EU-Kommission rüffelt deutsches Stabilitätsprogramm

In Deutschland findet eine strukturelle Haushaltsanpassung statt. Zu diesem Schluss kam die EU-Kommission nach Prüfung des aktualisierten deutschen Stabilitätsprogramms. Dennoch muss Deutschland – ebenso wie Frankreich und Italien – noch größere Anstrengungen unternehmen, wenn es seine mittelfristigen Haushaltsziele erreichen will, meldet das Magazin EUROPATICKER . Deutschland sollte nach der Korrektur des übermäßigen Defizits eine deutlichere Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel durchführen, auch um den Stabilitäts- und Wachstumspakt einzuhalten. Dieser verlangt in Zeiten günstiger Konjunktur eine jährliche Verbesserung des strukturellen Haushaltssaldos um mehr als 0,5% des BIP.

EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquín Almunia lobte die überprüften Länder, warnte aber zugleich vor Risiken: „Alle betrachteten Länder haben sich ein solides mittelfristiges Haushaltsziel gesteckt, das mit dem überarbeiteten Stabilitäts- und Wachstumspakt in Einklang steht. Alle dürften in den kommenden Jahren Fortschritte erzielen. Die Prüfung hat aber auch gezeigt, dass in Deutschland, Frankreich, Italien und Slowenien Risiken für die Erreichung der Haushaltsziele bestehen. Bei diesen Ländern liegt die eigentliche Herausforderung darin, die robusten Wachstumsaussichten zu nutzen, um sicherzustellen, dass die Anpassung dem Stabilitäts- und Wachstumspakt entspricht, der für die jährliche strukturelle Verbesserung einen Richtwert von 0,5 BIP-Prozentpunkten vorschreibt. Die Länder sollten nicht den Fehler begehen, sich bei der Verbesserung der Haushaltsergebnisse vorwiegend auf konjunkturbedingte Mehreinnahmen zu verlassen, wie wir dies früher gesehen haben.“

Deutschland hat am 30. November eine Aktualisierung seines Stabilitätsprogramms für den Zeitraum 2006-2010 vorgelegt. Das übermäßige Defizit aus dem Jahr 2006 soll deutlich unter drei Prozent des BIP gesenkt werden. Das ist ein Jahr früher als vom Rat gefordert. Als mittelfristiges Ziel strebt Deutschland den strukturellen Haushaltsausgleich an, das heißt einen ausgeglichener konjunkturbereinigten Haushalt ohne Anrechnung einmaliger oder sonstiger befristeter Maßnahmen. Die Kommission warnt dennoch vor Risiken für die Haushaltsziele für den Zeitraum nach 2007 – vor allem von Seiten der Sozialausgaben und der für 2008 geplanten Reform der Unternehmensbesteuerung. Die Schuldenquote von annähernd 68 Prozent des BIP im Jahre 2006 wird im Programmzeitraum möglicherweise nicht hinreichend rückläufig sein. Im Hinblick auf die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen besteht für Deutschland nach wie vor ein mittleres Risiko.

Der Rat sollte Deutschland daher auffordern, die strukturelle Anpassung in Richtung auf das mittelfristige Ziel zu verstärken und im Jahr 2008 die „günstige Konjunktur“ zu nutzen. Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass die angekündigte Reform der Unternehmensbesteuerung die Haushaltskonsolidierung nicht gefährdet. Darüber hinaus soll die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen verbessert werden, indem Reformen, insbesondere im Gesundheitsbereich, durchgeführt werden. Auch der Haushaltrahmen bedarf einer Verbesserung, um die Haushaltsdisziplin auf allen Ebenen zu stärken. Dafür müssten die Pläne für die zweite Stufe der Föderalismusreform umgesetzt werden.

Bund der Steuerzahler für Revision der Finanzplanung

Nach der Bundesbank fordert nun auch die EU-Kommission, dass die deutschen Staatsfinanzen über die Ausgabenseite konsolidiert werden. Der Bundesfinanzminister sollte das zum Anlass nehmen, sich jetzt nicht mit der EU-Kommission, sondern mit den Ausgabenpolitikern in den eigenen Reihen anzulegen. „Ich fordere Minister Steinbrück auf, seine mittelfristige Finanzplanung schnellstmöglich und ehrgeizig zu aktualisieren“, sagte der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Dr. Karl Heinz Däke. Die Neuverschuldung kann nur dann nachhaltig sinken, wenn die Ausgaben begrenzt werden.

Die bislang vorgesehene Absenkung der Nettokreditaufnahme des Bundes um lediglich 0,5 Milliarden Euro pro Jahr ist mutlos und unambitioniert. „Von einer Großen Koalition erwarte ich einen größeren Sparwillen“, so Däke.

„Der Bundesfinanzminister muss jetzt ein klares Signal setzen, dass er ein Ende der Neuverschuldung mittelfristig anstrebt“, forderte Däke. Er kann mit gutem Beispiel vorangehen, indem er auf ein schnelles Absinken der Kohlesubventionen dringt. Ansonsten sollte er das Brüsseler Drängen auf Ausgabekürzungen als Rückenwind nehmen für die koalitionsinternen Debatten über die zukünftige Haushaltspolitik.


Die Bewertungen der Kommission für die einzelnen Länder

Schreiben Sie uns Ihre Meinung zu dem Beitrag:
Die Meinung unserer Leser ist uns sehr wichtig

23.01.2007:

Über EUROPATICKER

Benutzerbild von EUROPATICKER

Vorname
Hans

Nachname
Stephani

Adresse

Blumenstr.11, 39291 Möser

Homepage
http://www.europaticker.de

Branche
Der EUROPATICKER Umweltruf erscheint im 8. Jahrgang. Das Ersterscheinungsdatum war der 20. März 2000., Für die Titel: EUROPATICKER, KORRUPTIONSREPORT und UMWELTRUF nehmen wir Titelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG. in Anspruch., Wir unterliegen dem Presserecht des Landes Sachsen-Anhalt. Verantwortlich im Sinne des Presserechtes ist: Diplom-Betriebswirt Hans Stephani.