie neue Produkte und Technologien zu entwickeln. Durch diese Institutsgründung werden an der Hochschule nicht nur die Aktivitäten in der angewandten Forschung weiter ausgebaut, sondern auch unsere Studierenden können ganz wesentlich von seiner intensiven Verzahnung mit der Hochschulausbildung profitieren.“

Auf die Bedeutung der Gründung des IMP für die TechnologieRegion Karlsruhe und darüber hinaus wies Bernd Bechtold, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags, Präsident der Industrie- und Handelskammer Karlsruhe und stellvertretender Vorsitzender des Hochschulrats der Hochschule Karlsruhe, in seiner Ansprache während der feierlichen Eröffnung des Instituts am gestrigen Nachmittag hin.