Aus Sicht der Philosophie: Schreckgespenst Überwachungsstaat

Mit dem Verweis auf die seit geraumer Zeit beständig dringlicher werdende Prävention vor Terroranschlägen oder Einzeltätern, mit denen allerorts immer wahrscheinlicher zu rechnen sein müsse, und mit der Begründung, bessere und schnellere Fahndungserfolge zu ermöglichen, werden vielgestaltige Überlegungen angestellt, bislang ohnehin bereits etablierte und fast zur Gewohnheit gewordene Überwachungsmaßnahmen in erheblichem Maße und Umfang auszuweiten.

Getreu dem Lenin´schen Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, wird - an das menscheneigene Bedürfnis nach größt- und bestmöglicher und auch künftiger Sicherheit appellierend - von der Notwendigkeit der Schließung bestehender sogenannter „Sicherheits-Lücken“ gesprochen und daran gearbeitet, Befürchtungen des immer umfassenderen und undurchsichtigeren Ausgeliefertseins an anonyme staatliche Kontrollorgane und –institutionen zur alltäglichen Gewissheit werden zu lassen. Interessanterweise lässt sich im alltäglichen Arbeitsleben eine Parallele finden, von der her die entstehende Problematik offensichtlich wird.

So wie sich unter dem Titel des „Verfassungsschutzes“ staatliche Organe nach und nach, und daher vom Großteil der Bürger unbemerkt bzw. rasch wieder vergessen, immer mehr Eingriffs- und Übergriffsmaßnahmen auf die persönlichen Freiheitsrechte (die Rechte, die jedem Menschen als Person zukommen) seiner Bürger verschaffen und zugestehen, so nimmt auch im Verhältnis von Arbeitgebern und –nehmern eine Haltung grundsätzlichen Misstrauens letzteren gegenüber vielerorts und vielgestaltig zu. Erstmalig weitreichend diskutiert wurde diese Tatsache im Zuge unternehmensinterner Internetnutzung und den damit verbundenen arbeits- und datenschutzrechtlichen Vorgaben. Dabei sollte allerdings der Einzelne, der von sich behaupten kann, sich nichts vorwerfen zu müssen, im Grunde nichts dagegen haben, dass seine Daten aus seinem Arbeitsleistungsumfeld erfasst werden und womöglich überprüft wird, womit genau der Einzelne seine Arbeitszeit verbringt - jedenfalls solange nicht in privaten Bereichsfeldern gewildert wird.

Maßnahmen seitens der Arbeitgeber, die sich beispielsweise auf unkontrolliertes Internetverhalten oder auffälligen Materialschwund richten, sind nicht nur nachvollziehbar, sondern klar in beiderseitigem Interesse – vorausgesetzt, dem einzelnen Arbeitnehmer ist am Erhalt und an der Beibehaltung seines Arbeitsplatzes gelegen. Allerdings gilt dies nur mit der einschränkenden Bedingung oder Vorgabe, dass jeder Betroffene (oder prinzipiell betroffen sein Könnende) informiert wird über etwaige Maßnahmen, was Voraussetzung dafür ist, dass jeder Einzelne entscheiden kann und muss, ob er sein diesbezügliches Einverständnis erklärt oder eben nicht. Hier regelt ohnehin der Gesetzgeber eine Reihe von Vorgaben, wenn auch nicht unbedingt in erschöpfendem Maß.

Gleiches gilt aber auch für staatliche Einblicknahmen: der Bürger möchte nicht nur, er muss vorab informiert werden, und zwar nicht nur über das „DASS“ von Kontrolleinrichtungen und Datenerfassungsinstanzen, sondern ebenfalls über das „WOZU“ und damit dasjenige, was mit solchermaßen gewonnenen Daten geschieht und geschehen soll. Unumstößlich muss das Einverständnis der Staatsbürger diesbezüglich eingeholt werden, denn andernfalls kann nicht im Namen des Volkes, und damit demokratisch gehandelt werden. Hier würde man sich eine klarere Stellungnahme des Gesetzgebers wünschen.

Das bei Befürwortern weiterer Aushebelungen des Datenschutzes gerne vorgetragene Argument, dass ja derjenige, der nichts verberge, auch nichts zu befürchten habe, also „eigentlich“ gar nicht berührt werde, greift dabei insofern nicht, als dass es zunächst einmal im Grundsatz um die völlig zu Recht bestehende und zur Gewissheit gewordene Befürchtung geht, dass auf das Einverständnis wie auf die Aufklärung der Bürger schlicht verzichtet wird. Die Rede vom „begründeten Verdachtsfall“ kann genauso wenig überzeugen. Denn die Entscheidung, ob ein begründeter Fall von Verdacht vorliegt, ist „herrlich“ auslegungsfähig und öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Und ist es nicht so, dass jeder Verdächtige Gelegenheit eingeräumt bekommen muss, zu den (gegen ihn) erhobenen Vorwürfen Stellung zu nehmen?

Im Falle einer generalisierten Form der Überwachung ist dem Einzelnen die seine Zustimmung anbetreffende freie Entscheidung unter den gegebenen Verhältnissen nicht möglich, denn dazu müsste er zunächst informiert und danach um seine Zustimmung gefragt werden. Der Mensch, der aber gar nicht erst ob seiner Zustimmung gefragt wird, ist ein ausgelieferter, seiner Entscheidung(sfreiheit) beraubter, insofern entmündigter Mensch. Er ist der staatlichen Willkür oder der Willkür Anderer anheim gegeben und überlassen, er wird als individuelle Person übergangen, zum potentiellen Stör-Faktor degradiert und als besonderer Einzelner nivelliert. Solcherart seiner elementaren Persönlichkeits- und Freiheits-Rechte beinahe unbemerkt zwangsentledigt, nimmt es nicht Wunder, dass das Fehlen der Bereitschaft zur Verantwortungs- und Zuständigkeitsübernahme - das allerdings meist einem „Wertewandel“ oder einem Verlust an „Werten“ zugeschrieben wird - immer weitere Kreise zieht, und dass „natürliche“ mit- und zwischenmenschliche gegenseitige Aufmerksamkeit (oder „Wachsamkeit“), verkürzt möglicherweise als „Zivilcourage“ zu fassen, viel zu selten in ihrer Bedeutung erkannt wird. Und eine solche taugt gewiss erheblich mehr als der Einsatz noch so vieler Kameras oder Überwachungstechniken.

Diese und weitere Überlegungen finden sich in der Septemberausgabe des von dem Bonner Beratungsunternehmen Apeiron herausgegebenen „Philosophiemonatsbriefes“. Auf der Homepage des Unternehmens lässt sich die digitale Publikation zu philosophischen Themen kostenfrei via Email abonnieren. Behandelt wird jeweils ein klassisches philosophisches Thema anhand aktueller Diskussionen aus Politik und Gesellschaft. Die aktuelle Ausgabe kann kostenfrei bestellt werden unter http://www.philosophieberatung.de - zusätzlich steht auch noch die Ausgabe August unter http://www.philosophieberatung.de/Monatsbrief_08-06.pdf zum Download bereit. Alle Vormonate finden sich darüber hinaus im Online-Archiv.

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