Hessen will Haltung und Handel von gefährlichen exotischen Wildtieren einschränken
Pressetext verfasst von EUROPATICKER am Mi, 2006-12-20 08:15.Der Handel mit und die Haltung von gefährlichen exotischen Wildtieren wie Reptilien, Amphibien, giftigen Spinnen und Skorpionen sowie Raubkatzen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die Hessische Landesregierung will die damit für den Menschen und die Tiere verbundenen Gefahren durch eine Änderung des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) sowie dem Initiativwerden auf Bundesebene minimieren, berichtet das Branchenmagazin EUROPATICKER Umweltruf (http://www.europaticker.de) unter Berufung auf den Umweltstaatssekretär Karl-Winfried Seif und der Innenstaatssekretärin Oda Scheibelhuber.
Aus der Haltung von gefährlichen Tieren ergeben sich auf Grund ihrer eigentümlichen Veranlagungen oder Verhaltensweisen erhebliche Risiken für das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Menschen. Diese Risiken potenzieren sich, wenn die Tiere auf Grund fehlender Sachkenntnis der Eigentümer nicht artgerecht gehalten werden. Letzteres ist nach Erkenntnissen der Landestierschutzbeauftragten Dr. Madeleine Martin weitaus häufiger der Fall als bislang angenommen und resultiert oftmals aus dem Umstand, dass die Tiere von den Haltern – einem Modetrend folgend – erworben werden und dann nicht selten unter schlimmsten Bedingungen vegetieren.
„Die beabsichtigte landesgesetzliche Regelung dient der Abwehr der aus der Haltung gefährlicher Tiere resultierenden Gefahren“, so Innenstaatssekretärin Scheibelhuber. Der Landesgesetzgeber könne jedoch nicht den Import von Tieren verbieten, hierfür sei die Bundesregierung zuständig. „Daher wird das Hessische Innenministerium eine Bundesratsinitiative zur Schaffung eines entsprechenden Gesetzentwurfes einbringen“, so Scheibelhuber weiter.
„Darüber hinaus prüft die Landesregierung zurzeit unter Berücksichtigung des Grundgedankens des Artikels 20a des Grundgesetzes als zusätzliche flankierende Maßnahme eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Tierschutzgesetzes. Gemäß § 13 Tierschutzgesetz kann die Haltung bestimmter Tiere von Vorgaben abhängig gemacht werden. Ziel der Bundesratsinitiative wäre es, den Nachweis einer Sachkunde für private Reptilienhalter vorzuschreiben. Die Abnahme der Sachkundeprüfung könnte dabei wie in anderen Verfahren auch an Verbände, wie die Deutsche Herpetologische Gesellschaft oder den Verband Zoologische Fachgeschäfte delegiert werden. Zusätzlich müsste der Handel verpflichtet werden, sich vor dem Verkauf Sachkundebescheinigungen vorlegen zu lassen“, führte der für den Tierschutz in Hessen zuständige Staatssekretär Seif aus.
„Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Das Bundesamt für Naturschutz hat in den Jahren 1999 bis 2004 alleine bei der Einfuhr von Reptilien einen Anstieg von 44.506 auf 63.300 Tieren registriert; dies entspricht einer Steigerung von über 42 Prozent. Daneben gibt es eine nicht zu unterschätzende Dunkelziffer auf Grund illegaler Importe solcher Tiere“, erläuterten Scheibelhuber und Seif.
Als Gründe hierfür nannten sie die Erweiterung der Europäischen Union nach Osten und die damit verbundene Verschiebung der EU-Außengrenze. Beides habe dazu geführt, dass der illegale Tierhandel enorme Zuwachsraten verzeichnet. Ferner werden die Tiere im Gegensatz zu früher nicht nur über Zoohandlungen und qualifizierte Züchterbetriebe verkauft sondern zwischenzeitlich über Kleinanzeigen in Tageszeitungen und anderen Publikationen offeriert, was nicht nur beim sachkundigen Fachpublikum zu einem erhöhten Interesse geführt hat. Schließlich hat das Internet maßgeblich zu einer Öffnung des Marktes beigetragen, wobei gerade hier nicht selten zumindest zweifelhafte Anbieter auftreten, bei denen die Gewinnmaximierung den gebotenen Arten- und Tierschutz nahezu vollständig in den Hintergrund tritt und eine qualifizierte Beratung der Kaufinteressenten nicht stattfindet. Letzteres gilt auch für die sich immer größerer Beliebtheit erfreuenden Ausstellungs- und Verkaufsbörsen, bei denen neben Liebhabern und seriösen Züchtern vor allem gewerbliche Händler jeglicher Art ihre Geschäfte abwickeln.
„Mit der Änderung im HSOG haben wir auf Landesebene ein wirksames Instrument, um die Haltung gefährlicher Tiere einzuschränken und an genaue Vorgaben zu binden. Es ist aber wichtig, dass dieser Schritt vor allem auch durch ein Importverbot auf Bundesebene unterstützt wird“, so Scheibelhuber und Seif abschließend.
Entwurf für eine neue Vorschrift § 10 a im HSOG: „Halten gefährlicher Tiere“
…(1) Die nicht gewerbsmäßige Haltung eines gefährlichen Tieres einer wildlebenden Art ist verboten. Die örtliche Ordnungsbehörde kann auf Antrag Ausnahmen von dem Verbot genehmigen, wenn die Halterin oder der Halter ein berechtigtes Interesse nachweist. Ein berechtigtes Interesse kann insbesondere für die Haltung zum Zwecke der Wissenschaft oder Forschung angenommen werden.
…(2) Eine Person, die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Verbots nach Abs. 1 Satz 1 ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art hält, bedarf für die Haltung keiner Ausnahmegenehmigung, wenn sie bis innerhalb von sechs Monate nach In-Kraft-Treten des Verbots der örtlichen Ordnungsbehörde unter Angabe ihrer Personalien die Haltung schriftlich anzeigt. Dies gilt entsprechend für Nachkömmlinge der in Satz 1 genannten Tiere, wenn sie zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Verbots bereits erzeugt waren.
…(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ein gefährliches Tier einer wildlebenden Art ohne Ausnahmegenehmigung hält. § 77 Abs. 2 und Abs. 3 gilt entsprechend.
b) Die geplante Regelung orientiert sich an bereits bestehenden Regelungen anderer Bundesländer. So existieren in Bayern, Berlin, Bremen, Niedersachsen, Saarland und Schleswig-Holstein bereits Vorschriften unterschiedlichen Regelungsumfangs, die in der Sache jedoch dahingehend übereinstimmen, dass das private Halten von gefährlichen Tieren einer wildlebenden Art (bußgeldbewehrt) einer behördlichen Genehmigung bedarf. Die übrigen Bundesländer haben von ihrer Regelungskompetenz in diesem Bereich noch keinen Gebrauch gemacht. Absatz 1 sieht daher ein grundsätzliches Verbot der Haltung solcher Tiere außerhalb des gewerblichen Bereiches vor. Vom Verbot erfasst werden soll allein die hobbymäßige Haltung dieser Tiere durch Privatpersonen. Insbesondere zoologische Gärten sind nicht betroffen. Sie sind durch die EU-Zoo-Richtlinie definiert und abgegrenzt.
c) Im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt das Verbot nach Absatz 2 nur für die Zukunft. Eine andere Sichtweise würde bedeuten, dass dann zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Verbots eine nicht genau bekannte Anzahl von Tieren, vermutlich aber mehrere Tausend, nicht mehr bei ihren Haltern bleiben könnten. Das aber hätte erhebliche praktische Probleme zur Folge, weil mögliche Aufnahmeinstitutionen wie zoologische Gärten oder hilfsweise Tierheime, Tierschutzvereine und vergleichbare Initiativen nicht über die notwendigen Kapazitäten verfügen, so dass letztlich die Tötung vieler Tiere die zwangsläufige Folge wäre. Zudem müsste mit einer großen Anzahl von Verwaltungsstreitverfahren gerechnet werden, die das Ziel hätten, die Unterbringung oder die Tötung zu verhindern. Die Öffentlichkeitswirksamkeit dabei dürfte groß sein. Nicht zuletzt auch deshalb ist eine pragmatische Regelung, die – dem bayerischen Beispiel folgend – einen Bestandsschutz enthält, vorzugswürdig.
d) Der Begriff „gefährliche Tiere wildlebender Art“ wird bereits in § 121 OWiG verwendet. Gefährliche Tiere sind solche, die Menschen durch Körperkraft, Gifte oder Verhalten erheblich gefährden können und ihrer Art nach allgemein, also unabhängig von individuellen Eigenschaften, gefährlich sind (z. B. Raubtiere, Giftschlangen). Wildlebend sind die nicht domestizierten und kultivierten in der freien Natur lebenden Tiere (vgl. Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 14. Auflage 2006, Rdnr. 5 zu § 121).
e) Entsprechend der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden erhält die örtliche Ordnungsbehörde die Zuständigkeit für Ausnahmegenehmigungen sowie gemäß Absatz 3 die Zuständigkeit für die Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten. Einzelheiten zur Durchführung der Regelung sollen durch Verwaltungsvorschrift geregelt werden. Diese soll insbesondere eine Liste der vom Verbot erfassten Tiere enthalten, Hinweise zum „berechtigten Interesse“ geben sowie die Einbeziehung der Oberen Naturschutzbehörden in das Ausnahmegenehmigungsverfahren vorsehen.
Über EUROPATICKER
Vorname
Hans
Nachname
Stephani
Adresse
Blumenstr.11, 39291 Möser
Homepage
http://www.europaticker.de
Branche
Der EUROPATICKER Umweltruf erscheint im 8. Jahrgang. Das Ersterscheinungsdatum war der 20. März 2000., Für die Titel: EUROPATICKER, KORRUPTIONSREPORT und UMWELTRUF nehmen wir Titelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG. in Anspruch., Wir unterliegen dem Presserecht des Landes Sachsen-Anhalt. Verantwortlich im Sinne des Presserechtes ist: Diplom-Betriebswirt Hans Stephani.