Erste Lesung der Abfallrahmenrichtlinie im EU-Parlament abgeschlossen
Pressetext verfasst von EUROPATICKER am So, 2007-04-01 07:38.Zahlreiche Änderungen lassen schwierige Abstimmung mit EU-Ministerrat erwarten
EUROPATICKER Umweltruf: Das Europäische Parlament (EP) hat Mitte Februar zahlreiche Änderungen und Ergänzungen zum Kommissionsvorschlag für die Novellierung der EU-Abfallrahmenrichtlinie verabschiedet. Als nächster Verfahrensschritt müssen nun die Mitgliedsstaaten der EU ihre gemeinsame Position verabschieden. Deutschland als aktueller Ratsvorsitzender strebt an, bis zur Umweltratssitzung Ende Juni 2007 die politische Einigung darüber herbeizuführen. Das EP machte seine Position zur künftigen Abfallpolitik außerdem in einer Entschließung zur Recyclingstrategie der Gemeinschaft deutlich.
Die Änderungen des EP führen unter anderem eine fünfstufige Abfallhierarchie in die Richtlinie ein sowie Mindestquoten für das Recycling bestimmter Abfallströme, Verpflichtungen zum Aufbau getrennter Sammelsysteme, Zielsetzungen für die Abfallvermeidung, Bestimmungen über Bioabfälle sowie zusätzliche Anforderungen im Hinblick auf Rückverfolgbarkeit und Genehmigungen bei gefährlichen Abfällen.
Teilweise erscheinen die Änderungen des Parlaments widersprüchlich. Einerseits strich es die Möglichkeit, Müllverbrennungsanlagen, deren Energieeffizienz einen Mindestwert erreicht, als Verwertungsanlagen einzustufen. Begründet wurde dies unter anderem mit der Absicht, Exporte von Verbrennungsabfällen zu verhindern. Andererseits entfällt durch eine weitere Änderung des Parlaments die Zielsetzung für die Mitgliedstaaten, die individuelle Entsorgungsautarkie für Beseitigungsabfälle anzustreben. Stattdessen wird von jedem Mitgliedstaat lediglich gefordert, in Zusammenarbeit mit anderen Mitgliedstaaten die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um ein integriertes und angemessenes Netz von Beseitigungsanlagen aufzubauen.
Eine Reihe von Änderungen des EP zielen darauf ab, die Abfallverwertung, insbesondere das Recycling, voranzutreiben. Die Mehrheit der Parlamentarier stimmte für eine fünfstufige Abfallhierarchie, die in absteigender Rangfolge von der Abfallvermeidung über Wiederverwendung, Recycling, sonstige Verwertungsverfahren bis zur sicheren und umweltgerechten Beseitigung reicht. Abweichungen davon sollen nach dem Willen des Parlaments nur dann zulässig sein, wenn Lebenszyklusbewertungen und Kosten-Nutzen-Analysen "eindeutig ergeben", dass eine alternative Behandlungsoption in Bezug auf einen definierten Abfallstrom vorteilhafter ist. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas kritisierte diese Anforderung als übermäßig, während die fünfstufige Hierarchie nach seiner Aussage von der Kommission akzeptiert werden kann.
Nicht unter den Begriff des Recyclings fallen soll nach dem Willen des EP die Aufbereitung zu Kraft- oder Brennstoff, der Einsatz als Füllmaterial sowie "Prozesse, die Verbrennung oder Verwendung als Energieträger ? Träger chemischer Energie inbegriffen – umfassen".
Um die Entwicklung hin zur "Recyclinggesellschaft" voranzutreiben, will das EP die Mitgliedstaaten verpflichten, bis zum Jahr 2020 mindestens 50 Prozent des Aufkommens an Siedlungsabfällen und mindestens 70 Prozent der Bau-, Abbruch-, Industrie- und Produktionsabfälle zu recyceln. Wo notwendig, sollen die Mitgliedstaaten außerdem Systeme zur Getrenntsammlung einführen. Nach dem Willen des Parlaments soll dies bis 2015 mindestens geschehen für Papier, Metall, Kunststoffe, Glas, Textilien, biologisch abbaubare Abfälle, Altöl und gefährliche Abfälle. Daneben werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, für die Rückstände aus Recyclingverfahren ausreichende, kostengünstige Entsorgungsoptionen mit einem hohem Umweltschutzniveau sicherzustellen.
Als vorrangige Kandidaten für das geplante Verfahren zur Definition des Endes der Abfalleigenschaft nennt das EP Kompost, Baustoffe, Altpapier, Altglas, Altmetalle, Altreifen sowie Gebrauchtkleidung. Dabei will das EP seine Beteiligung am Verfahren im Rahmen des Mitentscheidungsverfahrens sicherstellen. So soll die EU-Kommission zunächst innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie in einem Vorschlag für einen Rechtsakt die Umwelt- und Qualitätskriterien festlegen, die für die Anerkennung als Sekundärrohstoff gelten sollen. Innerhalb von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Richtlinie soll die Kommission dann in einem zweiten Schritt Vorschläge mit Einzelvorschriften für die unterschiedlichen Abfallarten vorlegen. Stavros Dimas lehnte diese Vorgehensweise als zu langwierig und ungeeignet für die Festlegung der Abfallende-Kriterien ab.
Soweit Regelungen im technischen Ausschuss der EU-Kommission erarbeitet werden sollen, passt das EP dieses Ausschussverfahren an das neue "Regelungsverfahren mit Kontrolle" an, das im vergangenen Jahr eingeführt wurde und dem Parlament die Möglichkeit einräumt, Entscheidungen der Kommission abzulehnen.
Des Weiteren nahm das EP eine Reihe neuer Definitionen in den Richtlinienvorschlag auf, unter anderem für Händler, Makler, Vertreter, Reinigung, Bioabfälle und die Aufbereitung von Altöl. Zur Abgrenzung zwischen Nebenprodukten und Abfällen soll die EU-Kommission nach dem Willen des EP Auslegungsleitlinien auf Grundlage der bisherigen Rechtssprechung vorlegen. Falls sich dies als nicht ausreichend erweist, soll sie Rechtsakte vorschlagen, die "deutliche Kriterien für die Einzelfallentscheidung" enthalten. Außerdem führte das EP Bestimmungen zur Verankerung der Herstellerverantwortung sowie des Verursacherprinzips in den Richtlinienvorschlag ein.
Im Hinblick auf gefährliche Abfälle verschärfte das EP unter anderem die Anforderungen an Rückverfolgbarkeit und Genehmigungen und fügte ein Verdünnungsverbot ein. Nach dem Willen des EP soll außerdem die Altölrichtlinie, welche die Kornmission im Sinne des Bürokratieabbaus streichen will, weiterhin Bestand haben, ebenso die Festschreibung des Vorrangs der stofflichen Altölaufbereitung
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