BGH: Kein öffentliches Interesse im Wuppertaler Spendenskandal

Der Bundesgerichtshof stellt Strafverfahren gegen einen früheren Kommunalpolitiker wegen der Annahme von zwei so genannten "Einflussspenden" eines Bauunternehmers ein, das berichtet das Magazin EUROPATICKER Umweltruf. Die Kosten des Verfahrens muss die Staatskasse tragen. Der Senat hat es für angemessen angesehen, der Staatskasse auch zwei Drittel der dem Angeklagten durch das Strafverfahren entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen, so der der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs in einem jetzt veröffentlichten Beschluss.

Das Landgericht Wuppertal hatte den Angeklagten von dem Vorwurf freigesprochen, seine der Christlich Demokratischen Union (CDU) gegenüber bestehende Treuepflicht dadurch verletzt zu haben, dass er als Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Wuppertal im Jahr 1999 zwei Spenden des Bauunternehmers Clees durch die Partei entgegennehmen ließ, obwohl diese sie als sog. Einflussspenden nicht hätte annehmen dürfen oder zumindest umgehend an den Präsidenten des Deutschen Bundestages hätte weiterleiten müssen, und dadurch die Partei der Gefahr von Sanktionen nach dem Parteiengesetz (PartG) aussetzte.

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Verfahren gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt. Diese Verfahrensweise, der sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte zugestimmt haben, erschien angemessen, weil angesichts der mehr als sieben Jahre zurückliegenden Tat, der zu erwartenden weiteren erheblichen Verfahrensdauer sowie der für den Angeklagten damit verbundenen Folgen dessen Schuld im jetzigen Zeitpunkt als gering im Sinne dieser Vorschrift anzusehen war und ein öffentliches Interesse an der weiteren Verfolgung nicht mehr besteht.

Dabei war zu berücksichtigen, dass die vom Generalbundesanwalt vertretene Revision der Staatsanwaltschaft einen vorläufigen Erfolg gehabt hätte. Das Landgericht durfte nach Auffassung des Senats nicht wie geschehen offenlassen, welcher der einander widersprechenden Darstellungen des Geschehens durch den Angeklagten einerseits und den Zeugen Clees andererseits zu folgen gewesen wäre. Auf der Grundlage der Aussage des Zeugen Clees zum Ablauf der Spendeneinwerbung durch den Angeklagten und zu dem vor der Zahlung zwischen ihm und dem Angeklagten geführten Gespräch hätte es nahe gelegen, in den Zahlungen des Bauunternehmers an die Wuppertaler CDU in Höhe von 100.000 DM bzw. 25.000 DM Spenden zu sehen, die erkennbar in Erwartung eines bestimmten wirtschaftlichen Vorteils gewährt worden sind und deshalb Einflussspenden im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG aF waren. Für die vom Landgericht vorgenommene Einengung des Merkmals der Erkennbarkeit auf Fälle, in denen sich die Überschreitung der vom Parteiengesetz gesetzten Grenzen geradezu aufdrängt, also nicht nur erkennbar, sondern gleichsam unübersehbar ist, spricht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs nichts.

Damit war es - entgegen der Ansicht der Verteidigung - nicht von vornherein ausgeschlossen, dass sich der Angeklagte wegen Untreue (sowie wegen Betruges, vgl. insoweit BGHSt 49, 275, 299 f.) strafbar gemacht hat. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber erst im Jahr 2002 einen Verstoß gegen das Parteiengesetz mit gesonderter Strafbarkeit belegt hat, führt nicht dazu, dass für die Zeit davor solche Verstöße auch nach anderen, allgemeinen Strafvorschriften nicht erfasst werden können, wenn deren tatbestandliche Voraussetzungen erfüllt sind.

Der endgültige Ausgang des Verfahrens muss hingegen als offen beurteilt werden. Eine Verurteilung des Angeklagten würde nicht nur voraussetzen, dass sich ein neuer Tatrichter von der Richtigkeit der Aussage des Bauunternehmers überzeugt und diese seinem Urteil zugrunde legt. Es wäre auch die Feststellung erforderlich, dass der Angeklagte dadurch, dass bei Bekanntwerden der Spendenhintergründe eine Sanktion des Bundestagspräsidenten zum Nachteil des Bundesverbands der CDU zu erwarten war, das ihm anvertraute Vermögen des Kreisverbandes Wuppertal gefährdet hat, und dass er diese Gefährdung bei seinem Bemühen, für den Wahlkampf seiner Partei Gelder einzuwerben, in Kauf genommen hat.

Die Kosten des Verfahrens muss bei der Einstellung die Staatskasse tragen. Der Senat hat es in Ansehung aller Umstände für angemessen gesehen, der Staatskasse auch zwei Drittel der dem Angeklagten durch das Strafverfahren entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen.
Quelle: Beschluss vom 21. Dezember 2006 - 3 StR 240/06

29.12.2006:

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