Wenn Müll schon nicht vermieden wird…

… dann soll er wenigstens ordentlich etwas kosten
EUROPATICKER Umweltruf: Unternehmen, die Verpackungen für private Verbraucher in Umlauf bringen, sollen nach den Überlegungen im BMU zwangsweise an die Dualen Systeme angeschlossen werden. Zudem müssten sie ihre Verpackungsmengen künftig von einem Wirtschaftsprüfer testieren lassen, damit überprüft werden kann, ob die Lizenzgebühren bezahlt worden sind.

Finanzierungslücke von 300 Millionen EURO bei der Gelben Tonne erwartet

Das sei zuletzt das große Problem der Dualen Systeme gewesen. Experten schätzen die aktuelle Finanzierungslücke auf rund 300 Mio. Euro, so Thomas Rummler, Leiter der Abteilung Abfallwirtschaft und Bodenschutz im Bundesumweltministerium.

Das Bundesumweltministerium hat angekündigt, in dieser Woche den Referentenentwurf zur Novelle der Verpackungsverordnung vorlegen zu wollen. In Wesentlichen geht es um Maßnahmen gegen die so genannten „Trittbrettfahrer“. Unter Trittbrettfahrer verstehen die Lizenzierer in erster Linie die Selbstentsorger, die immerhin in einem Verband organisiert sind. Keine Lobby dagegen brauchen die „Lizenzpreller“. Die handeln lieber im Dunklen und drucken frech das Lizenzzeichen auf ihre Verpackungen ohne auch nur einen Cent dafür zu bezahlen.

Die Einnahmen aus den Lizenzgebühren dienen der haushaltsnahen Entsorgung des Verpackungsmülls. Die Lizenzgebühren werden bei dem Verwender der Verpackungen fällig, der sie wiederum innerhalb seiner Kalkulation dem Verbraucher über den Handel weiterreicht. Letztlich zahlen die Verbraucher im Vorhinein eine Gebühr dafür, dass der Verpackungsmüll wieder entsorgt wird. Ausgedacht hat sich System die Wirtschaft, auf Druck des damaligen Umweltministers, Klaus Töpfer. Töpfer 1998 hatte damit gedroht, ein Gesetz gegen den zunehmenden Verpackungsmüll initiieren zu wollen. Herausgekommen ist dann eine Verordnung, die die Verantwortung der Entsorgung in die Hände der Verursacher gelegt hat.

Wer Dreck macht, soll ihn auch wieder wegbringen

Entscheidend für Töpfers Vorstoß war, dass die Quote der Mehrweggebinde immer mehr zurückging und Mineralwasser, Fruchtsäfte, Milch und viele andere Produkte in Einweggebinden verkauft wurden. Zwar hatten sich Mineralwasser- und Bierindustrie lange Zeit gegen den Trend zum Einweggebinde gestellt. Doch die großen Discounter hatten wenig Interesse ein Rücknahmesystem in ihren Geschäften anzubieten. Intensive Lobbyarbeit zeigte zudem ihre Wirkung. Es kommt nicht auf das Material der Verpackung an, sondern auf den Inhalt. So wird die Weinflasche anders behandelt, als zum Beispiel die Bierflasche. Beides landet letztlich im Glascontainer und auch schon mal klein geschlagen in der ganz gewöhnlichen Hausmülltonne.

Ausgequetschte Zahnpastatuben, leer gegessene Fischdosen oder Joghurtbecher konnten theoretisch dem Handel wieder zurückgebracht werden. Doch in der Praxis lagen allenfalls Umverpackungen von Cornflakes in den bereitgestellten Sammelbehältern. Die Zusage der Verbandsbosse die Selbstverantwortung für den Verpackungsmüll zu übernehmen, lief weitgehend ins Leere. Die eilends gegründete Non-Profit-Gesellschaft, Duales System Deutschland (DSD) stand schon kurze Zeit später vor der Pleite. Kaum ein Verpacker wollte einsehen, Lizenzgebühren abzuführen. Die Entsorger blieben auf ihren Rechnungen sitzen und das Handelsblatt stellte nüchtern fest: „die Privatwirtschaft habe sich mit dem Dualen System selbst einen Bärendienst erwiesen.“

Nach diesem Hickhack sei keinem Politiker mehr zuzumuten, auch nur einen Pfennig in freiwillige Vereinbarungen zu investieren und seinen Kopf für derartige Lösungen hinzuhalten. Die traurige Lehre aus dem Verwirrspiel um die gelbe Tonne kann nur heißen: „Wenn der Staat keine Gesetze macht, passiert nichts", mutmaßte das Wirtschaftsblatt. Doch das Handelsblatt irrte. Erneut musste Töpfer ran. Unter seiner Moderation wurde der Zusammenbruch des von den Christdemokraten beherrschten DSD verhindert. Die Entsorger wurden mit in das Boot –sprich in den Aufsichtsrat- geholt, was den Kartellwächtern wiederum ein Dorn im Auge war. Zumindest gelang es aber zunächst den Entsorgungsprofis ein funktionierendes haushaltsnahes Sammelsystem aufzubauen. Natürlich nicht ohne an die eigenen Bilanzen zu denken.

Doch die aufsichtführenden Entsorger dachten, so reklamierte das Bundeskartellamt, dann wohl doch ein wenig zu viel an den eigenen Profit und katapultierten den exklusiven Verein von Müllproduzenten, Vertreibern und Sammlern wieder auseinander. Die Entsorger um Norbert Rethmann mussten aussteigen und dem einstiegen Monopolisten DSD sollte Wettbewerb an die Seite gestellt werden. Ein Scheinwettbewerb, wie Kritiker meinen.

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12.02.2007:

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