Von der politischen zur gastlichen „Mission“

Die erste „Ständige Vertretung“ der Bonner Bundesrepublik in Berlin (Ost) wurde im Sommer 1974 eröffnet. Ihr Leiter war Günter Gaus, der zuvor mehrere Monate lang mit dem ehemaligen DDR-Außenministerium über die rechtlichen Grundlagen einer solchen „Mission“ verhandelt hatte. Die Bundesregierung wünschte für sie einerseits gerade so viele Rechte einer Botschaft, wie zu ungehindertem Arbeiten nötig war. Andererseits wollte sie aus verfassungsrechtlichen Gründen so wenig Botschaftsstatus wie möglich, da die DDR zwar als Staat, nicht aber als Ausland anerkannt war. In der Praxis führte das zur Eröffnung der „Ständigen Vertretung“, kurz auch als „StäV“ bezeichnet. 1997 eröffneten die Bonner Gastronomen Friedel Drautzburg und Harald Grunert in unmittelbarer Nähe der früheren „Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ostberlin“ ihre „Ständige Vertretung Rheinland in Berlin“. Als ein Stück Heimat für die Politiker nebst Gefolge, die vom Rhein an die Spree umgezogen waren.
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––10 Jahre „StäV“ mitten im Berliner Regierungsviertel
Mit preisgekröntem Konzept schon heute
gastronomische Legende

Die Idee der Ständigen Vertretung der Rheinländer in Berlin, kurz „StäV“ genannt, stammt von den Bonner Gastronomen Friedel Drautzburg und Harald Grunert. Nachdem sie sich zunächst aus verständlichen Gründen auch in aller Öffentlichkeit für das Verbleiben der Bundesregierung in Bonn stark gemacht hatten, waren beide nach dem Umzugsbeschluss des Bundestages 1991 schnell bereit, aus der Not eine Tugend zu machen: Wenn die Politik geht, gehen wir mit. Schließlich brauchte die Regierung vom Rhein in Berlin ein Stück Heimat, um in der neuen Hauptstadt leichter Fuß zu fassen. Was lag da näher als eine Ständige Vertretung an der Spree?

Namensgeber des neuen Lokals von Drautzburg und Grunert war die ehemalige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in Ostberlin, die in Insiderkreisen bereits „StäV“ genannt wurde und in unmittelbarer Nähe der heutigen gastronomischen Institution lag. Als Vorposten der real existierenden Demokratie auf dem Boden des real existierenden Sozialismus war die damalige politische „StäV“ die ständige Gesprächs- und Verhandlungsebene zwischen den beiden deutschen Nachkriegsstaaten. Und nach genau diesem Vorbild hat sich die gesellig-gesellschaftliche „StäV“ à la Drautzburg und Grunert seit Gründung 1997 längst als Kommunikationsforum mit museumsartiger Atmosphäre und rheinisch-berlinischen Spezialitäten für regierungsamtliche Umzügler von einst sowie für Berliner und Touristen etabliert.

Damit gewann auch die rheinische Biersorte Kölsch einen wichtigen „Brückenkopf“ an der Spree. Denn unverzichtbarer Bestandteil der Kneipenkultur der beiden Gastronomen aus Bonn war die Kölsch-Kultur, ohne die rheinische Gastronomie gar nicht „geht“. Mit Hilfe der aus Bonn übergesiedelten Regierungsmannschaften gelang Drautzburg und Grunert schnell die Einstimmung der Berliner Zielgruppen auf die Sorte Kölsch und auf das rheinische Lebensgefühl. „Wie einst Kolumbus die neue Welt für Europa öffnete, so haben die beiden Bonner Berlin für Kölsch geöffnet“, so Peter Hahn, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes in Berlin.

In diesem Jahr kann das Szenelokal auf zehnjähriges erfolg- und ruhmreiches Bestehen zurückblicken. Mitten im Regierungsviertel, das den politischen und vor allem den medienpolitischen Herzschlag der Hauptstadt Berlin bestimmt, gelang den Vollblut-Gastronomen Drautzburg und Grunert in durchaus überschaubarem Zeitraum gastronomisch-atmosphärisch der Brückenschlag zwischen Bonn und Berlin, Rheinland und dem alten Preußen, Ost- und Westberlinern sowie Kultur und Politik auf einem „rischtijen“ Stück rheinischer Heimat.

In der „StäV“ am Schiffbauerdamm zeugen neben zahllosen Memorabilien aus dem politischen, kulturellen, künstlerischen und ganz normalen Berliner Leben von heute immer noch auch zahlreiche Details aus der früheren „StäV“ zu Zeiten des „kalten Krieges“ von der wahrlich bewegten Geschichte der heutigen Hauptstadt. Vor allem aber transportiert die „StäV“ die Geschichte der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn, die erfolgreichen frühen Jahre der Bundesrepublik Deutschland unter Bonner Regie sowie ganz einfach die „rheinische Leichtigkeit des Seins“ in echter Kölsch-Kneipenkultur. Visualisiert wird das alles durch so manches Erinnerungsstück, das die beiden Gastronomen aus der Ära Bonns als Zentrum der „alten“ Bundesrepublik mit nach Berlin brachten. So bietet die „StäV“ in ihren Räumen gleichzeitig Gelegenheit zu einer aufschlussreichen Zeitreise durch die jüngere Geschichte Deutschlands vor und nach der Wende. Unter anderem sind im Lokal neben vielen historischen Zeugnissen und Dokumenten der Vergangenheit in Bonn und Berlin beispielsweise auch die wertvollen Bleiverglasungen aus dem früheren „Wein ABC“ aus der Zeit vor dem Fall der Mauer erhalten geblieben.

Um dem Gefühl der damals von Bonn nach Berlin „Heimatvertriebenen“ einen weiteren Erinnerungs-„Aufhänger“ zu bieten, nannten Drautzburg und Grunert ihren außengastronomischen Bereich am Spreeufer in alter Verbundenheit „Rheinterrasse“. Bei manchen Schiffsführern auf der Spree, aber auch bei Gästen, sorgte das bereits für manche Verwirrung, aber auch für noch mehr Schmunzeln. „Bönnsche“ Heimatverbundenheit und rheinischer Humor räumen nun mal Kleinigkeiten wie geografischen Gegebenheiten nicht die allererste Priorität ein. Das hat auch Berlin schnell begriffen.

Mit ihrem „StäV“-Konzept ist den Gastronomen Friedel Drautzburg und Harald Grunert in der Hauptstadt jedenfalls der große Wurf gelungen. Durchaus zur Bereicherung der ohnehin nicht eben ideenarmen Berliner Gastro-Szene. Nicht ohne Grund waren die beiden Spree-Gastronomen mit Bonner „Pass“ mit ihrer „StäV“ bereits 1999 Gewinner des in der Branche begehrten „Kneipen-Oscar“ für das beste Konzept des Jahres. Der „Kneipen-Oscar wird alljährlich von der Brauerei Felsenkeller für besondere Leistungen in verschiedenen gastronomischen Kategorien vergeben.

Sogar ein Buch mit 130 Seiten über die „StäV“, herausgegeben von dem früheren Kölner Regierungspräsidenten Franz-Josef Antwerpes und von Friedhelm-Julius Beucher, einst Mitglied des deutschen Bundestages, ist bereits veröffentlicht worden. Seit dem 13. September 2007 gibt es allerdings ein ganz neues, hochaktuelles Buch über die „StäV“. Das im Kölner Bachem-Verlag erschienene Buch von Rüdiger von Woikowsky mit Fotografien von Frank Ossenbrink trägt den Titel „Das Phänomen StäV – Ständige Vertretung – Brücke zwischen Rhein und Spree“. Auf 128 Seiten mit 59 historischen schwarzweißen und 193 farbigen Abbildungen beschreibt es die Entwicklung der „StäV“ von der Idee bis zum attraktiven Anziehungspunkt im neuen Berliner Regierungs- und Medienviertel.
Wenn das kein Beweis dafür ist, dass die „StäV“ bereits einen legendären Ruf genießt – trotz ihres noch jugendlichen Alters von erst zehn Jahren ...


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